Margret Rupprecht
Wenn der Geist sich einmal seiner selbst bewusst geworden, bildet er von sich aus seine Welt weiter, schreibt der Historiker Jacob Burckhardt in seinen „Weltgeschichtlichen Betrachtungen“. Sich seiner selbst bewusst, selbstbewusst zu sein, setzt die Wahrnehmung des eigenen Wesenskernes voraus.
Aus Philosophie, Psychoanalyse und geisteswissenschaftlich orientierter Persönlichkeitsforschung versteht man unter dem „Selbst“ den Urgrund des personalen Seins, der unabhängig von wechselnden Bewusstseinsinhalten und Situationsbezügen die Beziehungen zwischen der Person und der Außenwelt umfasst. In diesem Sinne bedeutet Selbstbewusstsein ein Denken und Handeln aus der Gewissheit der Gültigkeit eigener Wertmaßstäbe und eine aus dem Selbstwertgefühl und dem Selbstvertrauen herrührende, realistische Überzeugung, mit allen Schwierigkeiten aus eigener Kraft fertig zu werden. In der Persönlichkeitsforschung gilt ein Mensch als selbstbewusst, wenn er sich seiner momentanen Verfassung und seiner Handlungen als Ausdruck seiner Individualität bewusst ist. Das Selbst, lateinisch Proprium, kann auch als Grad der Nähe zum eigenen Wesenskern verstanden werden, schließlich ist Proprium mit dem Adverb prope nahe, in der Nähe von etymologisch verwandt. In einem tieferen Sinne heißt das Wort eigentlich berührend, denn Proprium und prope gehen auf das sanskritische prnákti verbinden, zusammenfügen zurück. Der selbstbewusste Mensch ist fähig, seinen eigenen Wesenskern wahrzunehmen und zu berühren, aus ihm heraus zu fühlen, zu denken, zu handeln und mit der Welt in Beziehung zu treten. Er kann überhaupt erst dann die Welt berühren und sich in sie hinein ausweiten, wenn er zuvor sich selbst berührt hat. Im Sinne des Burckhardt´schen Satzes bestimmt der Grad der Beziehung zum eigenen Selbst den Grad der Beziehung zur Welt.
Literatur:
Jacob Burckhardt: Weltgeschichtliche Betrachtungen. Kröner Verlag, Stuttgart 1978
Werner D. Fröhlich: Wörterbuch Psychologie. Dtv, München 2002
Goethes Gedichte in zeitlicher Folge. Insel Verlag, Frankfurt 1999
Roger Kalbermatten: Wesen und Signatur der Heilpflanzen. Die Gestalt als Schlüssel zur Heilkraft der Pflanzen. AT Verlag, Aarau (Schweiz) 2002
Kluge: Etymologisches Wörterbuch der Deutschen Sprache. Walter de Gruyter, Berlin 2002
Gerhard Madaus: Lehrbuch der Biologischen Heilmittel. Band 7. Mediamed Verlag, Ravensburg 1989
M. Pahlow: Das große Buch der Heilpflanzen. Gräfe und Unzer, München 1993
Wilhelm Pelikan: Heilpflanzenkunde I. Verlag am Goetheanum, Dornach 1988
Olaf Rippe u. a.: Paracelsusmedizin. Altes Wissen in der Heilkunst von heute. AT Verlag, Aarau 2001
Rita Traversier, Kurt Staudinger, Sieglinde Friedrich: TCM mit westlichen Pflanzen. Sonntag Verlag, Stuttgart 2005
Anschrift der Verfasserin:
Margret Rupprecht
Heilpraktikerin und Medizinjournalistin
Hohensalzaer Str. 6a
81929 München
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Naturheilpraxis 4/2013