Klassische Homöopathie

Chronische Sinusitis – ein wenig aussichtsreicher Fall?

Ulrich Pleines

Zusammenfassung: Die Fallbeschreibung einer Patientin, die wegen einer chronischen Sinusitis in Behandlung kam, zeigt, dass individuell gewählte bewährte Arzneimittel nicht in jedem Fall zum gewünschten Erfolg führen. Erst nach einigen Schwierigkeiten konnte die heilende Arznei gefunden werden. Diese Arznei wird im zweiten Teil des Beitrages vorgestellt.

Schlüsselwörter: Chronische Sinusitis, Repertorisationsstrategie, Ozon


Fallaufnahme/Erstanamnese

Eine damals 20jährige Frau stellte sich im Oktober 2007 in der Praxis vor. Sie bat um Behandlung einer Verdauungsproblematik und ihrer Infektanfälligkeit.

Zwei Jahre zuvor hätte sie eine „ganz starke Virusgrippe“ befallen, obwohl sie damals eigentlich gar nicht anfällig für Erkältungen gewesen sei. Diese Grippe sei keine banale Erkältung gewesen, sondern hätte sich durch eine ausgeprägte Schwäche und Müdigkeit ausgezeichnet, außerdem durch Kopfschmerzen und Schwindel, aber ohne Fieber. Wegen einem auffälligen EKG sei sie dann sogar für eine Woche zur klinisch-stationären Behandlung mit Tamiflu® ins Krankenhaus eingewiesen worden. Mit Beginn der Grippe seien Essschwierigkeiten aufgetreten, die sich mit zunehmender Heftigkeit der Grippesymptomatik verstärkt hätten. Sie hätte immer nur ganz wenig auf einmal essen können, weil sie sonst heftige Bauchschmerzen bekommen hätte. Sie schilderte diese als stechend-krampfend, fast wie Menstruationsbeschwerden, im Mittelbauch (nicht Magen), als ob etwas von innen nach außen gedrückt hätte wie ein riesiger Stein im Bauch. Des Weiteren berichtete sie von Blähungen, die den Bauch aufgetrieben hätten. Dabei hätte sie nur wenig Flatus gehabt, der auch nur wenig gerochen hätte. Am besten habe sie damals Salzkartoffeln mit Kräuterbutter vertragen, Obst („hat sich sauer angefühlt“) oder Rohkost hingegen gar nicht.

Nach drei Wochen wäre seitens der Behandler der Verdacht geäußert worden, dass die Erkrankung psychisch bedingt sein könnte, weil sie in der Vergangenheit wegen Anorexia nervosa behandelt worden sei. Sie hätte sich anschließend in eine sechswöchige Kur in einer psychosomatischen Klinik begeben, die aber weitgehend erfolglos geblieben sei. Sie könne nur etwas vielfältiger und abwechslungsreicher essen, ohne dass sich die oben geschilderten Beschwerden auffällig gebessert hätten.

Sie hätte dann zunächst abwechselnd unter Obstipation oder Durchfall gelitten, im Verlauf immer mehr zur Verstopfung neigend. Ohne Laxantieneinnahme hätte die Stuhlfrequenz drei bis vier Tage betragen. Zu Beginn der Defäkation sei der Stuhl weich gewesen, aber dann folgten kleine Steinchen oder Kügelchen. Bis vor zwei Wochen hätte sie (auf Anraten eines anderen Therapeuten) regelmäßig Bittersalz eingenommen (Dauer: ca. 3 Monate, 1 gestrichener Teelöffel täglich), ergänzend eine Zeit lang Mutaflor® und Milchsäurebakterien. Dies alles könne sie nun aber gut weglassen, weil sie seit einem Jahr, zuletzt vor drei Monaten, in einer lymphologischen Ganzheitsbehandlung sei, sich außerdem gluten- und tiermilchfrei ernähre (sie hätte eine leichte Laktoseunverträglichkeit) und mehrmals täglich ein Basenpulver mit Bitterkräutern einnehme. Mit dem Essen bzw. der Verträglichkeit habe sie momentan keine Schwierigkeiten. Eine Darmbiopsie wurde nicht durchgeführt.

Nun sei sie ständig erkältet, fühle sich nicht leistungsfähig und habe keine Energie. Sie nehme jeden grippalen Infekt, der herumgehe, mit. Die Symptomatik sei immer gleich: Stockschnupfen, Druck im Kopf, vor allem Stirnkopfschmerzen, Bewegung verschlimmere. Die Temperatur sei höchstens einmal leicht erhöht. Zusätzlich bekäme sie Halsschmerzen, das Schlucken schmerze, der Hals sei innen gerötet, nach zwei bis drei Tagen stelle sich Husten ein. In der warmen Jahreszeit bliebe sie einigermaßen verschont, aber bei Abkühlung gehe es sofort los. Erst letzte Woche habe sie wieder eine Erkältung aufgeschnappt und schleppe sich seither damit herum. Ein Einfluss von Nässe sei ihr nicht aufgefallen.

Die weitere Befragung nach dem Kopf-Fuß-Schema ergab noch folgende Aspekte (Auszug):

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Untersuchung:

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Zusammenfassung des Behandlungsverlaufs bis zum Frühjahr 2011

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Arzneimittelbild Ozon

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Fazit

Was können wir aus diesem Aufsatz lernen?

1. Niemals aufgeben! Es gibt immer noch einen Weg:
    Auffinden von Heilungshindernissen, Supervision, Intervision, Besuch von Arbeitskreisen, erfahrenere KollegInnen fragen

2. Wege zu weniger bekannten Arzneimitteln:
    • Ändern der Repertorisationsstrategie
    • Arzneimittelstudium
    • Suche nach komplementären Arzneien

3. Sie erhielten einen Einblick in das Arzneimittelbild und eine Idee von Ozon.

Statt mit einem Zitat von Hahnemann schließe ich mit einer Weisheit von Salman Rushdie:
„Nur wer aus dem Rahmen tritt, sieht das Ganze.“

Anmerkungen
1 Die systemische Krankheitsaufstellung ist eine Form der systemischen Aufstellungsarbeit nach Bert Hellinger, bei der ein Stellvertreter für die Krankheit aufgestellt wird.
2 Es wirft sich die Frage auf, ob es gerechtfertigt ist, eine Arznei lediglich aufgrund einer Prüfung dreiwertig in ein Repertorium einzutragen, ohne sie durch die Anwendung in der Praxis zu bestätigen.
3 Ich wähle diesen Weg der Darstellung des Arzneimittelbilds, weil es sich für mich zum Lernen und Einprägen besser bewährt hat als das Auswendiglernen von Symptomen. Ich weise jedoch ausdrücklich darauf hin, dass eine Verschreibung eines Arzneimittels ohne passende Gesamtheit, also ohne Entsprechung der somatischen Beschwerden, nicht lege artis und somit nicht mit den Regeln der klassischen Homöopathie vereinbar ist.

Literatur:
John Henry Clarke: Der neue Clarke, Stefanovic-Verlag, 1994.
Frans Vermeulen: Synoptische Materia Medica 2, Emryss bv Publishers, Holland, 1998.
Repertorisationsprogramme: MacRepertory Basic 5.6 plus, Kent Homeopathic Association Inc., 2003; ComRep Expert Software Version 10.0.16.0, Franz Simbürger, D-84174 Eching.

Anschrift des Verfassers:
Ulrich Pleines
Heilpraktiker, Klassische Homöopathie,, Systemische Aufstellungsarbeit
Prinz-Eugen-Str. 4
79102 Freiburg
www.ulrichpleines.de


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Naturheilpraxis 12/2012