FACHFORUM

Wurmfarn

(Aspidium filix-mas L.) - Von der Signatur zur therapeutischen Anwendung

Margret Rupprecht

In der Pflanzenwelt finden sich Erscheinungsformen, bei denen nicht nur der geübte Botaniker, sondern sogar schon Kinder auf den ersten Blick wahrnehmen können, dass sie eine ungewöhnliche Ausstrahlung besitzen. Ginkgo ist ein typisches Beispiel dafür, aber auch der Ackerschachtelhalm. Es sind Pflanzen, die zu den ganz frühen Formierungen des Pflanzenreiches in der Erdgeschichte zählen. Zu ihnen gehört auch die Familie der Farne. Ihre reichste Entfaltung hatten sie im Erdaltertum. Abdrücke in Steinbrüchen oder Steinkohlelagern (Karbonzeitalter) zeugen von ihrer einstmals starken Verbreitung. Aus dieser Zeit rührt auch ihr starkes Bedürfnis nach Wasser und Schatten.


Der Farn braucht wasserreiche Standorte und eine hohe Luftfeuchte. Die heute noch lebenden Arten sind Zeugen einer lange vergangenen Welt, deren Luft von Wasserdunst erfüllt und noch wenig durchlässig für Sonnenlicht war. In neuerer Zeit ist die Insel Neuseeland ein wahres Farnparadies, wo man die schönsten und seltensten Arten findet, während man die Pflanze in trockenen, licht- und wärmeüberfluteten Landschaften vergeblich sucht.

Das „Urorgan alles Pflanzlichen“ (Pelikan), das grüne Blatt, ist bei den Farnen zum ersten Mal Hauptorgan, und zwar in einem Reichtum an Formbildung und Differenzierung, die einzigartig ist. Der Farn ist Blatt. Alles andere an ihm, vor allem der Stängel- und Blütenbereich, tritt in einer Weise zurück bzw. ist erdhistorisch gesehen noch so wenig entwickelt, dass der Farn fast zum Synonym einer reinen Blattpflanze geworden ist. Farne entwickeln rundliche, längliche, grasartig schmale, ganzrandige, gebuchtete, gewellte, gekerbte, vielfältig geteilte und einfach, doppelt oder dreifach gefiederte Blätter, so als wenn die in ihnen wohnende Pflanzenidee den Farn erwählt hätte, das „Phänomen Blatt“ in aller nur denkbaren Üppigkeit zu feiern. Mindestens ebenso interessant wie das voll entwickelte Farnblatt ist die Art seiner Entstehung: Zu Beginn steht eine zusammengerollte Spirale, die sich in der für den Farn ganz charakteristischen Art der Blattentrollung nach und nach öffnet und sich zur vollen Länge und Breite des erwachsenen Blattes entfaltet. Die spiralig gerollte Form des ganz jungen Blattes weckt beim Betrachter manche Assoziationen. Man denkt unwillkürlich an das Gehäuse einer Schnecke oder an einen zusammengeringelten Wurm.

Ungewöhnliche Vermehrung

Auf den ersten Blick lässt sich nicht erkennen, wie Farne sich eigentlich vermehren. Das gab ihnen in Antike und Mittelalter die Aura des Unheimlichen. Erst in der Neuzeit ließ sich das Geheimnis entschlüsseln: Farne brauchen für einen Lebenszyklus zwei Generationen. Kupferbraune, nur mit dem Mikroskop erkennbare kleine Sporen, die unter den erwachsenen Blättern in winzige Behälter eingeschlossen sind, werden durch einen speziellen Schleudermechanismus ins Freie befördert. Fallen sie auf feuchtes Erdreich, keimen kleine Fäden, die sich nach einiger Zeit zu einem Vorkeim von wenigen Zentimetern Größe weiterentwickeln. Dieser Vorkeim liegt flach auf der Erde und stirbt nach einer gewissen Zeit ab, doch haben sich in der Zwischenzeit auf seiner Unterseite weibliche und männliche Geschlechtsorgane entwickelt, in denen Ei- und Samenzellen für die Befruchtung heranreifen. Die Vorkeime sind gewissermaßen die zweite Generation und die erste, die sich geschlechtlich fortpflanzt, so dass aus ihr eine neue Pflanze entstehen kann.

Wurmfarne werden bis zu 1,40 m hoch. Ihre Blätter sind stark gefiedert, an der Oberseite dunkelgrün, an der Unterseite hellgrün. Die Blattspreite besteht aus 20 bis 35 Fiedern, die sich am Stängel abwechseln und ihrerseits wiederum tief fiederspaltig sind.

Antikes Wurmmittel

Rp.
Extract. Filicis mar. recent. 8.0
Sir. simpl. 20.0
D. S. morgens nüchtern in zwei Portionen zu nehmen

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Wurmfarn in der Anthroposophischen Medizin

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Literatur
(1) Wilhelm Pelikan: Heilpflanzenkunde II. Verlag am Goetheanum, Dornach 1999
(2) Roger Kalbermatten: Wesen und Signatur der Heilpflanzen. Die Gestalt als Schlüssel zur Heilkraft der Pflanzen. AT Verlag, Aarau 2002
(3) Roger Kalbermatten, Hildegard Kalbermatten: Pflanzliche Urtinkturen – Wesen und Anwendung. AT Verlag, Aarau 2005
(4) Gerhard Madaus: Lehrbuch der Biologischen Heilmittel. Band 6. Mediamed Verlag, Ravensburg 1989
(5) Marianne Beuchert: Symbolik der Pflanzen. Insel Verlag, Frankfurt 2004
(6) Rudolf Fritz Weiß: Lehrbuch der Phytotherapie. Hippokrates Verlag, Stuttgart 1991
(7) Der Neue Clarke. Eine Enzyklopädie für den homöopathischen Praktiker. Von Peter Vint. Band 2, Verlag Dr. Grohmann GmbH, Bielefeld 1996
(8) Henning Schramm: Heilmittel der anthroposophischen Medizin. Urban & Fischer bei Elsevier, München 2009
(9) Weleda Arzneimittel und ihre Wirkung. Therapiehandbuch für die Medizin. Weleda AG, Schwäbisch Gmünd 2009
(10) Dorone und andere spezifische Weleda Arzneimittel und ihre Vorbildfunktion für gesundheitsfördernde Prozesse. Weleda AG, Schwäbisch Gmünd 2010

Anschrift der Verfasserin:
Margret Rupprecht
Heilpraktikerin und Medizinjournalistin
Hohensalzaer Str. 6a
81929 München

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Naturheilpraxis 8/2012