Klassische Homöopathie

Komplexmittel in der Homöopathie einmal sachlich betrachtet

Roger Rissel

Zusammenfassung:
Immer wieder distanzieren sich Einzelmittelhomöopathen von der Anwendung homöopathischer Komplexmittel (8: 2). Dennoch berichten Patienten von guten Wirkungen solcher Arzneimittel. Auch die Anwender der Komplexmittel kritisieren die Einzelmittelhomöopathen (7). Beruht dieser Streit auf der mangelnden Kenntnis der jeweils anderen Homöopathie? Dieser Artikel soll zum besseren Verständnis der beiden Sparten beitragen. Denn bei allem Streit darf nicht übersehen werden, dass es viel Verbindendes zwischen Einzelmittelhomöopathie und Komplexmittelhomöopathie gibt.


Einleitung

Von klassischen Homöopathen werden Komplexmittel, die potenzierte homöopathische Arzneimittel enthalten, häufig als nicht zur Homöopathie gehörig ausgegrenzt. Begründet wird das mit der Forderung Hahnemanns, nur eine einzige Arznei auf einmal bei einem Patienten anzuwenden, was bei der Anwendung von Komplexen missachtet werde. Nun haben einige Nachfolger Hahnemanns dennoch homöopathische Arzneimittel kombiniert angewendet, was eine Abweichung von Hahnemanns Vorgaben darstellt. Bevor ein Urteil über diese Neuerung getroffen werden kann, ist es notwendig, sich genauer und unvoreingenommen damit zu befassen. Dies hat bereits Otto Weingärtner in seinem Buch Homöopathische Kombinationsarzneimittel getan, von dem im Folgenden öfter die Rede sein wird (siehe auch die Buchbesprechung in dieser Ausgabe der NHP).

Entwicklungsgeschichte der Komplexmittel

Die Idee gleichzeitig zwei Arzneimittel anzuwenden, wie sie sich in den sogenannten „Doppelmitteln“ niederschlug, wird häufig als Ursprung oder erster Schritt in Richtung der Entwicklung von Komplexmitteln angesehen, sozusagen als Komplex mit zwei Bestandteilen. Die Legitimation eines solchen Vorgehens wurde von den Befürwortern der Doppelmittel zu Hahnemanns Zeit ausschließlich darin gesehen, dass es nur in Ausnahmefällen angewendet werden dürfe, wenn nachweislich einem Patienten mit der Anwendung von Einzelmitteln nicht habe geholfen werden können (6). Wurde diese Auseinandersetzung noch in Deutschland unter Mitbeteiligung namhafter Homöopathen einschließlich Hahnemann geführt, vollzog sich die weitere Entwicklung zunächst in Italien.

Laut Weingärtner (7) hat sich Gaudenzio Soleri, der Mitte des 19. Jahrhunderts in Turin lebte, mit der Krankenbehandlung befasst und ausschließlich Homöopathie angewendet. Ein Kranker habe von ihm verschiedene homöopathische Arzneimittel mitbekommen, die dieser nacheinander einnehmen sollte. Als der Kranke nach wenigen Tagen geheilt wiedergekommen sei, habe sich herausgestellt, dass er alle Arzneimittel auf einmal eingenommen habe. Davon beeindruckt, habe Soleri nur noch Arzneimittelmischungen verabreicht, zuerst noch individuell ausgewählt, um später 26 feststehende Komplexe anzuwenden. Über Soleris Idee publizierte 1862 erstmals Guiseppe Belotti (promovierter Arzt und Neffe Soleris). Von Belottis Buch inspiriert, entwickelte ein anderer italienischer Arzt, Michele Finella, 29 neue Komplexmittel und schrieb ebenfalls darüber ein Buch, das 1877 veröffentlicht wurde. 1875 erschien in Bologna eine Schrift von Cesare Mattei (ein italienischer Graf), in der ebenfalls von homöopathischen Komplexmitteln die Rede gewesen sei, deren Zusammensetzung aber nicht offengelegt werde.
In Deutschland ist die Entwicklung von homöopathischen Komplexmitteln eng mit Emanuel Felke (1856-1926) verknüpft. Felke habe zunächst homöopathische Einzelmittel angewendet und später begonnen, mehrere Arzneimittel gleichzeitig zu geben. Wilhelm Zähres, ein Freund und Mitstreiter Felkes, habe mit dessen Unterstützung später die Synergone entwickelt.

Komplexmittel in Deutschland

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Gründe für die Konzeption von Komplexmitteln

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Kritik der klassischen Homöopathen an den Komplexmitteln

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Diskussion

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Die Kritik der Einzelmittelhomöopathen

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Die Kritik der Komplexmittelhomöopathen

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Ergebnis

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Beobachtungen in der Praxis

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Schlussbemerkung

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Literatur:
(1) Droste, R: Komplexhomöopathie von Pastor Felke bis heute, NHP 2007; 03, S. 338-341.
(2) Hahnemann, S.: Organon der Heilkunst, 5. verbesserte und vermehrte Aufl., Dresden und Leipzig, Arnold 1833.
(3) Hahnemann, S.: Die chronischen Krankheiten, Band 1, unveränd. 5. Nachdr. der Ausg. letzter Hand, Düsseldorf, Schaub, 1835 – Heidelberg: Haug, 1991.
(4) Hahnemann, S.: Gesammelte kleine Schriften. Hrsg. J. M. Schmidt und Kaiser, D., Heidelberg, Haug 2001.
(5) Rehmann, A.: Handbuch der homöopathischen Arzneibeziehungen, 3. überarbeitete Auflage, Stuttgart, Haug, 2007.
(6) Rissel, R: Doppelmittel in der klassischen Homöopathie, NHP 2007; 05, S. 724-732.
(7) Stutz, E.: Einerseits und Andererseits – die Komplexhomöopathie, NHP 2007/03, S 305-306.
(8) Weingärtner, O: Homöopathische Kombinationsarzneimittel. Entstehung, Entwicklung und Selbstverständnis, Essen, KVC 2007.
(9) Weilandt-Cohausz, B./Rissel, R.: Atropin und Belladonna. Ein Vergleich der homöopathischen mit der schulmedizinischen Anwendung, NHP 01/2012: S. 62-68.
(10) Wischner, M: Psora zur Psora – 50 Jahre Miasmen in der ZKH, ZKH 2007; 51 (S1): 46-50.

Web-Links
www.kattwiga.de/Pioniere-der-Komplex.69.0.html
www.aerztezeitung.de/praxis_wirtschaft/recht/article/516844/gericht-zulassung-homoeopathika-nur-wissenschaftlicher-basis.html
/www.bverwg.de/enid/2a1f8ad17e9a58bd5a4f36797312c67e,f33b60655f76696577092d0964657461696c093a09636f6e5f6964092d093131323039093a095f7472636964092d093133333431/Entscheidungen/Entscheidung_8n.html

Anschrift des Verfassers:
Roger Rissel
Martin-Wohmann-Str. 17
65719 Hofheim am Taunus

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Naturheilpraxis 9/2012