Haut

Die Lärche (Larix decidua)

Baum des Jahres 2012

Bernd Hertling

Nachdem schon häufig medizinisch nutzbaren Bäumen die Ehre zuteilwurde, zum Baum des Jahres gekürt zu werden (Birke, Kiefer, Walnuss in den letzten Jahren), fiel die Wahl der zuständigen Jury für das Jahr 2012 auf die Lärche (Larix decidua L). Jeder kennt diesen eigenartigen, im Winter kahlen Nadelbaum, der uns im Herbst mit der intensiven Gelbfärbung seines „Laubes“ erfreut. Im Gegensatz zu den oben erwähnten Jahresbäumen, ist die medizinische Anwendung von Produkten der Lärche weniger bekannt und geläufig, so findet z.B. Lärchenterpentin in der Dermatologie Verwendung.


DBotanik:
Innerhalb der Systematik (Taxonomie) der Pflanzen gehört die Ordnung der Koniferen, also die zapfentragenden Pflanzen, in die Unterabteilung der Nacktsamer, der Gymnospermae. Nachdem die Lärche Zapfen trägt, können wir sie in diese Ordnung eingliedern. Spezieller wird es dann, wenn wir in Familien gliedern, wobei die Europäische Lärche (Larix decidua L.) als Angehörige einer weniger großen Familie, der Nadelhölzer (Pinaceae) verortet werden kann. Diese Familie setzt sich aus drei Unterfamilien, den Laricoideae (Lärche und Zeder) sowie den Tannenartigen (Abietoideae) und Kiefernartigen (Pinoideae) zusammen. Der Stamm der Lärche ist von einer dicken, braunrötlichen Borke umgeben und kann die enorme Höhe von bis zu 54 Metern erreichen. Bereits in einem Jahr kann die Lärche bis zu einem Meter wachsen, blüht nach zwölf bis fünfzehn Jahren und wird durchschnittliche dreihundert Jahre alt. Dabei überschreiten Einzelexemplare diese Werte bei weitem, Hegi spricht allerdings von maximal 600 Jahren! Der Stammdurchmesser in Brusthöhe kann 1,5 bis 2 Meter erreichen.

Wenn wir nun bei Hegi lesen, dass die Lärche sommergrün sei, stoßen wir auf die diesen Nadelbaum charakterisierende Besonderheit, da er, im Gegensatz zu den anderen, immergrünen Nadelhölzern, sein „Laub“ im Winter abwirft, nachdem es im Herbst sich verfärbt hat. Die Lärche ist somit der einzige europäische Nadelbaum, der sich über die kalte Jahreszeit rettet, indem er sein gesamtes Laub abwirft. Dieses wiederum bildet einen guten Humus. Man wundert sich ein wenig über diese Vorsichtsmaßnahme der Lärchen, haben sie doch in ihrem Holz einen extrem hohen Harzgehalt, der Sonnenkraft gespeichert hat und ihre dicke, borkige Rinde ist ähnlich undurchlässig für Wasser und Kälte, wie das der Birke. Hier ist ein Blick auf die Geschichte der Lärchen notwendig. Dieser majestätische Baum hat seine Urheimat in den Hochlagen der Alpen und erhebt sich als einziger aufrechter Baum in der Krummholzzone, welche die Baumgrenze bildet. Somit ist die Lärche den Kältereizen, vor allem den eisigen Winden der lebensfeindlichen Höhenlagen weitgehend schutzlos ausgeliefert, da sie nicht, wie die Krummhölzer schneebedeckt und somit relativ warm den Winter überdauern kann. Andererseits bietet sie ohne Laub den Winden sozusagen die Schmalseite, so dass sie selten Opfer von Windwurf wird.

Ist es in Herbst und Winter sehr leicht, sie zu bestimmen, fällt sie auch im begrünten Zustand zwischen anderen Nadelgehölzen durchaus auf. Ihre Hauptäste wachsen horizontal, lassen also den charakteristischen, pyramidenartigen Neigungswinkel der Tannen und Fichten vermissen, während die Nebenzweige hängenden Charakter haben. Die Nadeln wachsen aus derben knotigen Verdickungen, die spiralig den Ästen aufzusitzen scheinen in Form von Büscheln, so dass weite Teile vor allem der stärkeren Äste, kahl erscheinen. Die unterseitig gekielten und oberseits flachen Nadeln durchlaufen gemeinsam den Vegetationszyklus der gemäßigten Zonen, also Austreiben, Auswachsen, Verwelken, Abfallen im Laufe eines Sommers/Herbstes.

Ein besonders reizvolles Bild bietet sich, wenn im Frühjahr die neuen Nadelbüschel austreiben, die Assoziationen mit kleinen grünen Rasierpinseln zulassen. Sie sprießen zugleich mit dem Blühvorgang, sind jedoch zu diesem Zeitpunkt deutlich kleiner als die Blüten. Die den Blüten entsprechenden weiblichen und männlichen Geschlechtsorgane sind getrennt, jedoch an ein und demselben Baum untergebracht, so dass wir von einhäusigen Pflanzen sprechen. Wie in der Natur sonst nicht so häufig anzutreffen, imponieren vor allem die weiblichen Zapfen durch eine ansprechende optische Auffälligkeit. Sie stehen aufrecht und sind von rötlicher Farbe, während die männlichen gelblich-grün gefärbten, kleineren Zapfen hängend gebildet werden. Da sie durch den Wind bestäubt werden, eine sinnvolle Maßnahme. So kann der Pollen aus den hängenden Blüten leicht herausgeweht und mühelos in die kelchförmig auffangbereiten weiblichen Blüten transferiert werden. Häufig finden wir in der Natur, dass Blühen und Austreiben des Laubes zeitversetzt stattfinden, vor allem bei windbestäubten Species, damit das Laub nicht zum Hindernis für den Pollenflug wird. Selbst wenn die dünnen Lärchennadeln den Vorgang der Bestäubung nicht behindern würden, geht der Baum auf „Nummer Sicher“, und so treiben seine Nadeln erst aus, wenn die Blüten voll entwickelt sind.

In den 5 bis 10 cm großen, hart-derben Zapfen entwickeln sich geflügelte Samen, die alle im ersten Jahr, aber einzeln, ausfallen und mit dem Wind verbreitet (anemochore Verbreitung) werden.

Ökologie und Ökonomie

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Lärchenterpentin in der Dermatologie

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Andere Indikationen

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Lärchenharz in der Ophthalmologie

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Mythos und Brauchtum

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Name

Die Römer übernahmen, wie Genaust vorschlägt, den Baumnamen von den Kelten. Bei diesen hieß die Lärche darix. Bereits im Altlateinischen vollzog sich eine Lautumwandlung von ‚d‘ zu ‚l‘, so dass aus dem keltisch darix, larix wurde. Hegi wiederum sieht auch die Kelten als Namensgeber, doch sieht er im lateinischen larix eine Anlehnung an calix – icis, den Kelch, was vielleicht damit zu tun hat, dass Lärchenholz wasserabweisend, bzw. als Hohlform entsprechend wasserretenierend, ist. Jedenfalls konnte Linné bei der wissenschaftlichen Benennung auf den im Vulgärlatein schon gebräuchlichen Baumnamen Larix zurückgreifen. Das Epitheton decidua bedeutet laubabwerfend, laubwechselnd.

Das Lärchenterpentin wurde auch Venezianisches Terpentin genannt, da es die Handelsmacht Venedig in den Welthandel brachte.

Zur Botanik:
Hegi, Gustav: Illustrierte Flora von Mitteleuropa in XIII Bänden, Bd I, S. 94 ff. München 1906
Hecker, Ulrich: Bäume und Sträucher, BLV, München 1991
Aichele, D. et al; Blütenpflanzen Mitteleuropas in 5 Bänden, Bd 2 S. 48, Kosmos, Stuttgart 2004
Genaust, Helmut: Etymologisches Wörterbuch der Botanischen Pflanzennamen, Nikol Verlagsgesellschaft, Hamburg 2005

Literatur:
Karl, Josef: Neue Therapiekonzepte, Pflaum Verlag, München 1995
Bäumler, Siegfried: Heilpflanzenpraxis heute, Urban & Fischer, München und Jena 2007
Schilcher, H. et al: Leitfaden Phytotherpie, Urban & Fischer, München und Jena (3) 2007
Vademecum der Anthroposophischen Arzneimittel, Dornach 2008

Anschrift des Verfassers:
Bernd Hertling
Nettelkofenerstr. 1
85567 Grafing

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