FACHFORUM

Guajacum officinale (Pockholzbaum) – Traditionelle Arzneiheilkunde

Erich Schmitt

Deutsche Bezeichnung
P
ockholzbaum (Guajakholzbaum)

Fachbezeichnung
Guajacum officinale

Einzel-Arzneimittel mit Pharmazentralnummer
A) Rezeptursubstanz (CAELO)
Lignum Guajaci conc. 100/250 g

B) Homöopathikas (DHU)
• Guajacum Urtinktur (= D1) 20/50 ml
• Guajacum D2 20/50 ml
• Guajacum D3 20 ml
• Guajacum D4 20/50 ml
• Guajacum D6 20/50 ml
• Guajacum D12/D30 20 ml

Die Firma Staufen Pharma listet in ihrem Spagyrik-Programm Guajacum
mit D4/D6/D12/D30.

Der Drogerie-Versand „Kräuter Schulte“ listet einiges mit Guajacum.
• Guajakholz (Stücke oder Pulver)
• Guajakholz splittfrei (geschnitten oder gemahlen)
• Guajakholztinktur (1:5)
• Guajakharztinktur (1:5)

Durchschnittsdosierung
Tee: 1,5 Gramm auf 1 Tasse (Abkochung)
• Tinct. Guajaci Ligni: bis 2,5 Gramm
• Tinct. Guajaci Resinae: bis 1,0 Gramm
• Urtinktur (D1): 10 bis 40 Tropfen

Beschreibung

Der Pockholzbaum ist in Mittelamerika beheimatet – er ist aber auch in Westindien zu finden. Der immergrüne Baum wird bis zu 13 m hoch. Schon die Indianer verwendeten das Holz bzw. das Harz zu Heilzwecken. Nach der Entdeckung Amerikas gelangte das Holz nach Europa, wo es häufig gegen die Syphilis eingesetzt wurde. (Das Holz muss einige Stunden eingeweicht und danach längere Zeit gekocht werden – kräftiger Dekokt.) Das separate Harz (es wird aus dem Kernholz gewonnen) kam erst ab dem 18. Jahrhundert in medizinische Anwendung.

Zu technischen Zwecken wird das zähe und harte Holz häufig im Tischler- und Drechslerhandwerk verwendet. Wenn man das Holz reibt, entfaltet es einen angenehmen Geruch. Der Geschmack von „Guajacum“ ist aromatisch und etwas scharf.
(Die homöopathischen Zubereitungen werden aus dem Harz hergestellt. Der Geruch ist ähnlich wie bei Benzoe.)

Inhaltsstoffe
• ätherisches Öl (ca. 5-6 %) (mit Guajol)
• Harz (ca. 20 %)
• Saponine
• Gummi und eine Art Kautschuk
• „Guajaksäure“
• Spuren von Vanillin

Arzneigruppe
• Irritantia und Stimulantia
• „Antidyskratikum“
• „Blutreinigungsmittel“
• „Umstimmungsmittel“
• Diureticum
• Diaphoreticum

Indikation

Innere Anwendung
• Rheuma – Gicht
• Hautleiden / auch Psoriasis
• Katarrhe
• Skrofulose
• „Dyskrasie“
• torpide Stoffwechsellage
• herabgestimmte Nerven
• paralytische Zustände
• allgemeine Schwäche (auch Kachexie)
• Fluor albus (Fluss aus Schwäche)
• Amenorrhoe

Anwendung als Externum (Verdünnung)
• Mundpflegemittel
• Zahnschmerzen

Kontraindikation
• Cave bei Entzündung und Fieber
• Cave bei empfindlichem Magen
• Cave bei hitziger Leber
• Cave bei allgemeiner „Blutfülle“
• Cave bei Gefäßerethismus
• Blutungen

Wirkungsweise

Guajacum gehört zu den erregenden Arzneimitteln und gleichzeitig auch zu den reizenden Mitteln. (Balsamisch harziges Wirkprinzip mit einer gewissen „Schärfe“.) Bei der üblichen Dosierung (niedrige Dosen) aktiviert Guajacum die Hautausdünstung, die Urinausscheidung und noch einiges mehr an „Absonderungen“. (Sehr große Gaben erzeugen Brennen, Erbrechen, Durchfall, Wallungen und Kopfkongestion.) Die erregende Wirkung erstreckt sich nicht nur auf die Häute, sondern auch auf die Nerven. Man denke hier besonders an Magen und Darm. Dieser erregende Einfluss bezieht sich vor allem auf das Lymphsystem, die Schleimhäute („Schleimmembranen“), die serösen Häute, die Synovialmembranen, Muskel- und Sehnenscheiden, Nieren und Uterus und auch auf das Blutgefäßsystem. Guajacum kann unter anderen auch als ein großes „Hauttonikum“ (Schleimhaut, seröse Haut usw.) bezeichnet werden. Guajacum kann bei jenen Zuständen eingesetzt werden, wo mangelnde Ausscheidungen vorhanden sind, oder wo „Unterdrückungen“ jeglicher Art stattgefunden haben. Guajacum verbessert Anomalien von Se- und Exkretion, gleichzeitig kann es auch Stauungen beseitigen. Man denke hier zum Beispiel an die Verschleimungen, die „verflüssigt“ werden wollen, aber auch an „Ausscheidungs-Katarrhe“ und „Stauungs-Katarrhe“. Somit ist Guajacum ein mächtiges Arzneimittel bei Katarrh, Rheuma /Gicht und Hautausschlag – vikariierende Hautausschläge.

Eine positive Anregung der Absonderungen und Ausscheidungen ist bei vielen „humoral-pathologischen“ Krankheitsbildern Voraussetzung von Heilungsprozessen – die Katarrhe, das Rheuma und die Hautausschläge wurden als Hauptindikation unseres Guajacum schon genannt. Wenn allerdings beim jeweiligen Patienten die „Irritabilität“ erhöht ist (Krampfbereitschaft – Muskelsystem, Gefäßsystem, Nervensystem und Verdauungstrakt), kann Guajacum unerwünschte Nebenwirkungen hervorrufen. Besonders beim Gefäßerethismus ist Vorsicht geboten! Auch sollte kein empfindlicher Magen vorhanden sein – Guajacum ist eben ein kräftiges Reizmittel.

Eine große Domäne von Guajacum ist der chronische Rheumatismus und die atonische Gicht – besonders wenn es sich um skrofulöse oder syphilitische „Dyskrasien“ handelt. (In früheren Zeiten hat man Guajacum auch beim asthenisch-rheumatischen Fieber in Verbindung mit Aconitum gegeben.) Ein weiteres Einsatzgebiet sind die atonischen Stockungen im Unterleib, zum Beispiel wenn der Hämorrhoidalfluss kommen will aber nicht kommen kann – besonders wenn dies mit Kreuz- und Hüftschmerzen verbunden ist. Oder wenn die Menses aus Mangel an „Gefäß-Energie“ nicht kommt. Auch bei der „Unterleibsverschleimung“ ist Guajacum ein Mittel der möglichen Wahl. Natürlich kann Guajacum auch bei Verschleimungen von Brust und NNH gegeben werden. Asthenische „Schleimflüsse“ sind ebenfalls ein bewährtes Indikationsgebiet. (Unnatürliche Schleimhautabsonderungen können auch durch „Schwäche“ bedingt sein.) Der rheumatische Hydrops (wassersüchtiges Gewebe) war früher auch eine beliebte Indikation. (Bei diesem Krankheitszeichen ist häufig ein träges Lymphsystem zu beklagen.) Bei den Hauterkrankungen ist besonders das chronische flechtenartige Exanthem zu nennen, welches manchmal gut auf Guajacum anspricht – psorische oder arthritische (HS) „Dyskrasie“. Auch bei der so genannten Alters-Skrofulose, wo es nicht selten in Richtung Kachexie geht, ist mit Guajacum (D2/D3) als Zwischenmittel einiges erreichbar.

Es sei auch die Indikation „Lähmung“ erwähnt. In der Praxis hört man nicht selten vom Rheumatiker oder vom Harnsäure-Typ Klagen über lähmungsartige Erscheinungen. (Diese Patienten haben oft Angst, dass sie MS haben könnten.) Neben Selenium D5 oder Abrotanum D1/D2 kann ein Guajacum D2 hier einiges verbessern. Auch bei den typischen Alterserscheinungen, wie Grauer Star, Schwerhörigkeit oder Taubheitsgefühlen, kann man an Guajacum denken.
Diese Leiden sind ja häufig auf „arthritischer“ Basis (HS) entstanden. Schwindel, der „nur“ von einem Unterleibsstau ausgeht, kann ebenfalls mit Guajacum vertrieben werden. Aus alten Zeiten seien noch zwei weitere Indikationen erwähnt. Zum einen die „seröse und schleimige Apoplexie“ („Schleimschlag“) und zum anderen die „Fettsucht“.

Bemerkungen

• Bei der einfachen Fettsucht bedarf es meist anregender „Reizmittel“ und zentrifugaler „Ausscheidungsmittel“, was beides mit Guajacum gegeben ist. Um einen kräftigeren Stuhlgang mit einer Guajacum-Arznei erzeugen zu können, bedarf es allerdings stärkerer Dosierungen für einen etwas längeren Zeitraum.
• In früheren Zeiten hat man gewisse Schlaganfälle als „Schleimschlag“ bezeichnet. Dies hat man hauptsächlich bei jenen Patienten getan, die eine gewisse Disposition und Pathologie in Richtung Phlegmatismus oder Lymphatismus hatten.
In der täglichen Praxis bekommt man öfters erzählt, dass jemand aus dem Bekanntenkreis mit Verdacht auf Schlaganfall im Krankenhaus war, aber man zum Glück nichts gefunden hat. Die heutige Diagnostik geht primär in Richtung „Organdiagnose“. Die Frage nach konstitutionellen Gegebenheiten spielt da fast keine Rolle mehr. (Die obligatorische „Blutverdünnung“ von Seiten der Klinik ist beim „Schleimschlag“ durchaus nützlich). Die eigentliche Konstitutions-Therapie (Ernährungsumstellung usw.) müsste aber spätestens nach solch einem Schockerlebnis von „leichtem Schlaganfall“ beginnen.

Homöopathie

Prüfungsbild:
Rheumatische Schmerzen (Muskeln und Gelenke), Spannung in den Oberschenkeln oder Verkürzungsgefühl, Verschlimmerung durch Bewegung und Hitze, Hautjucken, Hautbrennen, übel riechende Schweiße (Harnsäure), neuralgische Schmerzen am Kopf, Schleimhautkatarrh, Angina tonsillaris, Nachtschweiß, Knochenschmerzen, Leberschwellung, trockener Husten, Stiche in der linken Lungenspitze, schleimig dicker Auswurf, Zahnschmerzen, trockener Mund, Brennen im Hals, Appetitlosigkeit oder großer Hunger, Verlangen nach Äpfeln, Schmerzen in der Leistengegend.

Organbezug:
• Fibröse und seröse Häute
• Sehnen und Muskelscheiden
• Harnorgane
• Äußere Haut

Leitsymptome:
• Neigung zu Katarrhen (hyperplastische oder atrophische Formen)
• Sekrete und Schweiße sind übel riechend

Konstitution:
• Psorisch
• Rheumatisch
• Luetisch

Bewährte Indikation (Homöopathie):
• Nasenrachenraumkatarrhe
• Pharyngitis
• Beginnende Angina tonsillaris
• Chronisches Rheuma
• Arthrosis deformans
• Gichtknoten
• Gelenkschmerzen („syphilitisch“)
• Harndrang bei übel riechendem Urin

Rezepturbeispiel I
Guajacum Urt. (= D1) DHU 20,0
Spiritus dil. 45 % ad 50,0
MDS: 3-mal täglich 15 bis 20 Tropfen

Rezepturbeispiel II
84 Malva Nestmann 50,0
DS: alle 1/4 Stunde 10 Tropfen

Rezepturbeispiel III
Gualedum HM Pflüger 50,0
DS: 4-mal täglich 15 Tropfen

Rezepturbeispiel IV
Homvioartrin Tabletten
DS: 3-mal täglich 1 Tablette

Rezepturbeispiel V
Urtica Oplx. Madaus 50,0
DS: alle 1 bis 2 Stunden 10 Tropfen

Rezepturbeispiel VI
Juniperus Komplex Hanosan 50,0
DS: 4-mal täglich 20 Tropfen

Rezepturbeispiel VII
Sarsaparilla Komplex Hanosan 50,0
DS: 3-mal täglich 15 Tropfen

Rezepturbeispiel VIII
Pflügerplex Rhododendron
DS: 3-mal täglich 1 bis 2 Tabletten

Rezepturbeispiel IX
Guajakholz 20,0
Sassafrasholz 15,0
Hauhechelwurz 15,0
Süßholzwurz 15,0
MDS: „Blutreinigungstee“
2 EL auf 1/2 Liter Wasser;
1/2 Stunde köcheln.

Anmerkung zu den Begriffen Sensibilität und Irritabilität:
Die „alte“ Reizlehre (Lehre von der Reizaufnahme und Reizbeantwortung) kennt die beiden Begriffe: „Sensibilität“ und „Irritabilität“ – die Sensibilität bezieht sich auf die Reizaufnahme („Nerven“) und die Irritabilität auf die Reizbeantwortung („Muskeln“). Bei der erhöhten Irritabilität (Kontraindikation von Guajacum!) haben wir es mit einer Tendenz hin zu Spasmen und Krämpfen zu tun. Die Gefahr des Gefäßere
thismus ist hier leicht gegeben.

Die sogenannte Reizlehre kennt Sensibilitäts-Erhöhungen und –Erniedrigungen sowie Irritabilitäts-Erhöhungen und –Erniedrigungen. Es sind somit mehrere Kombinationsmöglichkeiten dieser vier Parameter möglich. Wenn „nur“ die Irritabilität erhöht ist, ist dies nicht selten Zeichen einer beginnenden allgemeinen Schwäche. Daher sollte man in solch einem „Fall“ zunächst eine „Stärkungs-Kur“ mit nicht stark reizenden Mitteln einleiten.

Anschrift des Verfassers:
Erich Schmitt
Heilpraktiker
Hastverstraße 34
90408 Nürnberg


weiter ... (für Abonnenten der Naturheilpraxis)


Zum Inhaltsverzeichnis

Naturheilpraxis 10/2011