Metalle

Von der Art der Metalle

Therapeutische Hinweise aus der Hildegard-von-Bingen-Medizin

Peter Germann

Als am Anfang der Geist Gottes über die Wasser getragen wurde, und als das Wasser die Welt überschwemmte, und als die Geister ohne die Flut der Überschwemmung blieben, brachte (Gott) sie aus seinem Hauch zum Fließen, und so durchgossen diese Wasser die Erde und festigten sie … Und als dort die feurige Kraft, die im Wasser fließt, die Erde durchdrang, da wandelte das Feuer dieses Wassers die Erde in Goldsubstanz um. … Wo aber die Reinheit der Wasserüberschwemmung die Erde durchdrang, dort goß die Reinheit der Überschwemmung die Erde zu Silbersubstanz um …“
Hildegard von Bingen, Physica – De Generatione metallorum


Spät wiederentdeckt

SHildegard von Bingen (1098–1179) beschrieb im Hochmittelalter ein eigenes Medizinsystem, welches einzigartig, in sich stimmig und mit allen anderen Therapierichtungen kompatibel ist. Neben den Ausleitungsverfahren und der Phytotherapie stellt sie auch die Edelsteine und Metalle vor. In dem Werk „Physica“, im Buch neun, berichtet sie über diese. Die nachfolgenden Anwendungen sind nicht nur historisch zu sehen, sondern haben sich in der Praxis bewährt, obwohl häufig das Gesamtverständnis dafür fehlt. Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als wir wissenschaftlich begreifen.

Goldmehlpulver (Farina aureata)

Ihre wohl berühmteste Metallrezeptur ist die Nuggetgoldkur, viele Rheumapatienten schwören darauf. Es hat nichts mit den Goldinjektionen zu tun, sondern es handelt sich um die Einnahme mittels eines „Goldgebäcks“. Sie schreibt: „ … Dann nehme er etwa eine halbe Handvoll Weizenfeinmehl (Semmelmehl) und knete es mit Wasser und füge diesem Teig von diesem Goldpulver eine Menge von 0,6 g (Obolus) bei (und knete es darunter). In der Früh nüchtern soll er (diesen Goldteig) essen. Sogleich am nächsten Tag soll er genauso aus Mehl und dem gleichen Gewicht Goldpulver einen Keks (backen) und ebenfalls morgens nüchtern essen. Das räumt für ein Jahr mit dem Rheuma in ihm auf …“ Eine aufregende Rezeptur! Heute benutzt man 1 g reines Nuggetgold, teilt dies in zwei Portionen und verfährt damit wie beschrieben. Es handelt sich hierbei nicht um toxische, wasserlösliche Goldsalze, sondern um das Reinmetall. Der Erfolg bei Rheuma im weitesten Sinne ist verblüffend. Ausleitende Aderlässe und phytotherapeutische Begleittherapien sind angeraten. Es gibt Patienten, die darauf schwören und tatsächlich bis zu einem Jahr beschwerdefrei sind. Bei regelmäßiger jährlicher Anwendung treten auch grippale Infekte weitaus weniger auf. Reines Nuggetgold bekommt man unter anderem im „Schleiferl Stüberl“ in Konstanz, das auch die Edelsteine zur Therapie nach Hildegard anbietet. Abgerechnet wird nach dem Tagespreis von Gold.

Zinkwein (Vinum Zinci)

Hildegard beschreibt in ihren Diagnoseverfahren unterschiedliche, konstitutionelle Augentypen, deren Stark- und Schwachstellen sowie psychische Tendenzen. Bei den mischfarbenen Iriden, den „gefleckten“ oder „Wetterwechselaugen“, kommt das Betupfen mit dem Zinkwein zum Einsatz: „Wer mischfarbene Augen hat und in ihnen schlechter sieht oder ein anderes Augenleiden hat, der nehme Galmei und lege es in reinen, weißen Wein. Wenn er abends schlafen geht, bestreiche er mit diesem Wein … nur äußerlich seine Wimpern (Augenlider) und hüte sich dabei, den Augapfel damit zu berühren, damit er von der Schärfe des Galmei keinen Schaden nimmt und dadurch noch schlechter sehen würde.“ Galmei ist auch ein Zinkerz. Dr. Wighard Strehlow nimmt zur Herstellung dieses Rezeptes Zinkoxid. Es wird in Wein gelegt und abends vor der Anwendung herausgenommen, danach mit einem Wattepad, das mit diesem Wein getränkt ist, der äußere Augenbereich betupft oder das Pad auf das geschlossene Auge aufgelegt. Man kann allerdings auch ein wenig vom Wein in einen Eierbecher geben, den Finger eintauchen und damit das geschlossene Auge betupfen. Dieser Konstitutionstypus wird als „Hildegards Augentyp Nr. 3“ bezeichnet. Heute sagt man auch „Fernsehaugen“. Der Patient kann schlecht auf eine flimmernde Fläche, wie einen See oder einen Gletscher, schauen – selbst metallene Reflexionen stören ihn. So sind auch Bildschirmarbeiten für ihn ermüdend und anstrengend.

RpcD.
Zincum oxydatum 0.5
Zincum metallicum 0.2
Vinum album ad 10.0 M.D.S. abends damit die Augenlider befeuchten
(Es gibt Apotheken, die den Zinkwein herstellen.)

Ist bei der Goldkur noch nachvollziehbar, dass das Nuggetpulver, welches übrigens auch auf dem Röntgenbild im Darm zu sehen

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Literatur:
Hildegard von Bingen: Heilkraft der Natur „Physica“. Pattloch Verlag 1991
Gottfried Herztka/ Wighard Strehlow: Große Hildegard-Apotheke. Bauer Verlag 1989
Gottfried Hertzka: Kleine Hildegard-Apotheke. Christiana Verlag 1994

Anschrift des Verfassers:
Peter Germann
Viriditas – das Gesundheitshaus / Phytaro – Heilpflanzenschule Dortmund
Im Karrenberg 56
44329 Dortmund

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Naturheilpraxis 2/2014