Atemtrakt

Die naturheilkundliche Behandlung der Tonsillitis

Bernd Hertling

Die Tonsillen (Tonsillae palatinae), ein paariges Organ aus lymphoretikalem Gewebe, liegen zwischen den beiden Gaumenbögen am Übergang von Mund- und Nasenhöhle in den Pharynx. Ihr Lymphgewebe ist von einer bindegewebigen Kapsel umgeben. Die verborgenen Gruben auf der Tonsillenoberfläche bezeichnet man als Krypten. Durch die Kryptenbildung haben die Gaumenmandeln eine große Oberfläche, die retikulär aufgelockert ist. In ihnen können sich jedoch auch leicht Bakterien ansiedeln. Die Mandeln gehören zu den lymphatischen Organen, d. h. in ihnen findet die Reaktion der Lymphozyten mit den Antigenen und der Kontakt zwischen verschiedenen Lymphozytenpopulationen und Phagozyten statt. Sie bilden zusammen mit der Rachenmandel und den Zungenmandeln den lymphatischen Rachenring (Waldeyer-Rachenring), d. h. sie fungieren als wichtige erste Barriere für Krankheitserreger, die durch den Nasen-Rachen-Raum in den Körper gelangen.


Bei einer Angina tonsillaris bzw. Tonsillitis entzündet sich das lymphoepitheliale Gewebe des lymphatischen Rachenrings, insbesondere die Gaumenmandeln. Die Erkrankung tritt bei Kindern und Jugendlichen häufig auf. Meistens liegt eine lymphatisch-exsudative Diathese zu Grunde.

Die Tonsillitis acuta wird hauptsächlich durch Viren (ca. 80 % Adeno-, Parainfluenzaviren) und betahämolysierende Streptokokken der Gruppe A, seltener durch Staphylo- und Pneumokokken hervorgerufen. Leukozyten dringen in die Tonsillen ein, es kommt zu Mikroabszessen in Parenchym und Krypten sowie zu einer Absonderung von fibrinösem Exsudat.

Die Erkrankung beginnt in der Regel plötzlich. Hohes Fieber (evtl. Schüttelfrost), eine deutliche Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens, Halsschmerzen (besonders beim Schlucken), kloßige Sprache, Druckdolenz und Schwellung der submandibulären Lymphknoten, Rötung und Schwellung der Tonsillen, des Rachens, weichen Gaumens und der Uvula (Angina catarrhalis), Schluckbeschwerden und vermehrter Speichelfluß sind typisch. Die Mandeln können sich so stark vergrößern, dass sie sich berühren. Oft bilden sich einzelne gelblich-weißliche Beläge (sog. Stippchen) an den Kryptenmündungen (Angina lacunaris) oder über den Lymphfollikeln (Angina follicularis), selten konfluierende Beläge, die gegebenenfalls über die Tonsillen hinausreichen (Pneumokokkenangina).

Differentialdiagnosen: Tonsillitis bei Scharlach, Syphilis, Tuberkulose und Diphtherie, Herpangina (meist bei Kleinkindern in den Sommermonaten auftretende Infektion mit Coxsackie-Viren), Angina agranulocytica (häufig medikamentös bedingt), Plaut-Vincent-Angina (einseitig), Mononucleosis infectiosa, orale Candidose.

Schulmedizinisch werden bei einer Tonsillitis lokal Analgetika und Desinfizienzien sowie bei Streptokokkennachweis systemisch Antibiotika eingesetzt. Die Patienten sollten das Bett hüten.

Die chronische Form entsteht meist durch eine Mischinfektion mit anaeroben und aeroben Erregern unter Beteiligung betahämolysierender Streptokokken der Gruppe A. Zerfallene Zellen (Zelldetritus) verbleiben im Körper und bilden ein ideales Nährsubstrat für Bakterien. Infolgedessen bilden sich Kryptenabszesse. Eine Fibrosierung und Nekrose des Parenchyms sowie eine Beteiligung des peritonsillären Gewebes sind ebenfalls möglich. Anamnestisch finden sich gehäuft rezidivierende Anginen. Die Symptome sind weniger stark ausgeprägt als bei der akuten Form. Halskratzen, vergrößerte submandibuläre Lymphknoten, Foetor ex ore, gerötete Tonsillen mit narbiger und zerklüfteter Oberfläche und peritonsillärer Druckschmerz charakterisieren die chronische Variante. Bei Spateldruck auf den vorderen Gaumenbogen kommt es zur Entleerung von Eiter und Zelldetritus aus den Krypten.

Komplikationen:

1. Begleiterkrankungen: Dyspnoe, Kehlkopfödem, Otitis media.

2. Lokale Komplikationen:
a) Peritonsillarabszess; Peritonsillitis mit fortgeleiteter Entzündung und Abszedierung im Bereich der Halsweichteile, die nach einer symptomfreien Zeitspanne erfolgt.
b) Angina Ludovici (Phlegmone des Mundbodens);
3. Folgeerkrankungen: Es besteht die Gefahr, dass die Tonsillen zu einem Focus („Streuherd“) für herdferne Erkrankungen werden. Besonders bei bakterieller Tonsillitis fürchtet man eine Sepsis durch hämatogene, lymphogene oder kontinuierliche Ausbreitung in die Halsweichteile mit Beteiligung der Vena jugularis interna, rheumatisches Fieber, Endo-, Myo- und Perikarditis, Glomerulonephritis, Pustulosis palmaris et plantaris, Urtikaria, Thrombangiitis obliterans oder Vaskulitis.

Naturheilkundliche Therapiemöglichkeiten:

Lokalanwendungen (Sprays, Gurgellösungen, Wickel etc.):
...

Wickel:

...

Anthroposophische Präparate zum Einnehmen:

...

Phytotherapie:

...

Homöopathische Komplexmittel:
Tonsiotren H Tabletten, Fa. DHU
Tonsipret Tabletten, Fa. Bionorica
Meditonsin Lösung, Fa. Medice
Tonsillopas Tropfen, Fa. Pascoe
Tonsillosyx N Lösung, Fa. Syxyl
Mercurius-Heel S Tabletten, Fa. Heel
Angin-Heel SD Tabletten, Fa. Heel

Bei rezidivierenden Tonsillitiden sollte eine Darmsanierung und eine homöopathische Konstitutionsbehandlung angestrebt werden. Die Substitution von Zink (z. B. Unizink) und Vitamin C (z. B. Köhler’s Acerola) komplettieren die oben genannten Therapieoptionen.

Literatur:
Volker Fintelmann/Rudolf Fritz Weiss, Lehrbuch Phytotherapie, 12. überarbeitete Auflage, Hippokrates Verlag, 2009
Siegfried Bäumler, Heilpflanzenpraxis Heute,
1. Auflage, Urban & Fischer Verlag, 2007

Verfasserin:
Heike Lück-Knobloch
Heilpraktikerin
Everskamp 8
40885 Ratingen
e-Mail: Heike_lueck@gmx.de

weiter ... (PDF für Abonnenten der Naturheilpraxis)


Zum Inhaltsverzeichnis

Naturheilpraxis 10/2012