Differentialdiagnose und homöopathische Behandlung
Dirk Bettenworth
Husten ist eines der häufigsten Symptome, mit dem Kinder zum Arzt gebracht werden. Auch in Praxen für „Klassische Homöopathie“ ist das nicht anders, vor allem wenn die Behandlung akuter Beschwerden einen gehörigen Teil der Praxisarbeit einnimmt. Hier kommt es darauf an, die Hustensymptome im Zusammenhang mit der zugrunde liegenden Erkrankung zu sehen, differentialdiagnostische Überlegungen anzustrengen und die Akutanamnese so zu lenken, dass individuelle Symptome erkennbar werden, die eine Simile-Findung möglich machen. Es werden begleitende Therapien vorgestellt, die mit und ohne homöopathische Behandlung möglich sind.
Summary
This article describes the treatment of cough with homeopathic remedies and other possibilities to treat with or without homeopathy.
Schlüsselwörter: akute Krankheiten, postinfektionärer Husten, Bronchitis, hyperreagibiles Bronchialsystem, Allergie, Pseudokrupp, Pneumonie.
Keywords: acute disease, post infection cough, Bronchitis, hyper-responsive bronchial system, Allergy, Pseudo Croup, whooping cough, pneumonia.
Im Dezember 2011 wurde mir die elfjährige C.K. vorgestellt. Sie sei seit ca. 9 Tagen krank, zunächst mit Magenschmerzen und folgendem Reizhusten. Deswegen war sie seitdem alle 2 Tage beim Kinderarzt. Auskultatorisch seien die Lungen laut Kinderarzt nicht auffällig. Sie bekam ein Antibiotikum verordnet, dann Capval® (Noscapin, Hauptalkaloid des Opiums) und später ACC (Acetylcystein). Die letzte Verordnung war Ibuprofen. Weil sich der Husten nicht veränderte, wünschte die Mutter eine homöopathische Behandlung.
Der Husten sei nachmittags am schlimmsten, so von 17-21 Uhr, nachts huste sie nicht und wenn sie huste, sei auch eine Spastik hörbar. Das Auffälligste an diesem Fall war jedoch, dass C. ca. 10 Minuten im Wartezimmer saß, bevor ich sie sah, ich jedoch deutlich wahrgenommen habe, dass ca. im Abstand von 1 Minute immer nur 1 Hustenstoß zu hören war. (Repertorisation 1 - siehe Naturheilpraxis 9/2013)
Vor allem geleitet durch diese Auffälligkeit verordnete ich Calcium carbonicum C30, 1 Globulus trocken. Der Husten verschwand innerhalb 12 Stunden, eine weitere Behandlung war nicht nötig. Vielleicht sollte nicht unerwähnt bleiben, dass C. auf Grund ihres Habitus und ihrer äußeren Konstitutionsmerkmale auch weitere Hinweise auf Calcium carbonicum zeigte.
Hier zeigt sich aber, dass eine Mittelwahl aufgrund pathognomonischer Symptome möglich ist, wenn diese so sonderlich sind, dass sie als Organon-§153-Symptome eingestuft werden können.
Arzneiwahl ohne sonderliche Symptomatik
Welche Rubriken zeigen sich nun im Alltag als hilfreich, wenn eine schnelle Mittelfindung durch z.B. eine klare Causa oder ein §153-Symptom nicht möglich ist.
Die Mittelwahl erfolgt durch die Repertorisation folgender Data:
Wichtige Kapitel in den Repertorien sind:
Interessanter wird die Suche in anderen Kapiteln mit dem Stichwort Husten:
Es hat sich in der Praxis bewährt, durch gezieltes Nachfragen und/oder Beobachten des Patienten Symptome zu sammeln, die genau für den aktuellen, akuten Fall auffällig sind. Wird die Arzneiwahl dann durch ein solches Symptom unterstützt, verbessert sich auch die Prognose für einen schnellen und befriedigenden Verlauf der akuten Krankheit. Ist ein solches Symptom in den Repertorien nicht auffindbar, muss die Repertorisation der „allgemeineren“ Symptome die Arzneiwahl eingrenzen und dann der Arzneimittelvergleich über die Materia medica erfolgen. Hier ist es nicht selten der Fall, dass eine Übereinstimmung mit der auffälligen Patientensymptomatik gefunden wird. Diese akribische Arbeit, welche dem Homöopathen bei der Ausarbeitung chronischer Fälle zur „Normalität“ geworden ist, sollte uns bei der Behandlung akuter Krankheiten nicht weniger wichtig sein.
Potenzen, Dosierungen, Gabenwieder-holung und Beurteilung des Fallverlaufs
Wichtig: Eine Erstverschlimmerung geht nie mit einer Verschlechterung des Allgemeinzustandes einher!
Häufige Arzneien bei der Behandlung von Husten:
Definierte Husten-Krankheiten
Literatur:
(1) Hahnemann, Samuel: Organon original, Organon der Heilkunst, 6. Auflage. Schäftlarn: Barthel&Barthel-Verlag, 1996.
(2) Jana Isfort, Nik Koneczny, Dr. med. Cornelia Schürer-Maly: Patientenleitlinie Mittelohrentzündung (= Otitis media) bei Kindern. Medizinisches Wissensnetzwerk evidence.de der Universität Witten/Herdecke. Aktualisierte Version Januar 2006, Universität Witten/Herdecke: http://patientenleitlinien.de/Mittelohrentzuendung/mittelohrentzuendung.html
(3) Braun, Robert N. / Mader, Frank H.: Programmierte Diagnostik in der Allgemeinmedizin, 5. Auflage. Heidelberg: Springer-medizin-Verlag, 2005.
ComRep Expert, Software für Homöopathie, Version 10.2.7.0 1372. Franz Simbürger, D-84174 Eching.
Geißler, Jan / Quak, Thomas: Leitfaden Homöopathie, 1. Auflage. München-Jena: Elsevier, Urban-Fischer, 2005.
Pfeiffer, Herbert / Bonath, Thomas: Homöopathie in der Kinder- und Jugendmedizin, 1. Auflage München-Jena: Elsevier, Urban-Fischer, 2004.
Anschrift des Verfassers:
Gregor Bendel
Heilpraktiker, Praxis für Klassische Homöopathie und Naturheilverfahren
Holzhauserstraße 27
55411 Bingen
www.praxisbendel.deweiter ... (für Abonnenten der Naturheilpraxis)
Naturheilpraxis 9/2013