Klassische Homöopathie

Patient mit Verdacht auf Cluster-Kopfschmerz

Bernd Dankert

Am 23. August 2006 bittet eine langjährige Patienten um einen Notfalltermin für ihren Lebensgefährten. Zwei Stunden später erscheint der Patient zur homöopathischen Anamnese in meiner Praxis. Anlass seines Besuches seien seine inzwischen kaum noch zu ertragenden Kopfschmerzen. Heute Morgen verspüre er diese bislang noch in erträglichem Maß, aber aufgrund der Erfahrungen der letzten eineinhalb Wochen befürchte er bereits jetzt eine weitere Zunahme der Schmerzen.


IVor zehn Tagen – an seinem ersten Urlaubstag und wie aus heiterem Himmel – begannen im Verlauf des Vormittages die für ihn bis dahin nicht gekannten Kopfschmerzen. Zunächst schwach, dann langsam zunehmend mit dem Schmerzhöhepunkt zwischen 11.30 und 14.00 Uhr „zum Schreien schlimm“, dann langsam wieder abklingend.

Er habe nie zuvor in seinem Leben Kopfschmerzen gehabt und könne sich diese und vor allem in dieser Intensität nicht erklären. Auch in seiner Familie seien Kopfschmerzen nicht bekannt.

Seither habe er täglich, und zwar immer wieder zur gleichen Zeit an diesen Schmerzen gelitten, allmählich beginnend, etwa um 10.30 Uhr, und langsam abklingend gegen 14.00 bis 14.30 Uhr.

Eine Ausnahme sei der gestrige Tag gewesen, als die Schmerzen erst um 12.00 Uhr begonnen, dann aber auch bis um 19.00 Uhr angehalten hätten.

Vor drei Tagen habe man in der Klinik eine Migräne diagnostiziert und Infusionen verordnet.

Nochmals auf eine eventuelle Ursache befragt, gibt der Patient an, eine über mehrere Wochen sich hinziehende Bronchitis sei bis vor zwei Monaten mit Kortison und einem Antibiotikum behandelt worden. Im Anschluss daran habe er sich aber wieder völlig gesund gefühlt.

Auf meine Bitte, die Schmerzen bzw. den Schmerzverlauf möglichst detailliert zu beschreiben, berichtet der Patient folgendes:

Zunächst verspüre er einen Druckschmerz in der Stirn, im weiteren Verlauf einen zunehmenden Schmerz über und dann auch im linken Auge. Das Auge fühle sich dabei wie geschwollen an, sei gerötet, lichtempfindlich und tränend, so dass er es zuhalten müsse. Auf dem Schmerzhöhepunkt habe er das Gefühl als würde es nach vorne aus der Augenhöhle herausgedrückt, vergleichbar mit einem von innen nach außen gepressten Ballon.

Als Begleitsymptome nennt der Patientin ein heftiges Durstgefühl sowie Frösteln.
Ruhe, ein abgedunkelter Raum und ein kalter Lappen auf Auge und Stirn brächten etwas Erleichterung.

Die weitere Anamnese bringt nur wenige Zusatzinformationen:

Er sei eher warmblütig, habe einen erholsamen und tiefen Schlaf, vertrage kein Fett und habe wenig Durst. Er sei immer gesund gewesen, treibe viel Sport und achte auf eine gesunde Ernährung. Am liebsten bewege er sich in der Natur und in den Bergen, liebe Musik, tanze leidenschaftlich gern und fühle sich voller Energie. Als belastend empfinde er manchmal seine Büroarbeit und die damit verbundende sitzende Tätigkeit. Seine Familie sei gesund und die Großeltern hätten ein hohes Alter erreicht.

Gegen 10.30 Uhr äußert der Patient die ihm bekannte Schmerzzunahme, und ich gebe ihm noch in der Praxis einen Globulus Spigelia C30 (DHU) trocken auf die Zunge mit der zusätzlichen Anweisung, zuhause einen weiteren Globulus Spigelia C30 in einem Glas Wasser aufzulösen und je nach Schmerzverlauf nach vorherigem kräftigen Umrühren einen Teelöffel der Arznei einzunehmen. (s. Repertorisation)

Am folgenden Tag meldet sich der Patient nachmittags telefonisch und berichtet, dass seine Kopfschmerzen gestern wieder nachgelassen hätten, er heute schmerzfrei sei und keine weitere Einnahme nötig gewesen wäre. Seine Erleichterung bekräftigt er mit den Worten „ein herrliches Gefühl“.

Drei Wochen später berichtet er mir von anhaltender Beschwerdefreiheit. Bis zum heutigen Tag, d.h. sechs Jahre nach dem ersten Anfall ist der Patient frei von Kopfschmerzen geblieben.

...

Literatur:
Seideneder, A.: Mitteldetails der homöopathischen Arzneimittel, Ruppichteroth: Similimum 2000.
Deutsche Migräne- und Kopfschmerz-Gesellschaft: Information für Patientinnen und Patienten.
Die Repertorisation erfolgte mit dem Computersystem ComRep ML (Kent- und Complete-Repertorium), Dipl.-Ing. F. Simbürger, Eching.

Anschrift des Verfassers:
Bernd Dankert
Pfarrhofstraße 6
88662 Überlingen

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Naturheilpraxis 1/2014