FACHFORUM

Das braune Fettgewebe-

Target neuer Strategien gegen Adipositas

Jens Bielenberg

Aktuelle Erkenntnisse über die Neubildung von Fettzellen und die Physiologie der Adipozyten haben Forscher zu intensiven Bemühungen ermuntert, neue Wirkstoffe zu entwickeln, die das Fettgewebe abbauen und zukünftige Therapieansätze für Diabetes darstellen. Ein Traum könnte wahr werden, besonders durch die Entdeckung, dass weißes in braunes Fettgewebe umgewandelt werden kann. Das neu entdeckte Hormon Irisin besitzt dabei eine Schlüsselrolle. Im Folgenden werden einige Grundlagen über das größte endokrine Organ unseres Körper und dessen Physiologie vermittelt.


Zwischen 40 und 120 Milliarden Fettzellen hat ein Erwachsener, je nach Leibesfülle. Das Fettgewebe dient nicht nur der Thermoregulation, als Energiereservoir und als mechanischer Puffer, sondern ist auch ein endokrines Organ, eine chemische Fabrik, die mehr als 100 Wirkstoffe produziert, unter anderem das Cortisol, das einen wichtigen Impuls für die Neubildung von Fettzellen (Adipozyten-Differenzierung) in der Haut liefert.

Nicht nur der Body-Maß-Index (BMI) gilt als Risikokriterium, sondern auch der Bauchumfang, d.h. viszerale Adipositas. Das Herzinfarktrisiko liegt bei vermehrtem Bauchfett bis um das 4,5-fache höher. Das kutane Fettgewebe konnte als endokrines, hormonproduzierendes Gewebe entlarvt werden, das auf vielfache Weise in Stoffwechselabläufe involviert ist und an der Pathogenese des metabolischen Syndroms mitbeteiligt ist. Die Neubildung von Fettzellen (Adipogenese) ist ein biologisch hochkontrollierter Prozess und wird seit mehr als 25 Jahren intensiv erforscht (1).

Die Fettvorläuferzellen erhalten unter anderem durch hormonelle und nutritive Faktoren Signale für ihre letztliche Differenzierung. Auch die Zell-Zell-Kommunikation ist in die Adipozytendifferenzierung involviert. Das Gleichgewicht zwischen Neubildung, Wachstum und Auflösung (Apoptose) der Adipozyten bestimmt das gesamte Körperfett. Die zwischen Kutis und Körperfazie gelegene Subkutis besteht weitgehend aus einer, bis mehrere Zentimeter dicken, Schicht von Fettgewebe und modelliert damit die Körperoberfläche. Die Dicke der Subkutis ist unterschiedlich und von verschiedenen Faktoren abhängig. Ihr Gesamtgewicht beträgt normalerweise zwischen 20 bis 25 kg! Sie enthält die Hälfte bis 2/3 der Gesamtfettmasse des Organismus. Fettgewebe kommt im Körper um fast alle Organe herum vor. Es ist aber vor allem in der Subkutis vorhanden, wo es ein Fettpolster bildet. Die Verteilung der Fettpolster ist beim Mann und der Frau verschieden. Beim Mann dominiert es in der oberen Körperhälfte, vor allem am Bauch, bei der Frau ist es vor allem im unteren Bereich des Körpers unterhalb des Nabels an Becken, Gesäß und Oberschenkeln lokalisiert.

Die Adipogenese

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Das braune Fettgewebe.

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Irisin wandelt weißes in braunes Fettgewebe um

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Fazit:

Es wird spannend bleiben, ob tatsächlich mit Irisin ein neuer Therapieansatz entwickelt werden kann, der Adipösen helfen kann, Fett abzubauen. Hohes Körpergewicht und belastete Gelenke machen intensive körperliche Aktivität oftmals unmöglich, so dass die „Pille statt Sport“ Hoffnung für neue Therapieansätze bei Symptomen des metabolischen Syndroms liefern kann. Experimente an Ratten und Mäusen geben Anlass zur Hoffnung, dass auch beim Menschen durch die Aktivierung bestimmter Signalwege im braunen Fett der Energieumsatz gesteigert werden kann.

Literatur:
(1) Gregoire F. (2001) Adipocyte differentiation: From Fibroblast to endocrine Cell. Minreview Society of Experimental Biology and Medicine Metabolex, Hayward, California.
(2) Gaillard R.C. (2007) Adipozyten: endokrine Hochleistungsfabriken. Kardiovaskuläre Medizin 10: 163-167.
(3) Haas, B. Braunes Fettgwebe-physiologische Funktion und Relevanz, Deutsche Apothekerzeitung 2012, 4:88-94
(4) Hauner H., Schmid P., Pfeiffer E.F. (1987) Glucocorticoids and insulin promote the differetiation of human adipocyte precursor cells into fat cells. J Clin Endocrinol Metab 4:
832-5.
(5) Hauner H., Entenmann G., Wabitsch M., Gaillard D., Ailhaud G., Negrel R. & Pfeiffer E.F. (1989) Promoting effect of glucocorticoids on the differentiation of human adipocyte precursor cells cultured in a chemically defined medium. J Clin Invest 84: 1663-1670.
(6) Boström P., et al. A PGC1-alpha-dependent myokine that drives brown-fat-like developement of white fat and thermogenesis, Nature 2012, jan 11; 481 (7382):463-8
(7) Hormon Irisin wirkt auf Muskeln wie Sport, www.welt.de vom 28.01.2012
(8) Pharmazeutische Zeitung, Pille statt Sport 2012, 3:38

Anschrift des Verfassers:
Jens Bielenberg
Apotheker
Raphael-Apotheke
25364 Westerhorn

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Naturheilpraxis 10/2012