Immunsystem

Holunder (Sambucus nigra)

Nicht nur ein Immunstimulans

Peter Kaufhold

Der aus Holunderfrüchten (-beeren) gepresste Saft ist eines der besten pflanzlichen Mittel zur Stärkung der Immunabwehr bei gleichzeitiger antiviraler Wirkung und damit hochwirksam nicht nur bei grippalen Infekten, sondern auch gegen Virusgrippe (Influenza-Virus Typ A und B einschließlich H1N1 bzw. Schweinegrippe), wie zahlreiche klinische Studien belegen (siehe Wirkungen).


Durch Gabe von 4 x täglich 15 ml Saft konnte die Krankheitsdauer bei allen Patienten im Schnitt um die Hälfte verkürzt werden. Bei vorbeugender Einnahme bricht die Krankheit in den allermeisten Fällen erst gar nicht aus. Ebenso werden die Früchte mit großem Erfolg gegen Erkältungskrankheiten, wie trockenen Kehlkopfhusten, Heiserkeit und Rachenentzündung angewendet. Ein fast vergessenes Einsatzgebiet sind Nervenschmerzen infolge von Nervenreizungen und Nervenentzündungen. Hier ist der Saft das bisher unübertroffene Heilmittel der westlichen Pflanzenheilkunde, insbesondere bei Trigeminusneuralgie und Ischiasneuralgie bzw. Ischiassyndrom. Wenn es in der Natur eine Arznei gibt, die in der Lage ist, geschädigte Nerven zu beruhigen, zu heilen bzw. soweit möglich zu regenerieren, dann ist es Holunderbeersaft.

Ebenso regeln Holunderfrüchte Verdauung und Stoffwechsel, entgiften den ganzen Körper und tragen so nebenbei zu einer schönen und reinen Haut bei. Der gekochte Saft hilft bei Gastritis, Verstopfung und starken Gärungsprozessen im Darm, wirkt erwärmend und blutbildend. Der Genuss der getrockneten Beeren, der daraus gekochte Brei sowie die Wasserabkochung sind wirksame Arzneien gegen starken Durchfall.

Holunderblüten sind ein hervorragendes Entgiftungsmittel nach überstandener Winterzeit (eine Woche lang den Tee trinken). Sie reinigen das Blut und beseitigen üblen Körpergeruch, wirken schweiß- und harntreibend und sind eines der besten Mittel bei trockenem Husten, Erkältung, Fieber und Heiserkeit. Ebenso wie die Lindenblüten aktivieren sie das Immunsystem und können daher auch prophylaktisch gegen Infektions- und Erkältungskrankheiten (z.B. Grippe) eingesetzt werden, wobei die Stimulierung der Abwehrkräfte nicht von einer Schwitzkur abhängt, sondern auch ohne eine solche gegeben ist.

Aufgrund der diuretischen und entzündungswidrigen Eigenschaften eignen sie sich (möglichst kombiniert mit Drogen wie Goldrute, Brennnesselwurzel, Zinnkraut, Mädesüßblüten etc. – je nach gewünschtem Wirkungsschwerpunkt) zur Behandlung von Erkrankungen der ableitenden Harnwege und der Nieren, besonders wenn diese mit katarrhalischen Infekten der Atemwege und Fieber zusammenfallen. Gemeinsam mit Lindenblüten sind Holunderblüten eines der wichtigsten Mittel der westlichen Pflanzenmedizin und sollten, da wo angezeigt bzw. möglich, auch eingesetzt werden.

Holunderblüten lindern rheumatische Schmerzen und helfen, da sie den Harnsäurespiegel senken, auch gegen Gicht. Bei Masern und Scharlach treiben sie den Ausschlag heraus und führen so eine schnellere, komplikationslose Heilung herbei. Innerlich wie äußerlich verwendet sind sie ein gutes Mittel bei Venenleiden; sie reinigen die Venen, straffen das Bindegewebe und sind ein gutes Therapeutikum bei Hautentzündungen, Abszessen, Furunkeln, Hautunreinheiten, Schwellungen, trockener Haut sowie eitrigen Wunden und Hautausschlägen.

Nach Bohn fördern die Blüten die Schweißsekretion, während Wurzel und innere Rinde abführend wirken (in größeren Gaben Durchfall und Brechreiz erzeugen) und die Beeren die Nierenfunktion anregen.

Die hervorragende Wirkung der Holunderbeeren gegen Neuralgien, insbesondere Trigeminusneuralgie, entdeckte erstmals und zufällig der Prager Arzt Epstein, als er Portwein zur Kräftigung eines Patienten verordnete, der dabei eine erstaunliche Besserung seines Leidens erfuhr. Wie sich indes herausstellte, handelte es sich nicht um Portwein, sondern um einen mit Holundersaft gefärbten Wein, worauf Epstein die Wirkung von reinem Holundersaft an 48 Patienten mit langwierigen Trigeminusneuralgien erprobte und mit der Verordnung von nur 20 ml des Saftes täglich über fünf Tage großen Erfolg hatte. Im Rahmen weiterer Versuche zeigte sich, dass ein Zusatz von 20 % Alkohol die Wirkung noch verbesserte bzw. die Heilungszeit verkürzte. Vetlesen konnte diese Angaben bestätigen und fand im Zuge weiterer Untersuchungen (bei einer Dosierung von 2 x täglich 30 g Beerensaft in 10 g Portwein) eine ebenso gute Wirkung gegen Ischiasneuralgien, wobei akute Fälle in 1–11 Tagen, subakute in 8–17 Tagen geheilt wurden und bei rezidivierenden Patienten spätestens nach - ...

Literatur
Die Quellen zu den im Text zitierten Personen befinden sich in den nachfolgend aufgelisteten zwei Versionen des PhytoMagisters:
Kaufhold, Peter: PhytoMagister – Zu den Wurzeln der Kräuterheilkunst – Modernes und traditionelles Wissen der Pflanzenheilkunde für Praxis und Unterricht. (ISBN 978-3-8423-7882-7); Band 2, Norderstedt 2011, www.eschholtz.de
Kaufhold, Peter: PhytoMagister 7.3 Software-Repertorium, Holunder-Monographie - www.phytomagister.de

Anschrift des Verfassers
Peter Kaufhold
Mühlenstraße 65
45731 Waltrop

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Naturheilpraxis 7/2014