FACHFORUM

TEN ein eigenständiges Medizinsystem

Friedemann Garvelmann

Naturheilkunde ist Heilkunst nach den Gesetzen und mit den Mitteln der Natur. Sie definiert sich weniger durch ihre Methoden, als durch die zugrunde liegende Denkweise“ (Friedemann Garvelmann) – Basierend auf diesem Grundsatz verstehen alle traditionellen Medizinsysteme den Menschen als untrennbaren Teil der Gesamtnatur. Das bedeutet einerseits, dass alle stofflichen Elemente der Natur im menschlichen Organismus präsent sind. In logischer Konsequenz heißt das aber auch, dass die Gesetze natürlicher Funktions- und Regulationsprozesse als energetisch-informative Prinzipien für und in ihm Gültigkeit haben. Dies ist auch eine der essentiellen Grundlagen der Traditionellen Europäischen Naturheilkunde TEN, die derzeit im deutschsprachigen Raum eine Renaissance erlebt.


Hufeland, der große naturheilkundliche Arzt des frühen 19. Jahrhunderts sah die Organe des Körpers als „Werkzeuge der Lebenskraft“, die dazu dienen, ihre spezifischen Funktionen für den Gesamtorganismus zu erfüllen. Diese Erkenntnis stellt die Bedeutung der Funktionalität der Organe und Gewebe in den Vordergrund – nicht deren stofflichen (histologischen) Zustand. Darin liegt auch einer der entscheidenden Unterschiede zwischen der TEN und der heutigen Schulmedizin: Das Denk- und Arbeitsmodell der TEN ist funktionsorientiert, während die Schulmedizin strukturorientiert arbeitet. Hieraus folgt, dass nicht nur das grundsätzliche Verständnis von Gesundheit und Krankheit sehr unterschiedlich ist, sondern dass auch die Diagnostik kompatibel zum angewendeten Medizinsystem erfolgen muss. Damit wird offensichtlich, dass eine schulmedizinische Diagnose (repräsentiert durch einen Krankheitsnamen) keine Basis für ein naturheilkundliches Therapiekonzept sein kann – und umgekehrt. Die Grundlage der TEN ist die hippokratische bzw. galenistische Heilkunde, die in ständigem Wandel über 2000 Jahre Basis der gesamten Medizin war und erst Mitte des 19. Jahrhunderts durch die Virchow’sche Zellularpathologie ersetzt wurde. Genau zu diesem Zeitpunkt erfolgte die Unterscheidung zwischen der universitär gelehrten ‘Schulmedizin’ und dem heterogenen Spektrum der ‘Alternativmedizin’, zu dem auch die TEN gehört. Damit versteht sich die heutige TEN nicht als historisch überholt, sondern als sich lebendig weiterentwickelndes Medizinsystem – in Kongruenz zu seinen wissenschaftlichen und philosophischen Wurzeln.

Die folgende Grafik (siehe Naturheilpraxis 6/2012) stellt das Denk- und Arbeitsmodell der TEN in Form konzentrischer Schichten oder Ebenen dar, in deren Zentrum der Mensch als Teil der Natur steht.

In der darauf folgenden Prinzipienlehre werden die natürlichen Gesetzmäßigkeiten erfasst, die den physiologischen bzw. pathophysiologischen Vorgängen im Menschen zugrunde liegen. Die Prinzipienlehre ist damit das charakterisierende und strukturierende Fundament der TEN. Man unterscheidet zwischen qualitativen Prinzipien (z. B. energetisches / stoffliches Prinzip, hyperkinetisches / hypokinetisches Prinzip, Wärme- / Kälteprinzip, Sulphur-/ Mercurius-/ Sal-Prinzip, humorale Prinzipien...) und quantitativen Prinzipien (z. B. Dualität, vier Elemente, sieben Wochentage, zwölf Stunden / Monate...) Die Prinzipienlehre ist auch Basis aller weiteren Schichten des Modells, die in der unten stehenden Abbildung weiter präzisiert werden. Die im Folgenden beschriebenen Grundelemente der TEN beinhalten verschiedene Denk- und Arbeitsmodelle, die wiederum Basis sowohl der Diagnostik als auch der Therapie bzw. Prophylaxe sind.

Elementenlehre: Die eingangs erwähnten Elemente Luft, Wasser, Feuer und Erde repräsentieren die Elementarqualitäten ‘Wärme’ und ‘Feuchtigkeit’ bzw. deren Polaritäten mit definierten Zuordnungen:

Luft: warm und feucht
Wasser: kalt und feucht
Feuer: warm und trocken
Erde: kalt und trocken

Die Elemente wiederum werden im menschlichen Organismus durch die vier Kardinalsäfte der Humoralmedizin repräsentiert:

Sanguis (Blut): warm und feucht
Phlegma (Schleim): kalt und feucht
Cholera (gelbe Galle): warm und trocken
Melancholera (schwarze Galle); kalt und trocken

Dabei dürfen die Kardinalsäfte keinesfalls als physische Körperflüssigkeiten gesehen werden, sondern als spezifische Wirkprinzipien entsprechend ihren Qualitäten.

Gesundheits-, Krankheits- und Heilungsprinzipien

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Um das Werk der Öffentlichkeit vorzustellen findet folgende Präsentationen mit den Autor/innen statt:
Dienstag, 05. Juni 2012, 19.00 Uhr in der Akademie für Naturheilkunde, Eulerhof 55, CH-4051 Basel, www.anhk.ch

Anschrift des Verfassers:
Friedemann Garvelmann, Heilpraktiker
Hauptstr. 8
79790 Küssaberg-Kadelburg
E-Mail: f.garvelmann@rhizoma.de

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Naturheilpraxis 6/2012