Augendiagnose

Die dyskratsche Diathese

Petra Kropf

Grundlage beim Betrachten des Auges in der täglichen Praxis ist die Einteilung in Konstitution, Disposition und Diathese. Für mich hat sich diese Systematik als sehr hilfreich erwiesen, indem sie mir Anhaltspunkte liefert, Anamnese und Therapie individuell zu gestalten. Viele der Begrifflichkeiten, die dabei verwendet werden, sind einer bestimmten Betrachtungsweise des Organismus und seiner Funktionen zuzuordnen, so auch der Begriff der Dyskrasie.


Ursprünglich eingeführt wurde der Begriff im Kontext der antiken Säftelehre. Von der Wortbedeutung her handelt es sich um eine fehlerhafte (dys) Mischung der Säfte (krasie). Die betreffenden Säfte werden als Gelbgalle, Schwarzgalle, Blut und Schleim bezeichnet. Es geht hier nicht um einen stofflichen Begriff, sondern um Prinzipien, die Funktionen des Körpers bildlich umschreiben. Diese vier Kardinalsäfte sollen idealerweise in einer guten Mischung zueinander sein. Ist die Mischung fehlerhaft, liegt also eine Dyskrasie vor, so kann es zu funktionellen Störungen kommen bis hin zur Ausprägung von Krankheiten. Anhand einiger Beispiele aus der Praxis möchte ich aufzeigen, welche Symptomatiken hinter einer dyskratischen Diathese stecken können und wie diese sinnvoll behandelt werden. Der augendiagnostisch geschulte Therapeut soll bei der Interpretation des Auges nicht vergessen, dass eine Dyskrasie kein dauerhaft vorhandener Zustand ist. Der Begriff Diathese umschreibt eine Neigung oder Bereitschaft zu bestimmten Erkrankungen bzw. die Tendenz auf einen Reiz in bestimmter Weise zu reagieren.

Der erste Fall (Abb. 1 und 2) zeigt sehr deutlich das Charakteristikum einer dyskratischen Diathese, nämlich die multiplen Fremdpigmente. Bei der vorliegenden lymphatischen Konstitution sind diese auf den ersten Blick auffälliger als bei einer Misch- oder hämatogenen Konstitution. Pigmente sind grundsätzlich Ausdruck eines gestörten Stoffwechsels. Häufig ist das mesenchymale System mit Toxinen belastet. Als Folge davon können unter anderem rheumatische Beschwerden auftreten oder eine generalisierte Schwäche des Immunsystems. Fehlgesteuerte körperliche Prozesse neigen zur Chronizität, bisweilen sogar zur Malignität. Im Beispiel des 60-jährigen Patienten äußerte sich die dyskratische Tendenz im Bereich des Gastrointestinaltrakts. Druck im Oberbauch, wechselnde Stuhlkonsistenz und Blähungen beeinträchtigten seit vielen Jahren seine Verdauung. Die Farben der Pigmente lassen an eine Schwäche der exkretorischen Funktionen von Leber und Pankreas denken, ebenso die Lipoidauflagerungen in der Cornea. Mit Speciol von Pekana bzw. Metaharonga von Fackler wird die Besaftung angeregt, ergänzt durch wöchentliche Mischinjektionen mit Infi Carduus und Infi Atropinum von Infirmarius subcutan unter die Rippenbögen. Infi Atropinum enthält Atropinsulfat und Nux vomica in Tiefpotenzen, beides sind krampflösende Mittel, was den Zirkulärfurchen und der dadurch ausgedrückten spastischen Neigung Rechnung trägt. Die neurogene Disposition stabilisieren wir mit Kava Entspannungstropfen von Hevert, die der Patient bei seinen Dienstreisen regelmäßig einnimmt. Eine vorhandene exkretorische Pankreasschwäche muss immer auch an die inkretorische Funktion denken lassen, ebenso wie die Häufung der Pigmente in der unteren Irishälfte. In der Familienanamnese des Patienten taucht mehrfach Diabetes auf, so dass entsprechende Ernährungshinweises gegeben werden müssen. Der Gefäßstatus im Auge und der vorhandene leichte Hypertonus erfordern eine intensive Gefäßpflege, zum Beispiel durch regelmäßige Aderlässe und durch Kneippsche Anwendungen. Mit den Aderlässen erreichen wir zusätzlich eine vermehrte Ausscheidung von Toxinen. Spiraphan von Kattwiga verbessert die Durchblutungssituation, die beginnende cerebrale Abblassung und der Apoplex des Vaters machen dies dringend nötig.

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Literatur:
Josef Angerer: Handbuch der Augendiagnostik, Verlag Tibor Marczell, 5. Auflage 1984
Joachim Broy: Repertorium der Irisdiagnose, Verlag Tibor Marczell, 1983
Ulrich Abele/Erich Stiefvater: Die Aschner-Fibel, Haug Verlag, 13. Auflage
Christoph Wilhelm Hufeland: Lehrbuch der allgemeinen Heilkunde, Haug Verlag, 1993

Anschrift der Verfasserin:
Sr. Petra Kropf
Heilpraktikerin
Augustinerstr. 1
83536 Gars am Inn

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Naturheilpraxis 4/2013