Schmerzen / Entzündungen

Inflammation - die stille Epidemie unserer Zeit

Exkurs in die molekular- biologischen Grundlagen und möglichen Ursachen

Silvia Slazenger

?Vielleicht begegnen Ihnen in Ihrer Praxis häufig Symptome wie chronisch degenerative Darmerkrankungen, Diabetes, Adipositas, metabolisches Syndrom, atopisches Ekzem, Ostheoporose, Arthritis, Arteriosklerose, Herzinfarkt, Schlaganfall, Alzheimer Krebs und viele andere? Diese zumeist chronischen Erkrankungen haben in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen und stehen im Verdacht, eine gemeinsame Schnittstelle zu haben: Systemische entzündliche Prozesse. Die ganzheitliche Betrachtung der Symptomatik ist daher wichtiger denn je zuvor und ein Blick in das molekulare Geschehen sehr hilfreich, um die zugrundeliegenden Mechanismen zu verstehen und eine adäquate Behandlung zu gewährleisten.


Inflammation ist ein natürlicher, immunologischer Schutzmechanismus des Körpers, der unter bestimmten Umständen zum Problem werden kann.
Wir unterscheiden zwischen der akuten Inflammation (erkennbar an den typischen fünf Entzündungszeichen Rötung, Überwärmung, Schwellung, Schmerz, eingeschränkte Funktion), die häufig eine Antwort auf Pathogene darstellt und der sterilen Inflammation, die verschiedene Ursachen und Symptome haben kann und anfangs oft „still“ und unbemerkt verläuft. Hierzu zählt auch die sogenannte Immunoseneszenz, oft Inflammaging oder Entzündungsaltern genannt, welche durch das Nachlassen der adaptiven Immunabwehr und einen erhöhten g-Interferon-Spiegel gekennzeichnet ist. Aber auch die Verletzung weicher Gewebe durch Unfälle (Quetschung), Herzinfarkt oder eine Pankreatitis nach abnormer Zymogen-Aktivierung (vorzeitige Aktivierung von Verdauungsenzymen), können unbemerkte entzündliche Prozesse hervorrufen (1).
Die Ursachen für eine erhöhte Rate an chronischen Entzündungen liegen vermutlich einerseits in der heutzutage höheren Lebenserwartung, auf die unser Immunsystem evolutionsbiologisch nicht ausgelegt ist, und andererseits an der veränderten Lebens- und Ernährungsweise nach Beginn der Industrialisierung. Dies betrifft leider immer mehr junge Menschen.

Sterile Inflammation in Abwesenheit von Pathogenen kann in allen Geweben vorkommen und ist die Antwort auf ein breites Spektrum von Stimuli, welche Stress und Gewebsschädigungen hervorrufen.
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Eine Schlüsselrolle bei diesen entzündlichen Signalkaskaden spielt das sogenannte Inflammasom, einem in 2002 entdeckten Multi-Proteinkomplex.
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Der immunologische Schutzmechanismus durch die zellulären Mechanismen des angeborenen Immunsystems kann
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Modulierung der Immunfunktion durch Nahrungsmittel – the good, the bad, the ugly.
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Subklinische Entzündungen durch Nahrungsmittel-Intoleranz und Chemikalien-Hypersensibilität – Komplementäre Therapieansätze.
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Fazit

Die Forschung ist eine Momentaufnahme, die sich ändert: Entstehung und Unterhaltung einer Inflammation unterliegt komplexen molekularbiologischen Prozessen, zu denen die Forschung laufend neue Erkenntnisse liefert und demonstriert, dass das angeborene Immunsystem, welches der adaptiven Immunabwehr evolutionsbiologisch vorgeschaltet ist und mit diesem in einem engen Austausch steht, gar nicht so primitiv ist, wie bislang angenommen. Ganz im Gegenteil: Es steuert wesentliche inflammatorische Prozessketten.
Aufgrund der Natur und Vielzahl neu entdeckter immunologischer Signalwege greift deshalb oft nicht mehr die klassische Einordnung von Reaktionen in bestehende Systeme, wie beispielsweise der Einteilung von Allergien und Unverträglichkeiten Typ I-IV nach Coombs und Gell aus den 60er Jahren. Vielmehr bedarf es einer Überarbeitung der Klassifizierungen, die aktuelle, bewiesene Forschungsergebnisse mit einbezieht.
Stille Entzündungsprozesse im Körper sind von enormer Bedeutung für die Gesundheit. Studien belegen, dass sie maßgeblich als Basis an vielfältigen „Zivilisationskrankheiten“ beteiligt sind und oft unerkannt bleiben. Auch die Auslöser können vielfältig sein. Besonders Lebensmittel und Zusatzstoffe spielen so, wie sie heute verzehrt werden, eine wichtige Rolle. Deswegen kann der naturheilkundliche Therapeut an dieser Stelle nur dazu ermuntert werden, in der Entzündungsforschung stets „up to date“ zu bleiben und sich somit in die Lage zu versetzen, Hintergründe zu verstehen und bewährte Methoden auf ihr Wirkprinzip hin zu überprüfen und zu verbessern. Davon profitieren Patient und Therapeut.

*DAMP = danger associated molecular pattern, bei steriler Entzündung; PAMP = pathogen associated molecular pattern, bei Entzündung durch Pathogene.

(1) Zhang Q, Raoof M, Chen Y et al. “Circulating mitochondrial DAMPs cause inflammatory responses to injury”, Nature 2010; 464:104-107.
(2) Kubes P & Mehal, W “Sterile Inflammation in the Liver”, Reviews in basic and clinical Gastroenterology and Hepatology; Gastroenterology 2012; 143:1158-1172.
(3) Strowig et al.: Inflammasoms in Health and Disease, Nature 2012; Vol 481:278-286.
(4) Segal AW “How neutrophils kill microbes”, Annu Rev Immunol 2005; 23:197-223.
(5) Kaminogawa S & Nanno M “Modulation of Immune Functions by Foods”, Evidence-based Complementary and Alternative Medicine 2004, 1(3):241-250.

Anschrift der Verfasserin:
Dr. rer. nat. Silvia Slazenger
Molekularbiologin, Immunologin
Mittelstr. 31
14467 Potsdam

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Naturheilpraxis 8/2013