Fruchtbarkeit und Kinderwunsch

Bryophyllum (Kalanchoe pinnata)

Von der Signatur zur therapeutischen Anwendung

Margret Rupprecht

Was erst still gekeimt in Sachsen, soll am Maine freudig wachsen; flach auf guten Grund gelegt, merke wie es Wurzeln schlägt!- Außer der Rose gibt es wohl wenige Pflanzen, die in der deutschen Literatur derart eindrückliche Spuren hinterlassen haben wie Bryophyllum. Goethe schrieb diese Zeilen 1826 in einem Brief nach Frankfurt an die von ihm verehrte Marianne von Willemer und legte einige Bryophyllum-Blätter aus seinem Garten dazu. Subtil ist in dieser Geste die erotische Anspielung auf die besondere Art der gemeinsamen „Fruchtbarkeit“ gegenüber der 35 Jahre jüngeren, verheirateten Frau. Sie war Goethes späte große Liebe und überdies seine einzige Mitautorin, denn einige Zeilen aus seinem West-östlichen Divan stammen aus Mariannes Feder. Doch nicht nur im Brief an die verehrte Freundin, auch in der „Geschichte meines botanischen Studiums“ geht Goethe ausführlich auf Bryophyllum ein. Ihn fasziniert an dieser Pflanze ihre Möglichkeit der vegetativen Vermehrung durch ein einziges Blatt, aus dem sich rasch zahlreiche neue kleine Pflänzchen entwickeln.


Vom Forschen zum Erleben

Das Leitmotiv seiner botanischen Forschungen formuliert Goethe in seiner 1790 erschienenen Abhandlung zur Pflanzenmetamorphose gleich in der Einleitung: … dass gewisse äußere Teile der Pflanze sich manchmal verwandeln und in die Gestalt der nächstliegenden Teile bald ganz, bald mehr oder weniger übergehen. Es sind die Gesetze der Umwandlung, die ihn interessieren, nach denen ein Teil das andere hervorbringt und die verschiedensten Gestalten sich als Modifikation eines einzigen Organs darstellen. Dieses Organ ist für Goethe das Blatt, das gerade bei Bryophyllum eine so zentrale Rolle spielt.

Die Entdeckung der sinnlichen Welt ereignete sich in Goethes Leben, als er vor seiner unerfüllbaren Liebe zu Charlotte von Stein die Flucht ergriff und sich auf seine erste italienische Reise begab. Die Fülle und Üppigkeit der mediterranen Flora hinterließ einen tiefen Eindruck auf ihn. Zwar befasste er sich schon seit seinen ersten Weimarer Jahren mit Botanik, doch erst in Italien füllte sich sein zuvor primär naturwissenschaftliches Interesse an der Pflanze mit Begeisterung und tiefem Gefühl für das, was er sah. 1787 schrieb er darüber an Herder in Weimar: „Ferner muss ich Dir vertrauen, dass ich dem Geheimnis der Pflanzenzeugung und -organisation ganz nahe bin und dass es das einfachste ist, was nur gedacht werden kann… Die Urpflanze wird das wunderlichste Geschöpf von der Welt, um welches mich die Natur selbst beneiden soll. Mit diesem Modell und dem Schlüssel dazu kann man alsdann noch Pflanzen ins Unendliche erfinden, die konsequent sein müssen, das heißt, die wenn sie auch nicht existieren, doch existieren könnten und nicht etwa malerische oder dichterische Schatten und Scheine sind, sondern eine innerliche Wahrheit und Notwendigkeit haben.“

Immer neue alte Form

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Bryophyllum in der Anthroposophischen Medizin

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Geschichte und Pharmakologie

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Literatur
Johann Wolfgang Goethe: Sämtliche Werke nach Epochen seines Schaffens. Münchner Ausgabe, hrsg. von Karl Richter. Band 12: Morphologische Schriften: Die Geschichte meines botanischen Studiums. Die Metamorphose der Pflanzen.
Johann Wolfgang Goethe: Glückliches Ereignis (1817), Erste Bekanntschaft mit Schiller (1830). Berliner Ausgabe, Band 16
Richard Friedenthal: Goethe. Sein Leben und seine Zeit. Piper, München 1984
Rudolf Steiner: Geisteswissenschaftliche Grundlagen zum Gedeihen der Landwirtschaft. Landwirtschaftlicher Kurs. Rudolf Steiner Taschenbücher aus dem Gesamtwerk. Rudolf Steiner Verlag, 1985
Rudolf Steiner: Die Erziehung des Kindes vom Gesichtspunkte der Geisteswissenschaft. Verlag Emil Weises Buchhandlung, Dresden 1940
Johanna Hoffmann: Charlotte von Stein – Goethe und ich werden niemals Freunde. Verlag der Nation. Berlin 1988
Dorothea Kuhn: Goethe und die Chemie. In: Typus und Metamorphose. Goethe-Studien, Marbach 1988
Volker Fintelmann: Intuitive Medizin – Anthroposophische Medizin in der Praxis. Hippokrates Verlag in Medizinverlage Stuttgart, 2007
Henning Schramm: Heilmittel der anthroposophischen Medizin. Elsevier bei Urban & Fischer, München 2009
Wilhelm Pelikan: Heilpflanzenkunde. Band II, Verlag am Goetheanum, Dornach 1999
Heinz-Hartmut Vogel: Wege der Heilmittelfindung. Band 1. Natur – Mensch – Medizin – Verlags GmbH, Bad Boll 1994

Anschrift der Verfasserin:
Margret Rupprecht
Heilpraktikerin und Medizinjournalistin
Hohensalzaer Str. 6a
81929 München

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Naturheilpraxis 04/2012