FACHFORUM

Christoph Wilhelm Hufeland – Naturarzt und Forscher der Lebenskraft

Michael Biller

Wir haben nun Systeme genug gehabt, um zu wissen, dass in den Systemen der Schule die Heilkunst nicht liegt.1 In der Zeit der Aufklärung war die Medizin im einschneidenden Wandel begriffen. Wissenschaftlichkeit und Universitäten lösten Bader und Hebammen ab, es wurden die Grundsteine der sogenannten „Schulmedizin“ gelegt. Naturalismus, Wissenschaftlichkeit, Magnetismus und Spiritualität, all das in einem Deutschland, welches in viele Fürstenreiche und Kleinstaaten geteilt war. Ein Medizinsystem auf dem Weg von der Humoralpathologie hin zur zellulären Pathologie. Und hier, als einer der letzten Vertreter der klassischen Naturheilkunde, Begründer der Makrobiotik, Forscher der Lebenskraft, einer der großen herausragenden Ärzte und Volkserzieher, war Dr. Christoph Wilhelm Hufeland (12.8.1762 bis 25.8.1836). Seinem 250-jährigen Geburtsjubiläum sei dieser Artikel gewidmet. Voller Respekt und Dankbarkeit für die Medizin – seine Medizin.


Hufelands unermüdlicher Schreib- und Forschungsdrang hinterließ uns zahlreiche Lehrbücher, literarischer Hochgenuss, gelebte und geliebte Medizin, Gedichte und Ansichten, welche aktueller denn je erscheinen. Er war einer der ganz, ganz Großen. Bescheiden, unermüdlich und loyal, einer der uns als Vorbild in einer technokratisierten Medizinwelt dienen sollte. Viele kennen ihn nur durch seinen Namen wie durch das Hufelandverzeichnis, die Hufelandmedaille, etc. Hier soll etwas Abhilfe geschaffen werden und das interessante und abenteuerliche Leben des schreibenden Arztes kurz beleuchtet werden.

Geboren wurde Christoph Wilhelm Hufeland 1762 in Langensalza (Thüringen). Sein Vater war Arzt und Hofmedicus, etwas hypochondrisch veranlagt, aber bibeltreu. Seine Mutter war eine sanfte und die Kinder fromm erziehende Frau. Die ersten zwei Lebensjahre verbrachte Christoph in Langensalza.

1767 zog die Familie nach Weimar, wo sein Vater ein eigenes Haus kaufte, hier wurde Hufeland oft von seinem geliebten und humorvoll lehrenden Großvater besucht. Dieser starb leider bald, und nun wurde als Hauslehrer der kindlich verspielte Magister Senfting, eingesetzt. Nach einem Jahr wurde, ob der fehlenden Disziplin, ein neuer „Informator“, Herr Restel beschäftigt. Dieser hat viel zur Bildung des jungen Charakters beigetragen. Er blieb zehn strenge Jahre, mit klassischer Erziehung und lutherischer Bibeltreue. Der übliche Tagesablauf des Schülers Hufeland war: um 6 Uhr aufstehen, frühstücken, ankleiden, dann Schulvorbereitungen.

Um halb 9 Uhr zweites Frühstück, von 9 bis 12 Uhr Schule, dann Mittagessen bis 15 Uhr, nachmittags Bewegung im Garten oder Hause. Um 15 bis 17 Uhr Schule, Vesper, dann spazieren gehen oder Selbstbeschäftigung, um 19 Uhr Abendessen und Gesellschaft mit den Geschwistern, von 20 bis 21 Uhr dem Vater vorlesen, danach zum Hauslehrer, um zu lernen und lesen.

Hufeland durfte und musste viel auswendig lernen, vor allem Latein und Griechisch. Übersetzungen und Rückwärtsübersetzung, tägliche Bibelsprüche waren zu rezitieren. Als Pubertierender nannte er sich einen Stoiker. Er galt als nachgiebig, sanftmütig und mild, gehorsam gegen das Gesetz und der Pflicht. Er hatte eine Liebe zur Einsamkeit, zum Nachdenken und zur wissenschaftlichen Beschäftigung. Auf der anderen Seite war er oft mit seinem Vater bei den täglichen Hausbesuchen dabei und lernte so schon früh das ärztliche Handwerk. Seine Interessen: Mineralogie, Sammeln von Kupferstichen, Papparbeiten, Gartenarbeiten (hier vor allem das Entwickeln von Bewässerungssystemen für den Garten), er spielte gerne Komödien und Theater, zeichnete viel und veröffentlichte schon mit zwölf Jahren sein illustres „Angenehmes Wochenblatt“ für Freunde und Familie.

1776 zog der 27-jährige J. W. Goethe nach Weimar, dieser erschien dem jugendlichen Hufeland geistig und körperlich vollkommen und war ihm ein Vorbild.

1780 begannen für ihn die medizinisch akademischen Studien in Jena. Dort studierte er kurze Zeit, da er aber nach den Ansichten seines Vaters hier nur sehr wenig lernte, sandte ihn dieser 1781 nach Göttingen. Im Jahre 1782 starb seine geliebte Mutter an einem Schlaganfall.

1783 promovierte er am 24. Juli mit seiner Dissertation: „Medizinischer Nutzen der elektrischen Kraft beim Scheintod“.
Mit 21 Jahren übernahm er die väterliche Praxis in Weimar und somit auch den Dienst als Hofmedicus. Sein Vater war fast erblindet, an Herzklopfen, Schwindel und hypochondrischen Zügen erkrankt.Kurz vor seinem Tode veröffentlichte Hufeland noch sein epochales Werk “Enchiridon medicum, oder Anleitung zur medizinischen Praxis. Vermächtnis einer fünfzigjährigen Praxiserfahrung“.

Am Nachmittag des 25. August 1836 starb Christoph Wilhelm Hufeland im Alter von 74 Jahren an den Folgen einer Prostatahyperplasie.

„Willst leben froh und in die Läng´,
Leb´ in der Jugend hart und streng,
Genieße alles, doch mit Maß,
Und, was dir schlecht bekommt, das lass.“2

1 Hufeland, C.W.: Enchiridion medicum oder Anleitung zur medizinischen Praxis. Vermächtnis einer fünfzigjährigen Erfahrung. Vierte Auflage. Berlin: Jonas Verlagsbuchhandlung 1838. S. 77
2 Hufeland, C.W. : Aphorismen und Denksprüche. Mit einem Nachwort von Dr. Klaus Pfeiffer. Bad Langensalza: Verlag Rockstuhl 2009. S. 42

Literatur:
Brunn, Walter von: Hufeland - Leibarzt und Volkserzieher. Selbstbiographie von Christoph Wilhelm Hufeland, Stuttgart, Verlag Robert Lutz, Nachfolger Otto Schramm 1937
Müller, Ingo W.: Christoph Wilhelm Hufeland, Lehrbuch der allgemeinen Heilkunde (Jena 1818), Haug Verlag, Heidelberg,1993
Hufeland, C. W.: Die Homöopathie, G. Reimer, Berlin 1831
Hufeland, C. W.: Enchiridion medicum oder Anleitung zur medizinischen Praxis. Vermächtnis einer fünfzigjährigen Erfahrung. Vierte Auflage, Jonas Verlagsbuchhandlung, Berlin 1838

Anschrift des Verfassers:
Michael Biller
Heilpraktiker und Osteopath
Schlossergasse 8
82418 Murnau am Staffelsee
Tel. 08841 – 678415
Internet: www.naturheilpraxis-biller.de

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Naturheilpraxis 7/2012