Mensch und Heilpflanze

Mit Schärfe gegen erhöhten Blutzucker

Martina Schneider

Ein Extrakt aus der Ingwerwurzel könnte für Diabetiker Typ 2 interessant werden: Er unterstützt die Glukoseaufnahme in die Muskelzellen, wiesen Forscher jetzt nach.


Scharf und doch wohlschmeckend, belebend und heilsam: Seit mehr als 3000 Jahren ist in Indien und China bekannt, welch segensreiche Wirkungen Ingwer entfalten kann. Den jüngsten Forschungsergebnissen aus Australien zufolge ist eine neue Segnung hinzugekommen: Die Einnahme von Zingiber officinale kann einen erhöhten Blutzucker senken. Der Ingwerwurzel-Extrakt unterstützt die Glukoseaufnahme in die Muskelzellen, wiesen Wissenschaftler um Basil Roufogalis von der University of Sydney nach, „was als Therapienansatz für Patienten mit Diabetes Typ 2 interessant werden könnte“.

In Experimenten mit Zellkulturen hatte das Forscherteam herausgefunden, dass Ingwer einen erhöhten Blutzucker senken kann, indem gewonnene Extrakte die Aufnahme von Glukose in Muskelzellen unabhängig von einer Insulingabe unterstützen.1 „Verantwortlich für die erhöhte Glukose-Aufnahmefähigkeit sind sogenannte Gingerole, die größte Gruppe phenolischer Substanzen der Ingwerwurzel.“ Die Forscher haben für ihre Experimente Ingwerwurzeln aus Australien genutzt, die einen hohen Anteil an Gingerolen – vor allem 6- und 8-Gingerole – haben. Bei Typ-2-Diabetes ist die Glukose-Aufnahmefähigkeit der Skelettmuskulatur aufgrund einer gestörten Insulin-Signalübertragung reduziert.

Noch vor der Zeitenwende gelangte Zingiber officinale über arabische Händler nach Europa, wo es im Mittelalter neben Salz als Tischgewürz diente; denn Pfeffer konnte sich zu jener Zeit kaum jemand leisten. Das war, vom gesundheitlichen Standpunkt aus gesehen, nicht weiter tragisch, schließlich unterstützt Ingwer den Verdauungstrakt und stärkt das Immunsystem – selbst gegen den „Schwarzen Tod“. Zuletzt 1994 wurde aus Indien überliefert: Wer Ingwerwurzeln kaute, blieb von der Pestepidemie verschont.

Einst wuchs Ingwer wild in Südasien, längst wird er in Tropenregionen, Indien, Südchina, Japan, Afrika und Jamaika kultiviert. Reihen knollenförmiger Abschnitte machen ein Ingwerrhizom (Wurzelstock) aus: Stückweise werden Rhizome im Frühjahr in gedüngte Boden gelegt und zehn Monate später geerntet. Mit Sorgfalt werden sie gewaschen und geschält, anschließend müssen sie einen ganzen Tag lang wässern, um dann in der Sonne zu trocknen. Das ätherische Öl mit Zingiberen, das scharf schmeckende Gingerol und Shogaol machen das Gewürz unverwechselbar aromatisch: So ist es kein Wunder, dass es Ingwerbrot, Ingwerdessert, Ingwerbonbons, Ingwerbier, Ingwerplätzchen und Ingwermarmelade fast überall im Handel gibt. Zudem kommt kaum ein indisches Curry ohne Ingwer aus.

Das Aroma alleine ist es nicht, was den Ingwer so beliebt gemacht hat. Bereits im 1. Jahrhundert nach Christus verordnete der griechische Arzt Dioskurides jenen Patienten, die öfters an nervösen Magenbeschwerden litten, gemahlene Wurzelstückchen. In seiner Arzneimittellehre nimmt Ingwer einen festen Platz ein, das Lehrbuch blieb das folgende Jahrtausend maßgeblich. Zingiber officinale hilft nicht nur gegen einen überreizten Magen, Magengeschwüre, Blähungen und Reisekrankheit, es aktiviert den gesamten Verdauungstrakt, regt den Appetit an, ist Schweiß treibend und hilft gegen Erkältungskrankheiten, indem es das Immunsystem stärkt. In Indien und China wird Ingwer zudem als Erste Hilfe bei Vergiftungen eingesetzt.

Das Heilgewürz unterstützt ausleitende Verfahren und schenkt dem gesamten Organismus heilsame Ruhe: Wer sich ständig sorgt und deshalb nicht oder nur schlecht schlafen kann, dem wird Ingwertee oder –gewürzheilmittel empfohlen. Die regulierende Wirkung gibt nach einer Weile neue Energie.

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1Basil Roufogalis et al.: Gingerols of Zingiber officinale Enhance Glucose Uptake by Increasing Cell Surface GLUT4 in Cultured L6 Myotubes, Planta Medica Juli 2012, zu lesen über www.thieme-connect.de/ejournals/abstract/10.1055/s-0032-1315041

Literatur:
Ellen Heidböhmer: Gesund mit Ingwer: Natürlich heilend, Goldmann Verlag, München 2009
Jörg Zittlau: Ingwer: Natürlich gesund mit der asiatischen Heilwurzel, Lüchow Verlag, Stuttgart 2009

Anschrift der Verfasserin:
Martina Schneider
Naturheilpraxis & Seminarhaus Schlüsselblume
Heilpraktikerin & Wingwave-Coach
Am Sahrbach 3
53505 Kreuzberg / Ahr
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Naturheilpraxis 9/2013