Bewegungsapparat

Arnica montana (Bergwohlverleih)

Von der Signatur zur therapeutischen Anwendung

Margret Rupprecht

Hier ist die Pflanze der raschen Heilung, der kräftigen Entscheidung. Sei dir von außen gewaltsam Schaden getan, Stoß, Hieb, schneidende Wunde – in ihr ist dir wunderbare Hilfe nahe. Die Lebenskräfte strömen, der Puls kräftigt, das Herz ermutigt sich; was als blutiger Erguss, als Blutgeschwulst sich verlor, besinnt sich auf die richtige Bahn. Muskeln und Sehnen straffen sich, die Gestalt, verletzt und beschädigt, stellt sich her; durchaus aber auch das Nervensystem, das schwer zu heilende. Die organische Empörung über den erlittenen Schaden, die wir Schmerz heißen, lindert sich, verebbt. In wahrhaft napoleonischem Stil wird die Krankheit angefasst, groß die Entscheidung erzwungen. Fühlte ich doch, als Leben und Tod in mir den Kampf begannen, dass die Lebensscharen mit dieser Blume auf ihrem Panier den Durchbruch erzwangen und dem Feindlich-Stockenden, Tödlich-Bedrückenden sein Austerlitz bereitet wurde. In der Genesung verjüngt, preise ich sie höchlichst ...(Zitat)


Kein Arzt war es, der diese hymnischen, fast an einen alttestamentlichen Psalm erinnernden Zeilen über eine der großen europäischen Heilpflanzen, Arnica montana, zu Papier brachte, sondern der Dichter Johann Wolfgang von Goethe, der diese zu den schönsten Lobpreisungen einer Pflanze zählenden Zeilen im Frühjahr 1823 niederschrieb, als ein Dekokt von Arnika ihm half, wieder ins Leben zurückzukehren. Der an Arterienverkalkung leidende Dichter hatte Ende Februar desselben Jahres seinen ersten Herzinfarkt erlitten. Ein „unsiegbarer Schmerz“ in der Brust drohte zum Ende des damals 73-Jährigen zu werden. Die Notfallmaßnahme der Ärzte, ein Aderlass mit Blutegeln, brachte keine Linderung. Erst der herzogliche Leibarzt Dr. Huschke hatte den rettenden Einfall, den Kranken über Tage mit Arnika zu behandeln. Goethe lebte daraufhin noch neun Jahre und erlitt seinen zweiten Infarkt erst 1832, für damalige Zeiten hochbetagt im Alter von 82 Jahren.

Signaturenlehre und Anthroposophische Medizin

Aus dem Wurzelstock der Arnika entwickelt sich eine vier- bis sechsblättrige, flache, grundständige Rosette mit länglichen Blättern in Form von zwei oder drei gegenständigen Blattpaaren, die sich flach über den Boden legen. Umso auffälliger ist das energische Aufsteigen des Blütenstängels mit einer kräftigen Blütenknospe. Der Stängel nimmt nur selten ein Blattpaar mit und steht meist frei. Arnika blüht um Johanni herum, im Juni und Juli. Wenn die Sonne am höchsten steht, entwickelt die Pflanze ihre kräftiggelben, strahlenden Blüten. Sinkt zum Spätsommer hin der Sonnenstand, entwickelt auch die Arnika ihr weiteres Leben nicht nach oben, zum Himmel hin, sondern nach unten in die Tiefe: Ihr Wurzelstock treibt waagerechte Ausläufer mit einer Knospe am Ende, aus der sich wieder eine Blattrosette entwickelt und im kommenden Jahr ein neuer Blütenspross. Der alte Spross stirbt bis auf den Boden ab, bleibt aber im Untergrund lebendig. Die Pflanze erhält sich ihr Leben – auch ihr altes.

Ein besonderes Augenmerk sollte man der Vorliebe der Arnika für ungedüngten, humosen, sandigen und kalkarmen Boden schenken. Sie meidet mineralhaltige Kalkböden und liebt umso mehr kieselige Standorte. Kunstdünger bekommt ihr überhaupt nicht; durch zu viel Kalk stirbt sie ab.

Der Kieselsäuregehalt von Arnica montana liefert den zentralen Schlüssel zum Verständnis ihrer Heilwirkung, und es waren nach Goethe insbesondere Rudolf Steiner und die Anthroposophische Medizin, welche den Wirkmechanismus dieser Pflanze im menschlichen Körper entdeckt und beschrieben haben: Kieselsäure besitzt eine intensive Beziehung zum Lichtstoffwechsel und zu den Formprozessen. „Im Organischen kann sie darum die Wege der Eiweißbildung vom Plastisch-Ungestalteten zur geprägten Form mitmachen, kann Träger und Werkzeug dieser Formkräfte sein. Sie trägt ihre Wirkungen durch die Stoffwechselwege bis in diejenigen Partien des Organismus, in denen das Lebendige zum Leblosen wird.“ (Pelikan). Das kieselige Formelement wirkt auf den Bereich der Bildekräfte – zusätzlich auch über den Weg der in ihren ätherischen Ölen enthaltenen Feuerprozesse. Man kann die Heilwirkungen der Arnika folgendermaßen zusammenfassen: Sie trägt Formbildeprozesse in das Stoffwechselgebiet hinein und aufbauende Stoffwechselprozesse in das Nervengebiet. Wo immer sich im Nervensystem Verfallstendenzen zeigen, wirkt Arnika über eine Anregung von Ich-Organisation und astralischer Organisation diesem Zerfallen entgegen bzw. leistet die Arbeit dieser beiden Organisationen, wenn sie zu schwach geworden sind. Das wird möglich, weil Kieselsäure in der Arnika in einer Form vorliegt, durch die sie eine Affinität zum menschlichen Nervensystem besitzt. Als Kieselsäure verarbeitende Pflanze lässt sich Arnika besonders stark von kosmischen Strahlungen ergreifen und lässt diese Lichtwirkungen auf Formbildeprozesse Einfluss nehmen, weshalb sie bis heute eine der wichtigsten Pflanzen zur Soforthilfe bei Verletzungen aller Art darstellt – von der ersten Hilfe bei Alltags- und Sportverletzungen, als naturheilkundliche Begleittherapie bei Operationen bis hin zum Adjuvans bei Apoplex und Herzinfarkt.

Arnika in der Medizingeschichte

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Pharmakologie und Indikationen

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Literatur
Ursel Bühring: Praxis-Lehrbuch der modernen Heilpflanzenkunde. Sonntag Verlag, Stuttgart 2005
Theodor Dingermann, Dieter Loew: Phytopharmakologie. Experimentelle und klinische Pharmakologie pflanzlicher Arzneimittel. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2003
Gerhard Madaus: Lehrbuch der biologischen Heilmittel. Band 3. Mediamed Verlag, Ravensburg 1987
Wilhelm Pelikan: Heilpflanzenkunde. Band I. Verlag am Goetheanum, Dornach 1999
Henning Schramm: Heilmittel der anthroposophischen Medizin. Elsevier bei Urban & Fischer, München 2009
Heinz-Hartmut Vogel: Wege der Heilmittelfindung. Band 1, Natur – Mensch – Medizin Verlags GmbH, Bad Boll 1994
Hildebert Wagner, Markus Wiesenauer: Phytotherapie. Phytopharmaka und pflanzliche Homöopathika. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2003
Max Wichtl: Teedrogen und Phytopharmaka. Ein Handbuch für die Praxis auf wissenschaftlicher Grundlage. WVG, Stuttgart 2002
Johann Wolfgang von Goethe: Werke. Hamburger Ausgabe. C. H. Beck´sche Verlagsbuchhandlung, München 1981

Anschrift der Verfasserin:
Margret Rupprecht
Heilpraktikerin und Medizinjournalistin
Hohensalzaer Str. 6a
81929 München

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Naturheilpraxis 9/2012