Knochensystem

Arthrose

Die Sprache des Körpers verstehen

Margret Rupprecht

Die Wirbelsäule ist bei manchen Menschen das einzige Rückgrat, sagt ein Sprichwort und bringt damit zum Ausdruck, dass Organe eben nicht nur Körperteile mit bestimmten physikalischen Funktionen sind, sondern mit seelischen Inhalten in Beziehung stehen. Der Volksmund weiß seit langem um diese Zusammenhänge, wenn er davon spricht, dass etwas „einem Menschen das Genick bricht“, jemand „Haltung bewahren“ muss oder „von Problemen gebeugt“ wird. Insofern lohnt es sich, bei Krankheitsbildern, die sich im Bereich des Bewegungsapparates abspielen, genauer hinzuschauen, was sie demjenigen, der unter ihnen leidet, sagen wollen. Das gilt auch bei Arthrose.


Um die Sprache einer Krankheit entschlüsseln zu können, braucht es ein Wissen um die im Körper ablaufenden Vorgänge. Die „physikalische“ Seite des Krankheitsbildes ist schnell zu verstehen: Eine Arthrose ist nicht, wie die Arthritis, eine primär entzündliche, sondern eine degenerative Gelenkerkrankung. Ursache sind Abnutzungs- und Verschleißerscheinungen im Bereich des Gelenkknorpels, die aufgrund einer chronischen oder wiederkehrenden Überlastung der betroffenen Gelenke entstehen können. Das ist der Fall, wenn die Beanspruchung des Gelenkes größer ist als seine tatsächliche Belastbarkeit. Wie belastbar wiederum ein Gelenk ist, hängt neben Faktoren wie mechanischer Beanspruchung, genetischer Konstitution oder Ernährungszustand auch von der psychischen Situation des Patienten ab.

Eine Arthrose kann ein oder mehrere Gelenke befallen. Gelenkkopf und Gelenkpfanne sind von einer dünnen Knorpelschicht überzogen. Zwischen beiden Knorpelschichten befindet sich eine Flüssigkeit, die das Aufeinandergleiten der beiden Gelenkteile erleichtert (Gelenkschmiere, Synovia). Wird der Gelenkkopf zu hart auf die Pfanne gedrückt, verschlechtert sich die Ernährung des Knorpels. Auch die Produktion der Gelenkschmiere nimmt ab. Der Knorpel wird rau und fasert auf. Abriebteilchen lösen sich und wandern in den Gelenkspalt ein; das Aufeinandergleiten von Kopf und Pfanne ist gestört. Der Körper will die Abriebteilchen mit Hilfe einer Entzündung auflösen, was bei den größeren Exemplaren meist nicht gelingt. Stattdessen greifen die Entzündungszellen auch die gesunde Knorpelschicht an. In der Folge degeneriert der Knorpel mehr und mehr, die Produktion der Gelenkschmiere nimmt ab, das Gelenk wird trockener und die Beschwerden bei Bewegung und Belastung nehmen zu.

Typische arthrotische Symptome sind Gelenkschmerzen zu Beginn einer Bewegung („Anlaufschmerz“), die zwar bei Beanspruchung des Gelenks langsam nachlassen, nach längerer Belastung jedoch wieder auftreten. Daraus kann sich im Laufe der Zeit ein ständiger Belastungsschmerz bis hin zum Dauerschmerz entwickeln, der auch in Ruhe und während der Nacht auftritt. Die Gelenke sind häufig geschwollen – vor allem in Phasen mit entzündlichen Schüben –, fühlen sich steif an und werden unbeweglicher. Der Bewegungsumfang verkleinert sich mehr und mehr. Bisweilen fühlt es sich für den Patienten an, als ob die Sehnen zu kurz wären. Manchmal tritt ein Arthroseschmerz nur oder vorwiegend bei bestimmten Bewegungsausschlägen auf oder es kommt zu Einklemmungserscheinungen. Die Beschwerden sind häufig witterungsabhängig.

Ab dem 50. Lebensjahr finden sich bei jedem zweiten Menschen arthrotisch degenerierte Gelenke, die jedoch lange Zeit keine Beschwerden machen. In bestimmten Berufen steigt das Krankheitsrisiko. So sind Dachdecker und Bergleute besonders gefährdet; bei Fliesenlegern und Steinmetzen ist die Arthrose sogar als Berufskrankheit anerkannt. Ein erhöhtes Risiko entsteht auch durch Gewebeübersäuerung, Fehlstellungen im Skelett (ausgeprägte X- oder O-Beine, Hüftfehlbildungen), unbehandelte Meniskusverletzungen, schlecht verheilte Knochenbrüche, Leistungssport oder stärkeres Übergewicht über längere Zeit.

Arthrose als Folge von Verletzungen oder Fehlbelastung ist ein Fall für sich. Hier spielen psychosomatische Überlegungen eine untergeordnete Rolle. Doch bei den meisten Arthrosepatienten entsteht die Arthrose „einfach so“, primär oder idiopathisch, wie die Schulmedizin in solchen Fällen zu sagen pflegt.

Jedes Gelenk hat sein eigenes Thema

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Maßnahmen aus der Naturheilkunde

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Literatur:
Elvira Bierbach, Michael Herzog (Hrsg.): Handbuch Naturheilpraxis. Urban & Fischer bei Elsevier, München 2005
Ursel Bühring: Praxis-Lehrbuch der modernen Heilpflanzenkunde. Grundlagen – Anwendung – Therapie. Sonntag Verlag, Stuttgart 2005
Ruediger Dahlke: Krankheit als Symbol. Bertelsmann Verlag, München 2002
Ruediger Dahlke: Der Körper als Spiegel der Seele. Gräfe und Unzer Verlag, München 2007
Thomas Feichtinger, Elisabeth Mandl, Susana Niedan-Feichtinger: Handbuch der Biochemie nach Dr. Schüßler. Haug-Verlag in Medizin-Verlage-Stuttgart, 2003
Volker Fintelmann: Intuitive Medizin – Anthroposophische Medizin in der Praxis. Hippokrates Verlag, Stuttgart 2007
Otto Gillert, Walther Rulffs: Hydrotherapie und Balneotherapie. Pflaum Verlag, München 1990
Kluge: Etymologisches Wörterbuch der Deutschen Sprache. Walter de Gruyter, Berlin 2002
Rudolf Klußmann: Psychosomatische Medizin. Springer Verlag, Berlin und Heidelberg 1998
Florian Lang: Pathophysiologie, Pathobiochemie. Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart 1990
Peter Pitzen, Helmut Rössler: Orthopädie. Urban & Schwarzenberg, München 1998

Anschrift der Verfasserin:
Margret Rupprecht
Heilpraktikerin und Medizinjournalistin
Hohensalzaer Str. 6a
81929 München

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Naturheilpraxis 3/2013