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Wie gut ist sanfte Medizin?

Ein Kommentar

Wenn ein Comedian am Anfang und Ende einer Sendung mit dem Titel: „Wie gut ist sanfte Medizin? – ZDFzeit stellt alternative Heilmethoden auf dem Prüfstand – wie erfolgreich und wie sanft ist die ‚sanfte Medizin‘ wirklich?“ auftritt, dann ist Wachsamkeit geboten. Und in der Tat – der Mittelteil, der uns ja endlich Klarheit über die alternativen Naturheilverfahren bringen sollte, verkommt zu einem Seifentheater. Der medizinische Hofnarr der deutschen Medienlandschaft Dr. Eckart von Hirschhausen bringt zwar keine Fachkompetenz ein, dafür aber Sympathie – und nur das zählt. Diese Methode kennen wir gut aus der Werbung und Propaganda.
Dem Zuschauer wird erst einmal mit einer Comic-Animation im Stil der Sendung mit der Maus klargemacht, was Heilpraktiker sind. Wichtigste Erkenntnis: dass sie keine Ausbildung brauchen, nur die Bestätigung, dass sie keine Gefahr für die Volksgesundheit darstellen dürfen.

Dann der Test. Testanordnung: Eine Schauspielerin wird von einem Arzt geschult, eine chronische Polyarthritis zu simulieren. Danach besucht sie 10 Heilpraktiker in ihren Praxen.

Ihr Fazit: Die meisten haben sich sehr viel Zeit genommen, sie habe sich gut gefühlt, in welcher Weise auf sie eingegangen wurde. Was die getesteten Heilpraktiker eventuell zu ihrer Krankheit gesagt haben, bleibt im Unklaren, das wird nicht berichtet -– diätetische Empfehlungen sind alles, was sie mitbekommt, einige haben sie zum Rheumatologen und großen Blutbild weitergeschickt zur weiteren Abklärung.

Ein voller Erfolg für die Heilpraktiker!!! Was sollte der „Test“ mit der fingierten Erkrankung? Der jungen Dame fehlte ja nichts! Was sollte denn anderes rauskommen, was hätte auf einem Rezept stehen sollen? Warum hat man nicht einen echten Patienten geschickt? Was sollte denn bei diesem Betrug herauskommen? Keiner der 10 Heilpraktiker ist der Testanordnung auf den Leim gegangen, keiner hat diese Erkrankung diagnostiziert oder eine Therapie eingeleitet.

Merkwürdig, fragt sich weiter der geneigte Zuschauer. Wo bleibt die journalistische Ausgewogenheit? Wo bleibt z.B. der Besuch bei fünf Ärzten mit Naturheilkunde, die ja ebenfalls sanfte Medizin anbieten?

Eigentlich eine unsaubere journalistische Methode, basierend auf einer Lüge, trifft diese doch das sensible Behandler-Patientenverhältnis empfindlich ... Ein durchaus übliches Übungsverfahren mit Medizinstudenten wird übergestülpt als Qualitätstest für Heilpraktiker – nur wissen die Studenten, dass sie an einem Schauspieler anamnestische Fragestellungen üben.

Und noch etwas: Keiner der Heilpraktiker ist bei diesem Thema direkt zu Wort gekommen, auch keine Vertreter der Heilpraktikerschaft, und in den ganzen 45 Minuten gab es keinen einzigen Patienten – weder zu sehen noch zu hören. Logisch, um den geht es ja auch nicht bei dieser Form von Sendungen.

Christian Reichard
Heilpraktiker
E-Mail: reichard@pflaum.de

Online bei YouTube:
https://www.youtube.com/watch?v=ZtnPHh8GxPI oder
https://www.youtube.com/watch?v=H2YxJkkyWbM

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Naturheilpraxis 5/2014