Akupunktur/TCM

Auf den Spuren von Laozi

Andreas Noll

China ist groß, atemberaubend, anstrengend, begeisternd, erschöpfend und gibt immer wieder Grund für eindrucksvolle Aha-Erlebnisse. In vielen Aspekten gleichen sich die Kulturen weltweit an, Kommunikationsmittel lassen auch Missverständnisse leichter hinter sich. In China weiß man heute auch mehr über die „Laowai“, und Reisegruppen bereisen massiv die Sehenswürdigkeiten Europas oder die kulturelle Rennstrecke Chinas von Beijing über Xian und Chengdu nach Hongkong oder Shanghai.


Einsatzbereiche und Wirkungen von Kraftbrühen

DIch habe in diesem heißen Sommer eine andere Rennstrecke nachvollzogen – die des Laozi auf seinem Weg zur Transformation zu einer unsterblichen Gottheit einer sich konstituierenden chinesischen Kirche namens Daoismus. Heilslehre und Heilkunde waren stets untrennbar verbunden, und so bot auch diese Studienreise erhellende Einblicke in den nicht selten sehr esoterischen Kern dessen, was heutzutage in Ost und West als TCM bezeichnet wird. Die zweieinhalbwöchige Studienreise wurde geleitet von den religionswissenschaftlichen Professoren Livia Kohn und Robin Wang und folgte den Spuren Laozis auf seinen legendären Reisen. Tempel, Klöster, heilige Berge waren die Etappenziele. Sowohl die teilnehmenden Religionswissenschaftler kamen durch die Studien zu eindrucksvollen Erkenntnissen als auch die Qigong-und TCM-Therapeuten.

Baiyunguan – Zentrum der daoistischen Religion

Beijing zeigte sich von der bereits vertrauten Seite mit einer kompakten Dunstglocke, die nach einem prächtigen Gewitterguss kurzfristig verschwand und sogar den Blick auf einen blauen Himmel und die etwa 50 km entfernten Berge freigab. Der Tempel Baiyunguan war hier das erste Ziel. Dieser „Tempel der weißen Wolke“ ist seit Jahrhunderten das institutionelle Zentrum des organisierten Daoismus und der Quanzhen-Schule, die seit der Song-Dynastie im 12. Jahrhundert alle anderen monastären Schulen absorbiert und mit dem Staat versöhnt hat. Im hinteren Teil der Tempelanlage: Die uns aus zahlreichen Workshops über die Körpervorstellungen im Daoismus überaus vertrauten Darstellungen des Neijingtu (Tafel des inneren Gewebes) entstammen den dortigen steinernen Stelen – die überaus dekorativen Steinabreibungen werden dort immer noch, wie bei meinem ersten Besuch vor 20 Jahren, im Klosterladen verkauft. Laozi als die höchste Gottheit im unübersichtlichen und vielfältigen Pantheon des religiösen Daoismus zeigt sich in den Tempeln dieser weiträumigen Klosteranlage in vollem Glanz in der Darstellung als Sanqing, ein Bild der Vereinigung aller daoistischer Vorstellungen.

Kontrastprogramm nachmittags im kaiserlichen Himmelstempel Tiantan. Nicht mehr die schattigen, etwas muffigen, stillen Höfe und Hinterhöfe des daoistischen Klosters, sondern die gleißende Helle kaiserlicher Magistralen inmitten eines großzügigen Parks, der von –zigtausenden Besuchern fröhlich und laut genossen wird. Und da waren sie auch, die zwei Seiten Chinas: Ein alter Literaturprofessor, der mit gewaltigem Pinsel und reinstem Wasser Gedichte auf das glühend heiße Pflaster schrieb. In schwungvollen, wunderschönen Schriftzeichen, die jedoch nach kürzester Zeit im wahrsten Sinne des Wortes wieder in die Luft aufsteigen. Vergänglichkeit und Flüchtigkeit des Lebens, Denkens und Fühlens im Angesicht der monumentalen vergangenen und steinernen Pracht der sakralen Anlagen.

Und die andere Seite Chinas war zunächst nur schemenhaft wahrzunehmen, beim Näherkommen an eine Gruppe von etwas älteren Menschen waren die mit größter Begeisterung in die Welt geschmetterten revolutionären Schlachtgesänge nicht mehr zu überhören. Ein Freizeitchor – wahrscheinlich haben diese alternden Kommunarden im modernen China mehr Anhänger als die buddhistischen oder daoistischen Gesänge. Bezeichnen sich doch nur etwa 10% der Chinesen als religiös, und dies muss dann noch unter Buddhismus, Daoismus, Christentum und Islam aufgeteilt werden. Kultmodelle aus der jüngeren Vergangenheit erscheinen da besser geeignet zur Pflege der Gefühls- und Glaubenswelt – wie die Verehrung Mao Zedongs oder der Mythen, die sich um die Gründung der VR China ranken.

Luyi-Geburtsort von Laozi
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Luoyang – die alte Hauptstadt zu Laozis Zeiten – Ankunft des Buddhismus

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Ein heiliger Tempelberg und die Abreise von Laozi

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Xian – ein Tempel für die Unsterblichkeit

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Sichuan – der Daoismus organisiert sich

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Laozis Wiederkehr, Heiler und Religionsstifter

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Autor:
Andreas A. Noll
www.praxis-noll.de

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Naturheilpraxis 9/2011