Phytotherapie

Süßes für Herz und Hirn

Martina Schneider

Medizin, die schmeckt und ein gesundes Vergnügen ist, gibt es auch – vorausgesetzt, die Dosis stimmt. Bitterschokolade, die mindestens 80, besser 90 Prozent Kakao enthält, ist so eine Medizin, allerdings nur, wenn täglich nicht mehr als 40 Gramm = 2 bis 3 Stückchen gelutscht werden.


Echte Schokolade ist ein Heilgewürz, seit die Azteken chocolatl entdeckt haben, das aus den bohnenförmigen Samen des Kakaobaumes gewonnen wird. Theobroma cacao wächst gerne am Amazonas und am Orinoko und kann stolze zehn Meter hoch werden. Die Früchte des Baumes reifen in bis zu acht Monaten, ehe sie geerntet werden. Arbeiter lösen die roséfarbenen Samen aus dem Fruchtfleisch heraus, schichten sie auf Haufen, wo sie gären: Langsam bildet sich das Aroma heraus. Nach etwa einer Woche werden die Bohnen gewaschen und getrocknet, dann geröstet und gemahlen – der nun entstandene zähflüssige Brei, die Kakaomasse, ist das Original der Schokolade. Die Azteken nutzten chocolatl ab und an gegen Schmerzen, jedoch meistens, um groß und vor allem stark zu werden: Allein Aztekenführer Moctezuma soll jeden Tag 50 Krüge chocolatl getrunken haben.

Im 16. Jahrhundert brachten die Spanier Kakaobohnen nach Europa, im 17. Jahrhundert genossen nur reiche Familien Kakaogetränke und Schokoladen-Desserts, da die Einfuhr von Kakaobohnen mit enorm hohen Zöllen belegt war. 1828 entwickelte der Holländer Coenraad van Houten ein Verfahren, mit dem die Kakaobutter aus der Kakaomasse entfernt wurde, so dass sich die Kakaoteilchen besser in Flüssigkeit verteilten.

Sobald etwas gut schmeckt, genießen es mehr und mehr Menschen, von denen viele bald feststellten: Kakao hat nicht nur einen hohen Nährwert, er wirkt auch anregend dank des Theobromins, einer Coffein ähnlichen Substanz, kräftigend, bei moderatem Verbrauch Gefäß schützend und Herz stärkend, hilft gegen Schmerzen und bei Durchfall, sogar beim Abnehmen, wenn der Kakaogehalt hoch und der Genuss richtig dosiert ist. Überdies hebt er die Stimmung, weil er Endorphine im Gehirn freisetzt.

Liebhaber von Bitterschokolade haben weniger kardiovaskuläre Erkrankungen und Schlaganfälle. Mit diesen Ergebnissen einer Metaanalyse haben britische Forscher vor ein paar Monaten erneut die gesunden Eigenschaften der beliebten Süßigkeit hervorgehoben.

Demnach haben Menschen, die viele Kakaoprodukte naschen, ein um 37 Prozent niedrigeres Risiko für Herzinfarkt oder andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen als diejenigen mit einem sehr niedrigen Konsum. Das Risiko für einen Schlaganfall liege bei den Schokoladen-Liebhabern um 29 Prozent niedriger, berichtet das Team um Dr. Oscar Franco von der Universität von Cambridge. Vor hemmungslosem Naschen warnen die Forscher aber dennoch.1

Für die in Paris beim Europäischen Kardiologenkongress vorgestellte Studie werteten die Wissenschaftler die Daten von sieben Untersuchungen mit mehr als 114.000 Teilnehmern aus.

Diese Arbeiten hatten unter anderem Hinweise darauf geliefert, dass das in Kakao enthaltene Flavonol gesundheitsfördernd sein könnte.

Flavonoide sind eine Gruppe von Pflanzenfarbstoffen, die in Früchten und Gemüse, in Rotwein und Tee vorkommen. Sie binden sehr reaktionsfreudige, zellschädigende Stoffe, die sogenannten freien Radikale. „Weitere Studien sind notwendig, um den potenziell positiven Effekt des Schokoladen-Konsums eindeutig zu bestätigen“, sagt Franco. Denn nicht untersucht wurde beispielsweise, ob der Effekt nur bei bestimmten Schokoladensorten auftritt.

„Exzessiver Konsum wird wahrscheinlich zu einer Gewichtszunahme führen“, schreiben die Wissenschaftler, „und Übergewicht ist wiederum ein Risikofaktor für Bluthochdruck, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.“

„Der gute Geist in Schokolade und Kakao sind die Pflanzenstoffe Flavonoide. Sie weiten die Blutgefäße, was den Blutdruck senkt“, schreibt Ried.

Anmerkungen:
1 Franco et al.: Chocolate consumption and cardiometabolic disorders, British Medical Journals (BMJ) 2011; 343 doi: 10.1136/bmj.d4488
2 Crozier, Preston et al.: Cacao seeds are a „Super Fruit“: A comparative analysis of various fruit powders and products, Chemistry Central Journal 2011, 5:5 doi:10.1186/1752-153X-5-5
3 Janszky, Mukamal et al.: Chocolate consumption and mortality following a first acute myocardial infarction: the Stockholm Heart Epidemiology Program, Journal of Internal Medicine 2009 doi: 10.1111/j.1365-2796.2009.02088.x
4 L Jia et al.: Short-term effect of cocoa product consumption on lipide profile: A meta-analysis of randomized controlled trials, American Journal of Clinical Nutrition 2010; doi:10.3945/ajcn.2009.28202
5 Ried, Sullivan et al.: Does chocolate reduce blood pressure? A meta-analysis, BMC Medicine 2010 doi:10.1186/1741-7015-8-39
6 Triche, Grosso et al.: Chocolate Consumption in Pregnancy and Reduced Likelihood of Preeclampsia, Epidemiology 2008 doi: 10.1097/EDE.0b013e31816ald17

Anschrift der Verfasserin:
Martina Schneider
Am Sahrbach 3
53505 Kreuzberg/Ahr

weiter ... (für Abonnenten der Naturheilpraxis)


Zum Inhaltsverzeichnis

Naturheilpraxis 03/2012