FACHFORUM

Anti-Aging für die Bandscheiben

Margret Rupprecht

Jeder Berufsstand hat angeblich sein Kreuz. Das Kreuz der Orthopäden soll die Bandscheibe (Discus intervertebralis) sein. Im Laufe der Jahre nagen enorme Kräfte an ihr und hinterlassen ihre Spuren, die u.a. zu Rückenschmerzen führen können. Wie sich die alternde Bandscheibe naturheilkundlich unterstützen lässt, zeigt dieser Beitrag.


Dreiundzwanzig Bandscheiben verbinden die einzelnen Wirbelkörper miteinander und sorgen für eine geradezu bewundernswerte Beweglichkeit und Elastizität der menschlichen Wirbelsäule. Nur zwischen dem knöchernen Schädel und dem Atlas sowie zwischen Atlas und Axis gibt es keine Bandscheiben, die ansonsten immerhin etwa ein Viertel der Gesamtlänge der Wirbelsäule ausmachen. Auch wenn die einzelnen Bandscheiben nicht miteinander verbunden sind, liegt man nicht falsch, sie als eigenständiges „Organ“ anzusehen, das wie andere Organe nur unter bestimmten physiologischen Bedingungen seine volle Funktionsfähigkeit behalten kann.

Bandscheiben müssen vieles ertragen; ihr Aufbau ist so genial einfach wie mechanisch komplex. Das macht sie störanfällig; unphysiologische Bewegungen und Belastungen setzen ihnen ebenso zu wie der Alterungsprozess. Letzterer vor allem bei Patienten, die chronisch übersäuert und fehlernährt sind. Dauerhafte Säurebelastungen wirken auf Bandscheiben geradezu „zersetzend“. Die Pflege der alternden Bandscheibe beginnt daher auch und gerade mit der Pflege der Biochemie im Zwischenzellraum.

Aufbau und Ernährung der Bandscheibe

Wirbelkörper sind zwar auch durch kleine Gelenke und Bänder miteinander verbunden, hauptsächlich aber durch Bandscheiben. Ein Discus intervertebralis befestigt sich großflächig an der Bodenplatte des über ihm bzw. an der Deckenplatte des unter ihm liegenden Wirbelkörpers. Damit spiegeln Bandscheiben die Form der Wirbelkörperplatten wider. Nach unten, in Richtung Lendenwirbelsäule, nehmen Bandscheiben an Höhe zu; entsprechend der Wirbelsäulenkrümmungen sind sie zudem keilförmig gestaltet. Ihr äußerer Ring, der Anulus fibrosus, ist aus konzentrischen Schichten kollagener Bindegewebsfasern aufgebaut. Diese gehen nach innen in Faserknorpel über. Der Bandscheibenkern, Nucleus pulposus, ist ein zellarmes, wasserreiches Gallertgewebe, das wie ein Wasserkissen stoßdämpfend wirkt. Dieser Gallertkern ist der mechanisch wichtigste Bestandteil der Bandscheibe. Weil er kugelförmig ist, kann er den Druck gleichmäßig radiär verteilen und damit die Fasern des äußeren Rings in jeder Stellung der Wirbelsäule unter Spannung halten. Vor allem diesem Kern verdankt die Wirbelsäule ihre erstaunliche Elastizität; er ermöglicht Biegungen nach allen Richtungen.
Wie gestalten sich Ernährung und Drainage dieses nach außen scheinbar abgeschlossenen Systems?

Sobald der Mensch morgens aufsteht und für den Rest des Tages seiner Wirbelsäule das Gewicht des Oberkörpers ebenso zumutet wie unzählige Stöße durch Schrittbewegungen beim Laufen, drückt sich die Flüssigkeit im Bandscheibenkern nach außen. Diese Diffusion ist ein physiologischer Vorgang und hat nichts mit einem Bandscheibenvorfall zu tun. Sie ist auch der Grund, warum Menschen am Abend ein, zwei oder sogar drei Zentimeter kleiner sind als am Morgen. Legt man sich hin, sei es für ein Nickerchen am Mittag oder abends zur Nachtruhe, werden die Bandscheiben entlastet und saugen die nach außen abgedrückte Flüssigkeit wieder auf wie ein Schwamm. Auspressen am Tag und Aufsaugen in der Nacht sind für die Bandscheibe eine Art Atmung bzw. ihre Art der Ernährung und Verdauung:

Stoffwechselabfallprodukte werden tagsüber herausgepresst, Nährstoffe für Pflege und Erhalt von Gallertkern und Faserring in der Nacht wieder aufgenommen.

So funktioniert, kurz zusammengefasst, der Stoffwechsel der Bandscheiben, die nach dem 20. Lebensjahr, wenn das Wachstum abgeschlossen ist, keine Blutgefäße mehr besitzen und sich deshalb nur über Diffusionsprozesse ernähren und entschlacken können.

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Literatur
Augustin, Matthias; Schmiedel, Volker: Leitfaden Naturheilkunde. Elsevier Verlag, München 2007
Bierbach, Elvira; Herzog, Michael (Hrsg.): Handbuch Naturheilpraxis. Methoden und Therapiekonzepte. Elsevier Verlag, München 2005
Burgerstein, Lothar: Burgersteins Handbuch Nährstoffe. Haug Verlag in Medizinverlage, Stuttgart 2007
Clarke, John Henry: Der neue Clarke. Eine Enzyklopädie für den homöopathischen Praktiker. Dr. Grohmann Verlag für homöopathische Literatur, Bielefeld 2001
Drenckhahn, Detlev; Waschke, Jens (Hrsg.): Benninghoff Taschenbuch Anatomie. Urban & Fischer bei Elsevier, München 2007
Gillert, Otto; Rulffs, Walther: Hydrotherapie und Balneotherapie. Pflaum Verlag, München 1990
Krämer, Jürgen; Grifka, Joachim: Orthopädie und Unfallchirurgie. Springer Verlag, Berlin 2007
Pitzen, Peter; Rössler, Helmut; Rüther, Wolfgang: Orthopädie. Urban und Fischer Verlag, München 2003
Ritter, Monika: Die ideale Wirbelsäulen-Gymnastik. Orbis Verlag, München 1999
Volkmann, Peter-Hansen: Ökosystem Mensch – Gesundheit ist möglich. VBN-Verlag, Lübeck 2002


Anschrift der Verfasserin
Margret Rupprecht
Heilpraktikerin und Medizinjournalistin
Hohensalzaer Straße 6a
812929 München

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Naturheilpraxis 7/2014