Schmerzen / Entzündungen

Esche (Fraxinus excelsior)

Von der Signatur zur therapeutischen Anwendung

Margret Rupprecht

Geduld ist eine gute Eigenschaft. Aber nicht, wenn es um die Beseitigung von Missständen geht, pflegte Margaret Thatcher einmal zu sagen. Natürlich meinte sie es nur politisch, doch gilt der Satz ebenso für den Mikrokosmos Individuum wie für den Makrokosmos Gesellschaft. Das Dulden besitzt in der europäischen Kultur eine lange Tradition. In Homers Odyssee, entstanden etwa im 8. Jahrhundert v. Chr., bezähmt der Held Odysseus seine Wut mit den Worten „Dulde nur still, mein Herz, schon Schwereres hast du ertragen“, ein Gedanke, der in der klassischen Literatur immer wieder auftaucht, z. B. in Ovids Tristien: „Perfer et obdura, multo graviora tulisti – Trag´s und ertrag´s, schon Schlimmeres hast du erduldet.“


Der Begriff des Duldens ist etymologisch eng verwandt mit dem Wort Geduld. Sprachgeschichtlich gehen beide Begriffe auf die indogermanische Wurzel – tla – zurück, wie sie sich auch in den lateinischen Verben tollere – aufheben tragen und tolerare – ertragen wieder finden. Letzteres ist der Ursprung unseres Begriffes Toleranz. Über sie pflegte Kurt Tucholsky einmal zu sagen, sie sei „der Verdacht, dass der Andere Recht hat.“ Womit wir beim Thema wären.

Die meisten Krankheitsbilder gehen auf eine tiefere Ebene – vereinfacht gesagt – auf einen Konflikt zwischen Ich und Du zurück. Inwieweit ist ein Mensch identisch mit sich, erlebt seine Gefühle bewusst und kann sie entsprechend zum Ausdruck bringen? Oder ist sein eigenes Gefühlsleben abgekapselt und tot, so dass er sich mit seiner Aufmerksamkeit stärker bei den Emotionen seines Gegenübers aufhält als bei sich selbst? Ein Mensch von zu großer Duldsamkeit und Toleranz, der dem Gegenüber ein größeres Recht zubilligt als sich selbst, wird krank. Oder, um wieder auf das Eingangszitat zurückzukommen: In der Beseitigung seiner persönlichen Missstände ist es heilsam, sich erst einmal selbst der Nächste zu sein. Das ist nicht leicht in einer Kultur, in der die Nächstenliebe ein höheres Ansehen besitzt als die Liebe zum eigenen Selbst. Das kann einen Altruismus erzeugen, der auf Kosten der eigenen Gesundheit gelebt wird. Ein klassisches Krankheitsbild, das aus solchen innerpsychischen Ambivalenzkonflikten entsteht, ist der Rheumatismus: Verlust der „Artikulation“ des Ich, Ausdruck einer Hemmung von nach außen gerichteten Impulsen um den Preis der Autoaggression. Alles, was nicht nach außen darf, kehrt sich um und wendet sich irgendwann gegen den Menschen selbst.

Ohne einem unreflektiertem Ausleben aggressiver Gefühle das Wort reden zu wollen, darf man wohl sagen, dass die beste Therapie für den Rheumatiker darin besteht, die kathartische Wirkung eines berechtigten, herzerfrischenden Zorns zu erleben. Heinrich Heine hat darüber ein zauberhaftes kleines Gedicht verfasst, überschrieben mit dem Titel „Stoßseufzer“

Unbequemer neuer Glauben!
Wenn sie uns den Herrgott rauben,
hat das Fluchen auch ein End –
Himmel-Herrgott-Sakrament!
Wir entbehren leicht das Beten
Doch das Fluchen ist vonnöten,
wenn man gegen Feinde rennt –
Himmel-Herrgott-Sakrament!
Nicht zum Lieben, nein zum Hassen,
sollt ihr uns den Herrgott lassen,
weil man sonst nicht fluchen könnt –
Himmel-Herrgott-Sakrament!

Ein echter Altruismus ist nur einem Menschen möglich, der seine eigenen Daseinsansprüche angemessen zum Ausdruck bringen und verteidigen kann. Nur er ist zu wirklicher Toleranz fähig. Nächstenliebe und Selbstliebe gehören so untrennbar zusammen wie Heines Herrgott und der Fluch. Sie sind die beiden Seiten ein und derselben Medaille. Man kann das eine nicht ohne das andere haben.
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Maximale Härte bei maximaler Elastizität
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Fraxinus in Mythologie und Geschichte
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Pharmakologie und Indikationen
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Literatur:
Ursel Bühring: Praxis-Lehrbuch der modernen Heilpflanzenkunde, Sonntag Verlag, Stuttgart 2005
Theodor Dingermann, Dieter Loew: Phytopharmakologie – Experimentelle und klinische Pharmakologie pflanzlicher Arzneimittel, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgar 2003
Heinrich Heine: Sämtliche Gedichte in zeitlicher Folge, Insel Verlag, Frankfurt 1993
Homer: Ilias und Odyssee, Artemis und Winkler Verlag, 1976
Ovid: Lieder der Trauer (Tristien), Insel Verlag, Frankfurt 1997
Kurt Tucholsky: Gesamtausgabe. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, 1998
Roger Kalbermatten: Wesen und Signatur der Heilpflanzen, Die Gestalt als Schlüssel zur Heilkraft der Pflanzen, AT Verlag, Aarau 2002
Kluge: Etymologisches Wörterbuch der Deutschen Sprache, Walter de Gruyter, Berlin und New York 2002
Rudolf Klußmann: Psychosomatische Medizin, Springer Verlag, Berlin und Heidelberg 1998
Gerhard Madaus: Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, Mediamed Verlag, Ravensburg 1989
Mannfried Pahlow: Das Grosse Buch der Heilpflanzen, Gräfe und Unzer, München 1993
Hildebert Wagner, Markus Wiesenauer: Phytotherapie – Phytopharmaka und pflanzliche Homöopathika, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2003

Anschrift der Verfasserin:
Margret Rupprecht
Heilpraktikerin und Medizinjournalistin
Hohensalzaer Str. 6a
81929 München

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Naturheilpraxis 8/2013