Heilmittel der Sonne

Die Sonne in Mensch und Natur

„Von der Sonne empfangen wir das natürliche Licht der Weisheit“ (Paracelsus)

Olaf Rippe

Ein milder Abend Ende Juni und kurz nach Sonnenuntergang – bald ist es soweit und wie jedes Jahr werden an unzähligen Orten die Sonnwendfeuer entzündet. In der Tradition unserer Vorfahren entzünden auch wir das heilige Feuer, Symbol für das fruchtbarkeitsspendende Licht der Sonne, die in ihrem Tanz durch das Jahr nunmehr ihren Höhepunkt erreicht hat. Als Nahrung für den Feuergeist werfen wir Bärlappsporen in die Glut, was der Geist mit einer riesigen Stichflamme dankt.


Mit Beifuß bekränzt und gegürtet, tanzen wir um das Feuer und springen jauchzend über die Flammen hinweg. Es ist ein Tanz im Rhythmus der Sonne, voller Lust und Lebensfreude und plötzlich taucht inmitten von uns ein Feuersalamander auf. Es ist der Geist des Feuers selbst, der sich auf diese Weise als lebendiges Wesen zeigt – in der Mythologie ist der Salamander als Elementarwesen dem Element Feuer zugeordnet. Langsam tappt er zwischen uns hindurch und verschwindet wieder in der Dunkelheit. Es war ein wunderbarer Moment, an dem die Zeit still zu stehen schien.

Feuerkulte zu den Eckpunkten des Jahreskalenders kennt man auf der ganzen Welt. Zur Sommersonnenwende soll das Feuer der Sonne Kraft geben, damit sie ihre Reise durch die Unterwelt auch unbeschadet übersteht, denn ab jetzt werden für uns alle die Tage wieder kürzer. Zur Tagundnachtgleiche im Herbst ziehen sich die Vegetationsgeister schließlich langsam wieder unter die Erde zurück, um sich die Kraft für den nächsten Zyklus des Werdens und Vergehens zu holen.

Auch wenn Rudimente des alten Wissens im Brauchtum erhalten geblieben sind, vergessen viele in unserer aufgeklärten und technisierten Zeit, wie sehr unser Leben vom Wirken der Sonne bestimmt wird. Keine Heizung und keine Energiesparlampe können darüber hinwegtäuschen, dass nur die Sonne uns die Wärme und das Licht schenkt, die wir zum Leben brauchen. Und diese Kraft will gefeiert werden – jedes Jahr aufs Neue!

Die Goldene Kette

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Sonnensignaturen in Mensch und Natur

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Das Lichtorgan Auge

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Das Herz als Sitz der Seele

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Die Sonne – das „Höhere Selbst“ in uns

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Lebenselixier Sonne

Den Geist der Sonne im Menschen nannte Paracelsus „Spiritus vitalis“. Im Blut sind diese besonderen solaren Eigenschaften gespeichert. Durch das Sonnenmetall Gold behält das Blut seine Lebendigkeit. »Das Gold befeuert den Lebensgeist, kräftigt Herz und Geblüt und verleiht Größe und Stärke« schrieb Paracelsus. Wen wundert es daher, dass ein gutes Lebenselixier auch Gold enthalten sollte. Ein Beispiel solcher Traditionsrezepte ist das „Danziger Goldwasser“, ein Kräuterlikör mit Blattgold. In den Schriften des Paracelsus finden wir weitere zahlreiche Rezepte zur Anregung der Lebensgeister mit Gold.

Der Dichter und Alchimist Alexander von Bernus studierte diese Rezepte sehr genau. In seinem Laboratorium Soluna entwickelte er sein Lebenselixier, das er „Aquavit“ nannte – heute ist es als Solunat Nr. 2 im Handel. Es enthält neben Gold eine ganze Reihe von Pflanzen, die man traditionell der Sonne unterstellt, wie Engelwurz, Johanniskraut, Meisterwurz, Muskatnuss oder Rosmarin. Weiterer Bestandteil ist die venusische Melisse, wegen ihrer balsamischen Wirkung auf das Nervensystem. Der „Melissengeist“ ist ein gutes Beispiel für eine ungebrochene Tradition über Jahrhunderte bis in unsere Tage. Die zahlreichen Handelspräparate sind ganz unterschiedlich zusammengesetzt, immer sind es jedoch sonnenhafte Gewürze und Melisse, doch nur das „Solunat Nr. 2“ enthält auch noch das Gold.

Die Hauptwirkung von „Aquavit“ richtet sich auf die Anregung der Vitalfunktionen von Verdauung und Abwehr, also bei Dyspepsie, Magen-Darm-Krämpfen, Völlegefühl, Blähungen, Infektanfälligkeit und zur Vorbeugung von Alterungserscheinungen. Die Bestandteile Gold, Johanniskraut, Melisse und Lavendel, erweitern das Spektrum jedoch auch um Indikationen wie seelische Ermattung oder Erschöpfungsdepression. Somit ist „Aquavit“ ein Beispiel für ein besonders gelungenes Rezept, denn ein gutes Lebenselixier sollte harmonisierend auf Körper, Seele und Geist wirken.

Literaturhinweise:
Agrippa von Nettesheim: De occulta philosophia; Nachdruck Marix Verlag Wiesbaden, 2008
Hildegard von Bingen: Physika; Herder Verlag, Freiburg 1993
Paracelsus: Sämtliche Werke, übersetzt von Bernhard Aschner; Nachdruck Anger Verlag Eick; 1993.
Olaf Rippe, Margret Madejsky, Max Amann, Patricia Ochsner, Christian Rätsch: Paracelsusmedizin; AT Verlag, Aarau 2001
Olaf Rippe, Margret Madejsky: Kräuterkunde des Paracelsus; AT Verlag, Aarau, 2006
Olaf Rippe, Margret Madejsky: Heilmittel der Sonne; AT Verlag, Aarau, 2013
Steiner, Rudolf: Texte zur Medizin (Hrsg. Peter Selg); Rudolf Steiner Verlag, Dornach, 2004

Anschrift des Verfassers
Olaf Rippe
Heilpraktiker, Praxis für Traditionelle Abendländische Medizin
Barer Str. 48
80799 München
Tel.: 089/2725902
E-Mail: info@olaf-rippe.de
www.olaf-rippe.de

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Naturheilpraxis 6/2013