TCM

Schlafstörungen

Schlaf als Spiegel unseres energetischen Zustands

Hamid Montakab

Schlaf ist ebenso lebensnotwendig wie Luft, Nahrung und Wasser. Immer mehr Menschen leiden unter Schlafstörungen, insbesondere unter Insomnie. Mittlerweile sind nahezu 40% der Bevölkerung davon betroffen und erschreckenderweise auch ein großer Teil der Kinder. Doch wie lässt sich diese Problematik aus Sicht der Traditionellen Chinesischen Medizin beleuchten und vor allem erfolgreich behandeln?


Im Laufe unserer durchschnittlichen Lebensdauer von 75 Jahren verbringen wir über 20 Jahre mit Schlafen, davon ein Drittel mit Träumen. Alle Säugetiere brauchen Schlaf, wie auch viele Vögel, Reptilien, Amphibien und Fische. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass regelmäßiger Schlaf überlebenswichtig ist, auch wenn Schlaffunktion und -mechanismus bisher nur teilweise ergründet sind. Obwohl die moderne Medizin bei der Erforschung, der Analyse und dem Verständnis der Schlafphysiologie bisher große Fortschritte erzielen konnte, wissen wir immer noch nicht genau, weshalb wir schlafen und warum Schlaf so wichtig für unsere körperliche und geistige Gesundheit ist. Im Allgemeinen und unter Normalbedingungen sind Schlafdauer und -tiefe der täglichen physischen Aktivität angepasst (Abb. 1).

Wenn wir Schlaf als Ruhezustand von Körper und Geist definieren, bedeutet das übersetzt in die Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) eine körperliche (somatische) Reglosigkeit der Muskeln und mentale Ruhe.

Laut mehreren Studien über Schlafentzug sind folgende zwei Schlafphasen die wichtigsten für körperliche und geistige Regeneration: Die Tiefschlafphase, die als Schlafstadium N3 oder auch Non-REM-Schlaf bezeichnet wird, ermöglicht die körperliche Regeneration. Die REM-Schlafphase, auch paradoxer Schlaf genannt, beinhaltet die Traumphase und ist anscheinend wesentlich für die Regeneration des Gehirns.

Die Schlafanalyse zeigt, dass nicht die Dauer, sondern die Qualität des Schlafs seine Wirksamkeit bestimmt (Abb. 2). Studien belegen, dass zwar mit steigender Anzahl der an Schlafstörungen leidenden Menschen auch Herzinfarkte, Bluthochdruck, Fettleibigkeit und vielerlei geistige und seelische Störungen vermehrt auftreten und dass Kurzschläfer (weniger als 5,5 Stunden) kürzer leben, allerdings haben Langschläfer (mehr als 9 Stunden) bemerkenswerterweise ebenfalls eine geringere Lebenserwartung. Die ideale Schlafdauer beträgt demnach ungefähr 7 Stunden, vorausgesetzt der Schlaf ist von guter Qualität.

Schlafstörungen durch Yin-Mangel

In der TCM wird der Schlaf als Yin-Phase, die Tagesaktivität hingegen als Yang-Phase bezeichnet. Alle Störungen des Yin, insbesondere solche, die mit dem chinesischen Konzept des Blutes1 zusammenhängen, wirken sich stark auf die Psyche und somit auf den Schlaf aus.

Die alarmierende Zunahme an Schlafstörungen ist sicherlich teilweise auf unseren heutigen Lebensstil zurückzuführen, z.B. auf generell höheren Stress auf Kosten des Yin, der zum „Burn-out“ führt, sowie auf den stetig zunehmenden Gebrauch von Beruhigungs- und Schlafmitteln, die das Yin erschöpfen. Die permanente Schwächung des vorgeburtlichen Yin aufgrund schlechter Ernährung, Impfungen und die Einnahme von Drogen und Medikamenten, all das schlägt sich auf die Qualität des Blutes nieder. Die Licht- und Lärmverschmutzung sowie übermäßig Yang-lastiges Essen (rotes Fleisch) zur Nachtzeit, Lebensmittel, die feuchte Hitze und heißen Schleim verursachen (Milchprodukte), Kaffeekonsum zu später Tageszeit (nachmittags) und Aufputschmittel (Zucker, Koffein, Tabak) führen zu einem Überschuss an Yang und bringen den Haushalt des Yin und besonders den des Blutes aus dem Gleichgewicht.

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Abbildungen siehe Naturheilpraxis 5/2014

Anmerkung/Literatur
1 Zu beachten ist, dass die TCM mit dem Konzept Xue/Blut nicht dasselbe meint wie die westliche medizinische Physiologie.
2 Montakab, Hamid David: Acupuncture and Insomnia/Sleep and Dreams in Chinese Medicine. Thieme 2011

Übersetzung: Heidi Täubler

Anschrift des Verfassers
Dr. med. Hamid David Montakab
Ch. des Mélèzes 18
CH-1965 Savièse
E-Mail: h.montakab@chiway.ch

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