Akupunktur/TCM

Aus Steinen, die sich in den Weg legen, etwas Gutes bauen!

Sylvia Köhn

Als ich mit Moxibustion (Verbrennen von Kräutern an speziellen Akupunkturpunkten) begann, hatte ich Symptome, wie Erbrechen, Husten, keinen Appetit und schlaflose Nächte. Nach zwei Wochen Moxibustion, begann all dies zu verschwinden. Der TB-Test war nach zwei Monaten negativ, allerdings hatte ich noch schrecklichen Husten! Früher hatte ich auch Schmerzen in der Lunge, obwohl sie Wasser aus meinen Lungen extrahiert hatten. Sie wollten mehr extrahieren, als ich gerade mit Moxa begann. Wie auch immer, nach 1 Woche ließen die Schmerzen nach. Ich wog 40 kg, als ich die Behandlung begann und jetzt wiege ich 50 kg. Allerdings habe ich jetzt zwei Probleme: Ich habe großen Appetit entwickelt, aber nicht genug zu essen und meine Schwester die mich auf dem Rücken mit Moxa behandelte, ist derer jetzt müde geworden und behandelt mich nicht mehr, so mache ich es eben selbst. – Dies ist das Feedback einer 24 Jahre alten Patientin von Moxafrica aus Uganda (HIV positiv und Kreuzinfektion Tuberkulose)


Wenn man solche Nachrichten hört, dann weiß man: jeden Stein hat es sich gelohnt aus dem Weg zu räumen, um daraus etwas Gutes zu bauen. „Im chinesischen Jahr der Ratte, im Sommer 2008, gründete ich das TCM-Sozialforum – Chinesische Medizin über Grenzen.“ Gerd Ohmstede, der Leiter des TCM-Kongresses in Rothenburg o. d. Tauber hatte die Idee, eine Plattform für weltweite Hilfsprojekte, die durch Chinesische Medizin unterstützt werden, auf dem jährlichen TCM-Kongress zu etablieren. Meine Begeisterung für dieses Projekt war sofort da, denn meine Erfahrungen mit Hilfsprojekten dieser Art zeigten mir immer wieder, wie wichtig der Austausch solcher Projekte untereinander ist. Allerdings war mir zu diesem Zeitpunkt nicht klar, was für eine Lawine ich da in Gang gesetzt hatte, auch dass es fast meine gesamte Freizeit in Anspruch nehmen würde. Auch so einige andere Beteiligte, wie z.B. die AGTCM, wurden sichtlich überrollt.

Anfangs gab es viele Begeisterte, die ihre Hilfe in verschieden Bereichen angeboten hatten. Leider blieb es oft beim Angebot. An dieser Stelle sei aber all denen gedankt, die dennoch dazu beigetragen haben, das TCM-Sozialforum zu dem zu machen, was es heute ist.

Inzwischen ist unsere Plattform ein fruchtbarer Boden für Austausch von Ideen und Erfahrungen. Wir vermitteln Volontäre aus den verschiedensten Ländern an unsere Projekte, leisten Hilfe, wo sie erfragt wird. Wir initiieren z.B. auch neue Projekte, geben Materialspenden weiter und übernehmen zunehmend auch Öffentlichkeitsarbeit.

Unsere erste Präsentation fand auf dem 40. TCM-Kongress im Jahre 2009 statt. Es war eine tage- und nächtelange Recherche nötig, um geeignete Projekte zu finden, die an einem Austausch interessiert waren. Nun möge man meinen, unter den Projektinitiatoren und –betreibern müssten Begeisterungsstürme ausbrechen: Weit gefehlt, von anderen erfahren das wollten alle, aber selbst Erfahrunen und Tipps weiterzugebendas lief eher spärlich. Man lässt sich nicht gern in die Karten schauen. Es geht hier auch um das leidliche Thema Geld, sprich potentielle Spenden oder gar Sponsoren. Und so habe ich denn auch einen Ansatz gefunden. Gemeinsam können wir – alle mit der gleichen Grundidee – medizinische Versorgung für benachteiligte Menschen anbieten und so durch eine sehr effektive Low Cost Methode viel bewegen. Auf unserer Plattform wird die Kraft der einzelnen Projekte gebündelt und so können sie von der Welt besser wahr genommen werden. Die positiven Folgen für die Gemeinschaft sowie für den einzelnen kann man sich gut vorstellen und inzwischen zeigen sich auch schon.

Es gab weitere Schwierigkeiten. Es mussten die Rahmenbedingungen geschaffen werden, und es gab Verhandlungen mit dem Kongressmanagement und dem Vorstand der AGTCM. Das war ein wenig wie Rudern gegen den Strom: sobald man aufhört, fällt man zurück. Natürlich erlahmt jede Initiative einmal, und so haben wir erkannt, dass, wie ursprünglich geplant, eine Integration des TCM-Sozialforum in die AGTCM keine der fruchtbarsten Ideen ist. Auf der einen Seite wäre es um mehr Verantwortung gegangen und auf der anderen Seite um ständige Absprachen in Vorstandssitzungen, die lebendige Prozesse bremsen könnten. So reifte der Entschluss, einen eigenen gemeinnützigen Verein zu gründen, aber eine Kooperation mit der AGTCM einzugehen. Das scheint aus heutiger Sicht die beste Lösung gewesen zu sein. Eine Kooperation hat Vorteile für alle Beteiligten. Die AG betreibt mit ihrem sozialem Engagement eine hervorragende Imagepflege, die Chinesische Medizin wird im allgemeinen noch mehr an Akzeptanz gewinnen und das TCM-Sozialforum kann die Plattform der AGTCM, den TCM-Kongress, zur Präsentation nutzen. Außerdem kann sie von den Mitgliedern der AG – als potentielle Volontären – profitieren. So erwies sich unsere stetige Präsenz auf dem TCM Kongress seit nunmehr drei Jahren als sehr erfolgreich. In diesem Jahr konnten wir viele interessante neue Kontakte knüpfen, haben weitreichende Hilfe von Firmen angeboten bekommen, und es meldeten sich auch einige neugierige Freiwillige, die in einem unserer Projekte arbeiten möchten. Am Freitag präsentierten wir in der Mittagspause einige unserer Projekte, und am Sonntag fand ein Austauschforum mit geladenen Gästen statt. Zum Thema: „Die Sonnen- und Schattenseiten ehrenamtlicher Sozialarbeit“ gab es Beiträge von Katrin Müller, Mitarbeiterin des Tian Gong Institut in Berlin, Sönke Dorau, dem Geschäftsführer der Hamburger Sozialsprechstunde, Walter Fischer von ‚Barefoot Acupuncturists‘ in Indien und Marie-Therese Laminet von der Schweizerischen Berufsorganisation TCM. Eines unserer großen Ziele ist es auch die Sozialsprechstunden in Deutschland und in der Schweiz weiter auszubauen, wofür sich einige Interessierte gemeldet haben.

Da wir weltweit agieren und dafür viele helfende Hände benötigen, kam uns der Vorschlag der Schweizerischen Berufsorganisation TCM, mit uns zu kooperieren, sehr gelegen. In Marie-Therese Laminet (Vorstand SBO TCM) haben wir eine engagierte Partnerin gefunden. So soll künftig die Koordination von Postkatastropheneinsätzen aus der Schweiz geplant werden. Auch sollen Vorgespräche für Anfragen von Schweizer Kollegen für einen freiwilligen Einsatz in eines unserer Projekte in der Schweiz geführt werden. Auf dem TCM-Kongress haben wir im Rahmen unseres Sozialforums am Sonntag feierlich unsere Kooperationsvereinbarung besiegelt.

Unsere Vereinsgründung war eine echte Herausforderung. Erst einmal muss man sich mit Vereinsrecht auseinandersetzen und dafür einige „Nachhilfestunden“ nehmen. Dennoch ging nichts alles so glatt, wie man es sich für eine Initiative zum Guten Zweck wünschen würde. Die Ausarbeitung unserer Satzung in Übereinstimmung mit dem Finanzamt nahm Monate in Anspruch.
Auch braucht es Personen, die sich zur Sache bekennen und als Gründungsmitglieder fungieren. Das Wort „Verein“ hat bei den meisten Interessierten eine gewisse Aversion ausgelöst, weil man es mit Vereinsmeierei, langen Sitzungen, Diskussionen und oft auch Streit in Verbindung bringt. Hier soll der Verein aber keine zusätzliche Freizeitbeschäftigung werden, sondern lediglich dem Zweck dienen, weltweit als gemeinnützige NRO anerkannt zu werden und agieren zu können. Natürlich braucht dieses alles viel ehrenamtliches Engagement, um die gesteckten Ziele zu erreichen.

Nach der erfolgreichen Gründung musste der Verein dann ins Vereinsregister eingetragen werden, was weitere 4 Monate mit viel Überzeugungsarbeit dauerte. Erst jetzt konnte das „TCM-Sozialforum – Chinesische Medizin über Grenzen e.V.“ ein eigenes Konto eröffnen, erst jetzt kann es Verträge abschließen und eigenverantwortlich handeln. Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit durch das Finanzamt war schließlich die letze Hürde – und auch die haben wir genommen.

Jetzt können wir uns endlich direkt dem eigentlichen Vereinszweck und dessen Aufgaben kümmern. Auch dabei hat sich gezeigt, dass nicht alles so einfach ist. Die weltweite Korruption hat sich uns schon deutlich gezeigt und macht mancherorts Hilfsprojekte schier unmöglich oder grenzt unseren Bewegungsraum gravierend ein. Es ist viel Kreativität, Flexibilität und Gelassenheit gefragt, was jedem von uns eine gute Schule sein soll.

Eines muss man zum Abschluss noch sagen: wir haben mit der Akupunktur ein wunderbares Werkzeug in der Hand, und es macht immer wieder Freude damit zu arbeiten. Es braucht ja nicht viel mehr als das Wissen über eine präzise Diagnostik (Puls, Zunge, Hara etc.) und ein paar Nadeln im Gepäck. Und sollten diese mal ausgehen, so arbeitet man mit Akupressur, Gua Sha, Qi Gong und anderen Methoden der Chinesischen Medizin. Außerdem lässt sich die Akupunktur in jedes bereits bestehende Gesundheitssystem integrieren. So können auch die traditionellen Behandlungsmethoden z.B. der indigenen Völker weiter erhalten bleiben. Ich kann versichern, dass man bei unserer Arbeit nicht nur etwas gibt, sondern immer wieder auch dazu lernt und als eines der schönsten Geschenke, das Lächeln zufriedener Patienten entgegennehmen darf.

In diesem Sinne hoffen wir weiterhin viele interessierte Therapeuten als Freiwillige anzusprechen. Auch materielle und finanzielle Unterstützung ist hoch willkommen, um größtmögliche Hilfe leisten und Steine aus dem Weg räumen zu können.
Bei weiterem Interesse schauen Sie auf unserer Webseite www.tcm-sozialforum.org.

Sylvia Köhn
Vorsitzende TCM-Sozialforum – Chinesische Medizin über Grenzen e.V.



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Naturheilpraxis 8/2011