Phytotherapie

Urtica dioica – Die große Brennnessel

Das „brennende“ Frühjahrskraut

Claudia Ritter

Fast jeder hat mit der Brennnessel oder auch Donnernessel genannt schon einmal Bekanntschaft gemacht. Sie hüllt sich in einen Mantel aus lauter kleinen, glasartigen Brennhaaren. Berührt man sie, dann sticht, beißt und brennt sie; es kommt zu Juckreiz, Rötung und Quaddelbildung. Urtica dioica, der lateinische Gattungsname, bedeutet genau das: „Die Brennende“. Bei der leichtesten Berührung bricht die kugelförmige Spitze ab und spritzt durch die entstehende scharfkantige Kanüle schlangen- und bienengiftartige Toxalbumine sowie Histamine und Ameisensäure unter die Haut.


Ebenso wie die Erde sich im Frühjahr verjüngt und alles wieder in flüssige Bewegung bringt, sollte auch der Mensch mit Hilfe der grünen Vegetation seine Säfte in Bewegung bringen. Die im frühesten Frühjahr hervorsprießenden Nesseltriebe waren stets Teil, mit denen sich die Menschen erneut mit den Lebenskräften der erwachenden Vegetation verbanden. Noch bis zu diesem Jahrhundert waren „Blutreinigungskuren“ mittels Kräutern beim Landvolk gang und gäbe. Wir wissen inzwischen, dass Skorbut, dessen Symptome bleierne Müdigkeit, Gaumenbluten, Hautverfärbung und Gliederschmerzen sind, nichts weiter als die Folge von Vitamin C-Mangel ist. Südfrüchte, Multivitaminpillen und Solarien machen eine Frühjahrskur nicht überflüssig. Das Gewächshausgemüse und die Vitaminpillen verhindern zwar ein Ausbrechen akuter skorbutischer Symptome, aber die Vitalität und Kraft, die das frische Grün verleiht, besitzen sie dennoch nicht.

Der bedeutendste englische Heilkräuterkundige Nicholas Culpeper (1616-1654) schrieb: „Da die Nesseln wärmend und trocknend sind, werden Nesselspitzen im Frühling von Leuten gegessen, bei denen überflüssiges Phlegma nach Kälte und Feuchtigkeit des Winters zurückgeblieben ist“. Und der Frankfurter Arzt und Verfasser des „Struwwelpeter“, Dr. Heinrich Hoffmann, schrieb vor circa 150 Jahren folgendes Gedicht:

„Brennessel, verkanntes Kräutlein, Dich muß ich preisen,
Dein herrlich Grün in bester Form baut Eisen,
Kalk, Kali, Phosphor, alle hohen Werte,
Entsprießend aus dem Schoß der Mutter Erde,
Nach ihnen nur brauchst Du Dich hinzubücken,
Die Sprossen für des Leibes Wohl zu pflücken,
Als Saft, Gemüse oder Tee sie zu genießen,
Das, was umsonst gedeiht in Wald, auf Pfad und Wiesen,
Selbst in noch dürft´ger Großstadt nahe Dir am Wegesrande,
Nimms hin, was rein und unverfälscht die gütige Natur
Dir heilsam liebend schenkt auf ihrer Segensspur!“

Verbreitung und Botanik

Die Brennnessel ist eine ausdauernde Pflanze, die in ganz Europa verbreitet ist und sich überall dort ansiedelt, wo man sie lässt. Sie besiedelt übersäuerte, mit Stickstoff überdüngte Böden und man trifft sie häufig an Wald- und Wegrändern, Deponien, mit Alteisen beladenen Schutthalden und Brachland an und erfüllt damit eine wichtige Funktion im biologischen Gleichgewicht. Aus dem Boden wird sowohl Eisen und Stickstoff aufgenommen, der in Eiweiß umgewandelt wird, was sie zu einer wertvollen Heil-, Nahrungs- und Futterpflanze macht.

Die bis zu 1,2 m hohe mehrjährige Pflanze mit den grünen Blättern gehört zur Familie der Nesselgewächse (Urticaceae). Die Blätter sind gegenständig, oval bis lanzettähnlich mit stark gesägtem Blattrand. Die sehr kleinen, grünlichen männlichen und weiblichen Blüten sind auf verschiedenen Pflanzen anzutreffen. Medizinisch werden sowohl die Blätter (Urticae folii/herba), als auch die Wurzel (Urticae radix) verwendet.

Nährstoffgehalt und Inhaltsstoffe

Die Brennnesselblätter enthalten viele wertvolle Nährstoffe, besonders viel Eiweiß (7%) und Mineralstoffe wie Kalium (ca. 2%), Magnesium, Kalzium, Kupfer, Phosphor, Eisen, Silizium (0,9 – 1,8%) und Chlorophyll. Die Blätter enthalten zudem viel Vitamin C (333 mg pro 100 g) und Vitamin A (742 mg). Weitere Inhaltsstoffe der Sprossteile sind Flavonoide, wie das antioxidativ wirkende Querectin und Kämpferol. Die Brennhaare enthalten kleine Mengen an Aminen, wie Histamin, Cholin, Acetylcholin, Serotonin und Ameisensäure. Die Wurzel enthält Lectine, Phytosterine (v.a. Stigmasterin) und Phenole.

Wesen und Signatur

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Anwendungsgebiete

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Sonstige Verwendung

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Dosierung und Rezepte

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Anwendungsbeschränkungen

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Literatur:
Chevallier Andrew: Das große Lexikon der Heilpflanzen, Dorling Kindersley London, 2001
Gurtner Markus: Gesund durch Heilkräuter, Gondrom Verlag Bayreuth, 1980
Kalbermatten Roger: Wesen und Signatur der Heilpflanzen, AT Verlag, 2010
Lange-Ernst Maria E.; Ernst Sebastian: Lexikon der Heilpflanzen, Honos Verlag Bergisch Gladbach, 1997
Ross Jeremy: Westliche Heilpflanzen und Chinesische Medizin – Eine klinische Materia Medica, Verlag für Ganzheitliche Medizin Bad Kötzting, 2009
Storl Wolf-Dieter: Heilkräuter und Zauberpflanzen zwischen Haustür und Gartentor, Knaur, 2007
van Wyk Ben-Erik: Handbuch der Nahrungspflanzen, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart, 2005

Anschrift der Verfasserin:
Claudia Ritter
Heilpraktikerin
Im Obstgarten 12b
92637 Weiden
Internet: www.heilpraktikerin-ritter-claudia.de

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Naturheilpraxis 03/2012