FACHFORUM

Die Drainage verbessern

Heilpflanzen und Homöopathie zur Anregung des Lymphsystems

Margret Rupprecht

In seinem Roman „Der Zauberberg“ charakterisiert Thomas Mann die Lymphe als „das Allerfeinste, Intimste und Zarteste in dem ganzen Körperbetrieb. Man spricht immer vom Blut und seinen Mysterien und nennt es einen besonderen Saft. Aber die Lymphe ist ja erst der Saft des Saftes, die Essenz, wissen Sie, Blutmilch, eine ganz deliziöse Tropfbarkeit.“ Täglich bildet der Körper etwa zwei Liter dieser vom Dichter gerühmten Flüssigkeit. Wie hat man sich diesen Prozess vorzustellen?


Im Interstitium werden 90% des Blutplasmas, das zuvor aus dem arteriellen Schenkel ausgetreten ist, vom venösen System wieder aufgenommen und weitergeleitet. Die restlichen 10% gelangen über die blind im Interstitium endenden Lymphkapillaren in die Lymphbahnen und werden über sie zurück ins Blutgefäßsystem transportiert. Diese sogenannte „lymphpflichtige Last“ besteht aus Wasser, weißen Blutkörperchen, pathogenen Stoffen, Fremdkörpern, Zelltrümmern, Fetten und Eiweißen. Das Lymphsystem ist zentral für die Drainage des Extrazellulärraumes (EZR) verantwortlich. Die dortigen Fibrozyten als Stoffwechselaktivitätszentrum der Matrix reagieren dabei auf hormonelle, chemische oder nervale Reize mit einer sofortigen unspezifischen Synthese der Zucker-Eiweiß-Komplexe, was die Wasserbindungskapazität im Extrazellulärraum erhöht und seine Durchlässigkeit reduziert. Der Extrazellularraum „verstopft“ gewissermaßen. Gegenspieler der aufbauenden Fibrozyten sind die abbauenden Makrophagen und Monozyten sowie die neutrophilen Granulozyten. Diese sind in der Lage, die Zucker-Eiweiß-Komplexe aufzulösen (Lyse), sobald sie ihre Funktion erfüllt haben. Der EZR wird durchlässiger, die Ernährung der Zellen verbessert sich, ebenso der Abtransport von Stoffwechselendprodukten. Wenn nun pathologische Reize zu lange auf die Matrix einwirken – Stress, Fehlernährung, Schlafmangel, toxische Stoffwechselprodukte, Umweltgifte etc. – überwiegt die Synthese der Zucker-Eiweiß-Komplexe und die Makrophagen kommen mit ihrer Lyse nicht nach: Humoralpathologisch gesprochen, verschlechtert sich die „Säftequalität“ im EZR. Eben das meint die Naturheilkunde, wenn sie wissenschaftlich ungenau, dafür aber sehr bildhaft von einer „Verschlackung“ des Bindegewebes spricht. Der Raum um die Zelle herum ist aufgequollen, verdichtet, „es fließt nicht“, die Zellen werden nur unzureichend mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt und von nicht abtransportierbaren Stoffwechselendprodukten belastet. Als Gegenreaktion entwickelt sich eine verstärkte allgemeine Entzündungsneigung, wie überhaupt die Entzündung immer ein Zeichen ist für ein lokal oder systemisch überlastetes Lymphsystem. Diese Situation kann konstitutionell mitbedingt sein (Lymphatische Diathese) oder auf Fehlern in der Lebensführung beruhen. Im Zentrum der geschilderten Vorgänge steht vom EZR bis zu den Venenwinkeln das Lymphsystem mit seinen Kapillaren, Bahnen, Knoten und Stämmen. Da die Flüssigkeit dort nicht wie im Blutkreislauf mithilfe einer Pumpe bewegt wird, kommt der Anregung der Motorik der Lymphgefäße eine besondere Wichtigkeit zu. Dies geschieht im Wesentlichen durch Blutdruck, Bewegung und durch den onkotischen Sog der Blut- und Gewebeeiweiße.

Die Transportfreudigkeit der Lymphgefäße lässt sich aber auch durch den Einsatz spezieller Pflanzen und Homöopathika anregen, während man die Qualität der Lymphflüssigkeit vor allem durch leber- und nierenwirksame Heilmittel verbessert. Folgende Heilpflanzen und Homöopathika, deren lymphwirksame Aspekte im Folgenden vorgestellt werden sollen, haben sich zur Erreichung dieser Therapieziele bewährt:

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Literatur
Wilhelm Pelikan: Heilpflanzenkunde III, Verlag am Goetheanum, Dornach 1999
Heinz-Hartmut Vogel: Wege der Heilmittelfindung I, Natur – Mensch – Medizin VerlagsGmbH, Bad Boll 2000
Henning Schramm: Heilmittel der anthroposophischen Medizin, Elsevier, Urban & Fischer, München 2009
Max Wichtl (Hrsg.): Teedrogen und Phytopharmaka, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2002
Gerhard Madaus: Lehrbuch der biologischen Heilmittel, Band 3. Mediamed Verlag, Ravensburg 1988
Artur Burger, Helmut Wachter: Hunnius Pharmazeutisches Wörterbuch, Walter de Gruyter, Berlin 2004
Rudolf Klußmann: Psychosomatische Medizin, Springer Verlag, Berlin und Heidelberg 1998
Rudolf Fritz Weiß: Lehrbuch der Phytotherapie, Hippokrates Verlag, Stuttgart 1991
Roger Kalbermatten: Wesen und Signatur der Heilpflanzen. Die Gestalt als Schlüssel zur Heilkraft der Pflanzen, AT Verlag, Aarau (Schweiz) 2002

Anschrift der Verfasserin:
Margret Rupprecht
Heilpraktikerin und Medizinjournalistin
Hohensalzaer Str. 6a
81929 München

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Naturheilpraxis 9/2011