Immunsystem

Thermoregulatorische Interventionen in der Behandlung von Übergewicht

Clemens Janssen, Kay-U. Hanusch

In unserer heutigen Wohlstandsgesellschaft in der Nahrungsenergie nahezu immer verfugbar ist scheint es nicht verwunderlich, dass Übergewicht und Adipositas stetig steigen. Bisweilen wurden zahlreiche Ernahrungs- und Bewegungsprogramme initiiert, die diesem Trend Einhalt gebieten sollen, jedoch gibt es kaum langfristige und nachhaltige Erfolge.(1)


Fachleute wie Betroffene suchen nach Alternativen Behandlungsmethoden. In den letzten Jahren konnte der Kaltanwendung mit dem Braunen Fettgewebe (BAT) als Zielorgan wissenschaftliche Evidenz zugesprochen werden.(2,3) Neben der Kälte-induzierten Aktivierung des BAT rücken nach und nach verschiedene Kräuter und Nährstoffe in den Fokus der Wissenschaft. Grüner Tee zum Beispiel hat in Asien eine lange Tradition und wurde mit einer „Fettauswaschenden“ Wirkung beschrieben.(4) Mittlerweile wurde der Effekt mit modernen wissenschaftlichen Methoden untersucht und beschrieben.(1,5) Neben Grünem Tee werden auch Koffein und Capsaicin in Tier-, wie auch humanen Untersuchungen nachhaltige Effekte zugesprochen.(5,6) Diese Substanzen wirken neuen Erkenntnissen zufolge auf BAT und somit auf die Thermoregulation ein. Das Erwärmen des Körpers in kalten Situationen ist einer der phylogenetisch ältesten Mechanismen und benötigt Energie. Dieser „Energieverbraucher“ scheint auf mehreren Ebenen ein interessantes Ziel beim Abbau von überflüssigen Pfunden zu sein. Unsere Literaturrecherche lässt in der Thermoregulation einen neuen Therapie- und Präventionsansatz vermuten.

Thermoregulation

Die Interaktion zwischen dem katecholaminen und endokrinen Systems, insbesondere über Serotonin und Noradrenalin(7) gewinnt zunehmend an Bedeutung in der Thermoregulation. In kalter Umgebung, bei Temperaturen unter 28°C im unbekleideten Zustand, öffnen sich Ionenkanäle in den Merkelzellen der Haut (TRPM8)(8) und projizieren ein afferentes Signal in den Hypothalamus.

Dieses Signal wird über den Locus coeruleus efferent über sympathisch cholinerge Neurone in das Rückenmark umgeschaltet. Im Rückenmark befinden sich Serotoninrezeptoren, die dieses Signal zur weiteren Verschaltung modulieren. Ein 5-HT1F Rezeptor ist hoch affin fur Serotonin und inhibiert die cholinerge spinale Weiterleitung.

Hingegen ein 5-HT2A Rezeptor, welcher deutlich weniger affin zu Serotonin ist, potenziert die cholinerge spinale Verschaltung.(9,10) Durch die Öffnung des Ionenkanals TRPM8 in der Haut wird der dorsale Raphe-Kern inhibiert und somit seine Serotoninabgabe reduziert.(11) Dies führt im Rückenmark zu einer Umschaltung des sympathisch cholinergen Signals auf sympathisch noradrenergen Neuronen. Diese initiieren über die a-Motonerone ein Muskelzittern, sowie an der peripheren Gefäßwand das Schließen der Anastomosen und eine Vasokonstriktion.(12,13) Des Weiteren erreicht die sympathisch noradrenerge Signalisierung das braune Fettgewebe (BAT) und aktiviert die Transkription von Dejodinase-Typ-2. Das Enzym potenziert die durch den Kältestress aktivierte T3 Freisetzung der Schilddrüse(14) durch Reduzierung von T4.(15) Das Schilddrüsenhormon T3 agiert im BAT als Transkriptionsfaktor für das transmembrane Protein Uncoupling-Protein-1 (UCP-1). Über UCP-1 wird nun die ATP-Synthese entkoppelt und die innere Körperheizung angestellt. Die Folge ist eine zunehmende Erhöhung der Körperkerntemperatur unter erheblicher energetischer Umsetzung (metabolische Aktivierung).

Kneipp´sche Kaltanwendung

Gleichzeitig erkannte Kneipp bereits damals, dass die steigende Raumtemperatur den Menschen schwächt.(16) Es war eher der Wohlstand, der damals zu Übergewicht neigte und oftmals wurde beschrieben, dass es an der reichhaltigeren Nahrungsverfügbarkeit dieser Gesellschaftsschicht lag. Unter Betrachtung der Thermoregulation und der Aktivität des BAT lässt sich jedoch neben der Nahrungshypothese auch die Thermohypothese aufstellen.

Grüner Tee

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Capsaicin

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Zusammenfassung – Diskussion

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Literatur:
1 Thielecke, F. and M. Boschmann, The potential role of green tea catechins in the prevention of the metabolic syndrome –-? a review. Phytochemistry, 2009. 70(1): p. 11-24.
2 Hanusch, K., et al., Kneipp´sche Kälteanwendung in der Behandlung von Übergewicht - von der Idee zur Evidenz. Swiss Journal of Integrative Medicine, 2011. 23(8): p. 214-217.
3 Hanauer, S.B., Keep your cool: burn calories. Nat Rev Gastroenterol Hepatol, 2009. 6(6): p. 315.
4 Wu, C.H., et al., Relationship among habitual tea consumption, percent body fat, and body fat distribution. Obes Res, 2003. 11(9): p. 1088-95.
5 Belza, A., E. Frandsen, and J. Kondrup, Body fat loss achieved by stimulation of thermogenesis by a combination of bioactive food ingredients: a placebo-controlled, double-blind 8-week intervention in obese subjects. International journal of obesity, 2007. 31(1): p. 121-30.
6 Oi, Y., et al., Garlic supplementation increases testicular testosterone and decreases plasma corticosterone in rats fed a high protein diet. J Nutr, 2001. 131(8): p. 2150- 6.
7 Kriegebaum, C., et al., (Serotonin now: Part 1. Neurobiology and developmental genetics). Fortschritte der Neurologie-Psychiatrie, 2010. 78(6): p. 319-31.
8 Patapoutian, A., et al., ThermoTRP channels and beyond: mechanisms of temperature sensation. Nature reviews. Neuroscience, 2003. 4(7): p. 529-39.
9 Kriegebaum, C., et al., (Serotonin now: Part 2. Behavioral genetics and psychopathology). Fortschritte der Neurologie-Psychiatrie, 2010. 78(6): p. 332- 42.
10 Fink, K.B. and M. Gothert, 5-HT receptor regulation of neurotransmitter release. Pharmacol Rev, 2007. 59(4): p. 360-417.
11 Südhof, T.C., S. Boehm, and K. Starke, Pharmacology of neurotransmitter release 2008: Springer.
12 Klinke, R. and C. Bauer, Physiologie 2005: Thieme.
13 Vaupel, T., Vegetative Physiologie 2005: Springer.
14 Melmed, S., The pituitary2010: ACADEMIC PRESS.
15 Cannon, B. and J. Nedergaard, Brown adipose tissue: function and physiological significance. Physiol Rev, 2004. 84(1): p. 277-359.
16 Kneipp, S., So sollt ihr leben! Winke und Ratschläge für Gesunde und Kranke zu einer einfachen, vernünftigen Lebensweise. Kosel´sche Buchhandl, 1889: p. 20.
17 Klingenspor, M., Cold-induced recruitment of brown adipose tissue thermogenesis. Exp Physiol, 2003. 88(1): p. 141-8.
18 Lidell, M.E. and S. Enerback, Brown adipose tissue--a new role in humans? Nat Rev Endocrinol, 2010. 6(6): p. 319-25.
19 Saito, M., et al., High incidence of metabolically active brown adipose tissue in healthy adult humans: effects of cold exposure and adiposity. Diabetes, 2009. 58(7): p. 1526-31.
20 Sheldahl, L.M., et al., Effects of exercise in cool water on body weight loss. Int J Obes, 1982. 6(1): p. 29-42.
21 Virtanen, K.A., et al., Functional brown adipose tissue in healthy adults. N Engl J Med, 2009. 360(15): p. 1518-25.
22 Venables, M.C., et al., Green tea extract ingestion, fat oxidation, and glucose tolerance in healthy humans. Am J Clin Nutr, 2008. 87(3): p. 778-84.
23 Celi, F.S., Brown adipose tissue--when it pays to be inefficient. N Engl J Med, 2009. 360(15): p. 1553-6.
24 Ota, N. and S. Soga, Effects of Combination of Regular Exercise and Tea Catechins Intake on Energy Expenditure in Humans. J Health Sci 2005. 51(2): p. 233-236.

Anschrift der Verfasser:
Clemens Janssen, MSc.
Physiotherapeut
klinische Psycho-Neuro-Immunologie
Doktorand University of Arizona
Norton School of Family and Consumer Sciences
1501 N Campbell Ave, Tuscon, AZ 85724
E-Mail: janssen@email.arizona.edu
Kay-U. Hanusch
Dipl.-Physiotherapeut MSc. i.A.
klinische Psycho-Neuro-Immunologie
Aeskulap Klinik Brunnen
Leitung Physiotherapie
E-Mail: kay.hanusch@aesculap.com


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Naturheilpraxis 6/2012