Atemtrakt

Eukalyptus – Wohlverborgen, Wohlriechend?

Bernd Hertling

Die Überschrift lässt sich leider nach den Regeln der sogenannten neuen deutschen Rechtschreibung nicht richtig wiedergeben. Eukalyptus ist wohlverborgen, dabei fragt sich nämlich nicht, ob er etwa wohl verborgen sei. Ob er wohlriechend ist, muss jeder für sich entscheiden, ob er wohl riecht steht wiederum außer jeder Diskussion. Obwohl die Droge von so weither kommt, wie es nur sein kann auf diesem Globus, ist sie wohl so ziemlich in Aller Munde gewesen - der zugehörige Baum stammt ursprünglich bekanntlich aus dem südlichen Australien und Tasmanien.


Nicht erst seit Ruth Drexel, alias Resi Berghammer, ihrem kriminalistisch tätigen Riesenbaby, Benno, ein bekanntes Lutschbonbon mit auf den Weg gibt, damit er sich nicht erkältet bei der Bullenarbeit im eisigen Tölzer Umland, wird Eukalyptus bei drohenden Infekten oder bei bereits ausgebrochenen, wärmstens empfohlen. Der unverwechselbare Geruch des verdampften Eukalyptus gehört seit Jahrzehnten zur olfaktorischen Untermalung einer „Grippe“ beziehungsweise Rhino-Tracheo-Bronchitis viraler Genese.

Der Verfasser dieser Zeilen denkt mit Schaudern an seine frühen Jahre zurück, als er mit Grippe-Krupp belastetes Kleinkind bei jedem banalen Infekt, in Eukalyptusaroma gehüllt, das Bett hüten musste. Ähnlich, wie so mancher, dem bei 0,004 Molekülen Oleum Caryophylli aethereum (Gewürznelkenöl) in der Atemluft sofort sein immer wieder aufgeschobener Zahnarztbesuch einfällt, bekommt auch der Verfasser ein schlechtes Gefühl, denkt er nur an Eukalyptus. Muss er ihn am Ende auch noch riechen, ist es aus mit der guten Laune, und Stresshormone machen sich auf den Weg, das psycho-neuro-immunologische Gleichgewicht zugunsten von Abwehrverhalten zu kippen.

Wie jeder weiß, gibt es aber ein Tier, dessen Überleben vom Eukalptusbaum abhängt. Der bewegungsscheue Koalabär, Urbild der Teddys - die deutsche Naturwissenschaft nennt ihn so phantasie- wie einfallslos Kletterbeutler - fristet in den Ästen von Eukalyptus sein beschauliches Dasein, das vorwiegend aus Ruhe, Schlafen (Fortpflanzung?!) und Essen von Eukalyptusblättern besteht. Sie bilden seine ausschließliche Nahrung, werden sie entfernt, sterben die Koalas aus. Wenn man nun denkt, es gäbe ja genug Eukalyptus, sollte dabei jedoch bedacht werden, dass lediglich vier der zahlreichen Subspezies für die Tiere genießbar sind, der Rest schmeckt auch ihnen zu scharf.

Steckbrief: Eucalyptus globulus

Wirkstoffe:
Ol. aether mit 1,8 Cineol (= Eucalyptol), Gerbstoffe, Bitterstoffe, Harz.

Wirkungsweise:
Intern wie extern hyperaemisierend, spasmolytisch, desinfizierend, antiseptisch, (bakterizid, virostatisch, durch Lyse der Zellmembran von Erregern), spasmolytisch.
Bei Inhalation werden die Kälterezeptoren der Nasenschleimhaut gereizt und das löst das Gefühl aus, besser durchatmen zu können.

Der Eukalyptus ist vor allem im Bereich der Atemwege besonders wirksam, da die aetherischen Öle über die Bronchien ausgeschieden werden. Dort entfaltet er beste Wirksamkeit (expektorierend, antiseptisch). Gleichzeitig verabreichte Gerbstoffe steigern die Wirksamkeit.
Bei der Anwendung auf GRAS-Status (generally recognized as safe) aetherischer Öle achten!

Indikationen:

Intern:
Expektorierend, sekretolytisch, sekretomotorisch , sedierend, antibakteriell, spasmolytisch.
Bronchitis, Pertussis, banale Infekte und Erkältungskrankheiten

Extern:
Als Inhalation: Exsikkierend bei Erkrankungen des oberen Respirationstraktes, zum Spülen des Mund-Rachenraumes bei beginnendem Infekt.

Auf die Epidermis mit Trägersubstanz aufgebracht, entsteht eine hyperaemisierende Wirkung bei Rheuma.

Abb. 1: Frct. Eucalypti v. halb lateral (Sammlung Verf.)

Antivirale Wirkungen
Die maximale antivirale Wirksamkeit kommt durch den direkten Kontakt mit dem Erreger zustande, wobei es zur Lyse der Lipidhülle der Viren kommt, was bedeutet, dass Eukalyptus in der Akutprophylaxe und der ersten Phase eines viralen Infekts bevorzugt eingesetzt werden sollte. Hier würde sich eine Kombination mit Cystus und Pfefferminze empfehlen, so dass eine Verbindung von Polyphenolen mit den Aetherischen Ölen zum wirksamen Einsatz gelangt.

Nebenwirkungen und Kontraindikationen:

Verwendete Pflanzenteile und Art der Anwendung:
Folia Eucalypti
1 bis 2 Tl / Infus; intern und zur (Raum-) Inhalation

Oleum Eucalypti aether.
gtt. No V-X / Dosi auf Zucker intern
1 Tl. auf 2 bis 3 L. heißem Wasser zur Inhalation

Tct. Eucalypti
10 bis 20 gtt. / Dosi

Eucalyptol (=Cineol)
10 bis 20 gtt. / Dosi intern
1 Tl / 2 bis 3 L heißem Wasser zur Inhalation.

20% als Salbe /Balsam

Wechselwirkungen:
Das aetherische Öl regt den Abbau von Fremdsubstanzen in der Leber an, das heißt, die Wirkungen anderer Arzneimittel können geschwächt werden.

Name und Mythologie:

Der Wortbedeutung nach setzt sich der wissenschaftliche Name aus zwei griechischen Bestandteilen zusammen: der Präfix Eu- (= wohl-, gut-) und dem Adjektiv mit maskuliner Endung kályptos (= verborgen, bedeckt), es bedeutet also „der Wohlverborgene“.

Schließlich wurde die Endung zu ´-us´ latinisiert und das im lateinischen Alphabet nicht vorkommende griechische kappa zum ´c´. Auch wenn es so eine Art Regel gibt, der zu Folge Bäumen, wegen der darin wohnenden Nymphen, immer weibliche Namen verliehen werden sollten, so finden sich hin und wieder Ausnahmen, wie zum Beispiel unser vielgebrauchter Crataegus. So auch hier, und das obwohl der Baum eine literarisch weltbekannte Nymphe im Namen trägt: Kalypso. Lange vor Jean Jacques Cousteau‘s Forschungsschiff und der reichlich skurrilen Gestalt im Hollywood-Film „Fluch der Karibik II“ war die Nymphe Kalypso die geheimnisvolle Herrin der Insel Oggygia, wo Odysseus zehn Jahre lang, nolens oder volens - so genau lässt sich das bei seiner Berichterstattung nicht immer sagen - festgehalten wurde. Diese Insel war und ist verborgen, so dass alles Suchen und Rekonstruieren der Irrfahrten des Odysseus spekulativ bleiben muss, zumindest was die Insel der Kalypso anbelangt.
Auch das Epitheton globulus (= lat. Diminutiv von Globus = Kugel => Kügelchen) bezieht sich auf die Blüten, die im Zustand der geschlossenen Knospe fast kugelartig aussehen. Ist sie abgeblüht beherbergt sie gut eingeschlossene und verborgene Samen (Abb. 1).

Botanik

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Der Eukalyptusbaum schafft sich sein Biotop: Nebelwald

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Heterophyllie als Ausdruck geglückter Anpassung

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Ein Konzept bei Bronchitis sicca mit und ohne Emphysem

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Ad Influenza

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Geeignete Drogen:

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Quelle: Zschr. F.Phytoth. II/08 S.65 ff. (Schwerdtfeger/Melzig).

Alle Bilder vom Verfasser.

Literatur:
Balick, M.J. und Cox, P.A.: Drogen, Kräuter und Kulturen Pflanzen und die Geschichte des Menschen, Darmstadt, 1996. (Wiss. BG).
Bäumler, Siegfried: Heilpflanzenpraxis heute, München, 2007.
Brosse, Jacques: Mythologie der Bäume,
Freiburg, 1990.
Genaust, Helmut: Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen, 3. Aufl. 1996.
Karl, Josef: Phytotherapie, München, 1978.
Schilcher, H. et al: Leitfaden Phytotherapie, München, 3. Aufl. 2007.


1 Genaust s.v. globulus.
2 Dto. s.v. Eucalyptus

Anschrift des Verfassers:
Bernd Hertling
Heilpraktiker
Nettelkofenerstr. 1
85567 Grafing

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Naturheilpraxis 10/2012