FACHFORUM

Die Bedeutung der Keimblattlehre für die Naturheilpraxis

Werner Hemm und Stefan Mair

Das naturheilkundliche Denken orientiert sich zu allen Zeiten deduktiv an den Beobachtungen der natürlichen Vorgänge der Außen- und Innenwelt des menschlichen Organismus. Daraus ergibt sich a priori die Notwendigkeit, alle Positionen und Wirkbereiche in einer „vernetzten Welt“ zu betrachten. Die Keimblattlehre liefert dafür die physiologische Grundlage.


Aus dieser Betrachtungsweise ergeben sich eine Reihe von konsensuellen organischen Zusammenhängen im Hinblick auf Physiologie und Pathologie:

Verbindung zwischen
  • Nerven und Nieren
  • Atemwegen und Verdauungsorganen
  • Atemwegen und Urogenitaltrakt
  • Abdominaldrüsen und Kopf/Nerven
  • Haut, Nerven und Nieren
  • Haut, Schleimhäuten und serösen Häuten
  • Sinnesorganen und Organen mit epithelialem Funktionsgewebe
  • Herz und Gefäßsystem als Sitz der Irritabilität mit anderen Organsystemen, besonders der Abdominalorgane

In der naturheilkundlichen Praxis sind diese physiopathologischen Verbindungen sehr wohl bekannt, und wir orientieren uns in der Regel an solchen Vernetzungen. Die konkrete Grundlage dazu finden wir in der frühen Embryonalentwicklung, insbesondere in der Bildung und Aus-Differenzierung der Keimblätter, aus denen letztlich alle Organsysteme gebildet werden.

Die drei Keimblätter entstehen in der zweiten bis dritten Woche nach der Befruchtung. Man unterscheidet ein äußeres (Ektoderm), mittleres (Mesoderm) und inneres Keimblatt (Entoderm).

Aus dem Ektoderm entstehen jene Organe, die letztlich direkten Kontakt mit der Außenwelt bekommen. Hierzu gehören die Haut, Sinnesorgane und das die zentrale Organisation darstellende Nervensystem. Diese zentrale Organisation ist in den frühen Entwicklungsstadien des Embryos durch Primitivknoten, Primitivrinne und später durch die Chorda dorsalis bereits vorgegeben (siehe Tabelle).

Ektoderm Entoderm Mesoderm
Epithel der Haut mit Hautanhangsgebilden
Anfangs- und Endteil
des Magen-Darm-Kanals
Gesamtes Nervensystem
Sinnesepithel von Ohr, Nase und Augen
Zahnschmelz
Milchdrüsen
Hypophyse
Epithel des Darmrohrs
Vom Darmepithel ausgestülpte Drüsen
(Schilddrüse, Nebenschilddrüse,
Thymus, Leber, Pankreas)
Tonsillen
Epithel der Atmungsorgane
des Kehlkopfes
der Harnblase
der Harnröhre und des Mittelohrs
Bindegewebe
Knorpel und Knochen
Quergestreifte und glatte Muskulatur
Blut- und Lymphgefäße
Herz, Nieren
Keimdrüsen und Epithelien der Ausführungsgänge
Nebennierenrinde
Milz
Blut- und Lymphzellen
Tabelle: Gewebe und Organe aus den drei Keimblättern


Aus dem Entoderm entstehen jene Organe, die sich im Inneren des Körpers befinden und deren epitheliale Auskleidung bilden. Hierzu gehören das Verdauungsepithel, dessen Drüsensystem als assimilatorisches Element und Anteile des Urogenitalsystems.

Verbindung zwischen Atemwegen und Verdauungsorganen

...

Verbindung zwischen Atemwegen und Urogenitaltrakt

...

Verbindung zwischen Abdominaldrüsen und Kopf/Nerven

...

Verbindung zwischen Haut, Nerven und Nieren

...

Verbindung zwischen Haut, Schleimhäuten und serösen Häuten

...

Verbindung zwischen Sinnesorganen und Organen mit epithelialem Funktionsgewebe

...

Verbindung zwischen Herz und Gefäßsystem als Sitz der Irritabilität mit anderen Organsystemen, besonders der Abdominalorgane

...

In dieser Zusammenstellung versuchen wir, die Folgen aus der Keimblattlehre für die tägliche Arbeit in der Praxis wieder etwas bewusster zu machen. Vielleicht kann sie auch dazu beitragen, bisher schwierig zu behandelnde Situationen in einem anderen Licht zu sehen und den therapeutischen Zugang zu erleichtern.

Anschrift der Verfasser:
Werner Hemm
Heilpraktiker
Schraudolphstr. 27    
80799 München
Stefan Mair
Heilpraktiker
Treffauerstr. 3
81373 München
www.ihre-heilpraktiker.de


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Naturheilpraxis 12/2011