Unser Kopf

Ginkgo biloba

Als pflanzliches Heilmittel bei Alterungsprozessen und Tinnitus

Claudia Ritter

Ein lebendes Fossil: In Frankfurt am Main soll der älteste Ginkgobaum Deutschlands stehen, der möglicherweise zu den allerersten Baumarten der Welt gehört. Inspiriert von der ungewöhnlichen Blattform – „das eins und doppelt ist“ –, schrieb 1815 der bekannteste deutsche Dichter, Naturwissenschaftler und gebürtige Frankfurter, Johann Wolfgang von Goethe, das unten zitierte Liebesgedicht. In der Folge wurde das Ginkgoblatt bei uns ein Symbol für Liebe, Freundschaft und Paarung.


Ginkgo biloba 

Dieses Baums Blatt, der von Osten
meinem Garten anvertraut,
gibt geheimen Sinn zu kosten,
wie’s den Wissenden erbaut.

Ist es ein lebendig Wesen,
das sich in sich selbst getrennt?
Sind es zwei, die sich erlesen,
dass man sie als eines kennt?

Solche Frage zu erwidern,
fand ich wohl den rechten Sinn:
Fühlst du nicht an meinen Liedern,
dass ich eins und doppelt bin?
Johann Wolfgang Goethe (1749–1832)

Der Name Ginkgo entstand vermutlich durch einen Übertragungsfehler. Die Japaner nannten den Baum gin-kyo. In deren Sprache wird gin mit Silber und -kyo mit Aprikose übersetzt und benennt die essbaren Kerne des Baumes. Durch einen Schreibfehler wurde das y mit einem g übertragen. Der Artname kann in lat. bi = zweifach und griech. lobus = Lappen zerlegt werden und bezeichnet die zweilappige Blattspreite. Die deutschen Namen variieren je nach Region von Fächerblattbaum, Tempelbaum, Entenfußbaum, Elefantenohrbaum bis zu Mädchenhaarbaum, wobei die botanische Bezeichnung Ginkgobaum die geläufigste ist.

Tatsächlich ist der zweihäusige, bis zu 40 m hohe Ginkgo (bot. Ginkgo biloba L., syn. Pterophyllus salisburiensis, Salisburia adiantifolia) eine ganz besondere Pflanze. Der robuste und widerstandsfähige Baum kann ein ehrwürdiges Alter von bis zu 3000 Jahren erreichen. Ginkgo wird nicht den Laubbäumen zugeordnet und ist der einzige überlebende Vertreter der etwa 300 Arten umfassenden Ginkgoaceen, die als Nacktsamer noch eher den Nadelbäumen nahestehen. Generell wächst Ginkgo auf fast allen Böden, bevorzugt jedoch sonnige Standorte und sandige, saure Lehmböden. Die einzigartig zweilappige Blattform mit den strahlig verlaufenden und gabelig verzweigten Blattnerven kennzeichnet den Baum. Ginkgobäume tragen im Frühjahr hellgrünes Laub, das im Sommer nachdunkelt. Das Herbstlaub ist leuchtend gelb und wird im Spätherbst abgeworfen. Im Alter von etwa 25 Jahren blühen die Bäume zum ersten Mal. Die gelben Pollen der männlichen Blütenstände werden wie bei den Koniferen vom Wind auf die eher unauffällig weiblichen Blüten übertragen. Nach der Befruchtung entwickeln sich gelbe, wachsartig überzogene und unangenehm nach Buttersäure riechende Früchte mit einem holzigen Kern, der in der asiatischen Küche vor allem zerkleinert und geröstet als Gewürz genutzt wird.

Dabei sind die Ginkgoaceen im eigentlichen Sinn heimische Pflanzen und besiedelten die ganze nördliche Hemisphäre, wie fast dreihundert Millionen Jahre alte Versteinerungen belegen. In Europa starben sie nach den Eiszeiten aus, während Ginkgo biloba vor allem in den Tempelanlagen Ostasiens überlebte und dort seit mindestens 2800 Jahren als heiliger und heilsamer Baum kultiviert wird. Dort gilt er als Wohnsitz zahlreicher Geister und als Symbol des Yin und Yang. Während die zarten, sanften Blätter das Yin darstellen, gilt die mächtige Wuchsform als Zeichen des aktiven Yang. Erst um 1730 brachten niederländische Seefahrer die Pflanze wieder in ihre alte Heimat, von wo aus sie sich im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts wieder in ganz Europa verbreitete.

Indessen sich die Asiaten schon seit Jahrtausenden für die Heilkräfte interessierten, fanden sie in der westlichen Welt erst allgemeines Interesse, als nach dem Atombombenabwurf auf dem Gelände um Hiroshima im Frühjahr 1946 ein erster ...

Anschrift der Verfasserin
Claudia Ritter
Heilpraktikerin
Im Obstgarten 12b
92637 Weiden
www.heilpraktikerin-ritter-claudia.de

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Naturheilpraxis 4/2014