Der Kopf

Bedeutung des Hirnnervensystems für den Gesamtorganismus

Philip Eckardt

Der Mensch ist primär ein komplex vernetztes Informationssystem und erst sekundär ein biochemisch/mechanisches System. Das System der Informationsübertragung und Informationsverarbeitung ist das Nervensystem. Es überträgt Informationen von außen nach innen (Wahrnehmung der Umwelt), verbindet und koordiniert alle Funktionseinheiten der Zellgemeinschaft miteinander (Physiologie) und ermöglicht dadurch ein zielgerichtetes Verhalten (Psychologie). Übergeordnetes Ziel ist es, das Überleben durch Abpufferung vorübergehender interner und externer Schwankungen und die optimale Anpassung an kurz-, mittel-, und langfristige Veränderungen zu ermöglichen. Die interne Steuerung (Physiologie) dient dazu, das nach außen gerichtete Verhalten (Psychologie) zu ermöglichen. Im Wesentlichen geht es dabei um die Bereitstellung (Sympathikus) sowie die Konservierung und Akquise von Energie (Parasympathikus). Die Wahrnehmung erfolgt im überwiegenden Maße durch das Hirnnervensystem. Es liefert den Kontext in dem wir uns gerade bewegen. Aus diesem Grund hat es eine übergeordnete Bedeutung für die Steuerung der Physiologie und für die Psychologie.


Das Hirnnervensystem

Gerne lassen wir uns dazu verleiten, von einzelnen Hirnnervenfunktionen und einzelnen Hirnnerven zu sprechen. Dies liegt schlichtweg an den getrennten anatomischen Austrittstellen am Stamm- und Zwischenhirn. Dabei wird gerne ein wesentlicher Aspekt übersehen: Dass die Hirnnerven als System arbeiten und sie einen entscheidenden Anteil der Information über die Umwelt beisteuern, welche entscheidend für die neuroendokrine, viszero- und somatomotorische Steuerung ist. Dadurch hat das Hirnnervensystem in der Medizin, außer vielleicht in der Neurologie, keine wesentliche Bedeutung. Das liegt unter anderem daran, dass es an Wissen über die Vernetzung innerhalb des Systems aber auch zu anderen Körpersystemen fehlte, der kybernetische Gedanke nicht Stärke des antiquitierten mechanistischen Denkens mit einfachen linearen Kausalketten ist, und es an einem Konzept fehlte, Funktionsstörungen der Hirnnerven zu diagnostizieren und zu therapieren. Diese Ansichten haben sich fundamental geändert. Zum Einen wissen wir mittlerweile, dass jenseits der anatomisch getrennten Austrittstellen ein reges Kommunizieren der Hirnnerven untereinander stattfindet. Zum Anderen hat der neuseeländische Arzt und Osteopath Dr. Allan Phillips D.O. ein System der Neurologischen Integration (NIS) entwickelt, welches unter anderem, aber natürlich nicht nur, die Interaktion des Hirnnervensystems mit den Körpersystemen diagnostizieren und behandeln kann.

Ein kurzer Überblick

1) Die Innervation der Zunge:
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2) Das Gehör:
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3) Die Vernetzung der Augen, des Gleichgewichtsystems und der Muskulatur:
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Der Kontext unserer Physiologie
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NIS integriert auch die Hirnnervenfunktion
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Resumee

So ist der Kontext, den uns im Wesentlichen das Hirnnervensystem liefert, nicht nur für die richtige Ausrichtung der Physiologie, sondern auch für die Steuerung unseres Verhaltens (Psychologie) von herausragender Bedeutung. Dafür ist die Integration der Information essentiell. Die anatomische Unterteilung in einzelne Hirnnerven verleitet zu einer fragmentierten Betrachtung. Die Vernetzung im Hirnstamm zeigt aber, das wir es vielmehr mit einem Hirnnervensystem zu tun haben, welches in der Medizin eine absolut unzureichende Würdigung erfährt.

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Literatur:
Alioto et al, Sensory sciatic nerve afferent inputs in the dorsal lateral medulla in the rat, Autonomic Neuroscience: Basic and Clinical, 2008; 140: S 80- S 87
Dehmel et al, Cross-modal interactions of auditory and somatic inputs in the breainstem and midbrain and their imbalance in tinnitus and deafness, Am J. Audiol, 2008 December; 17(2): S 193-S 209
Jänig W, Integrative Action of the Autonomic Nervous System: Neurobiology of Homeostasis, Cambridge Unerversity Press, 2008
Kahle W, Taschenatlas der Anatomie Band 3, Nervensystem und Sinnesorgane, Thieme, 1991
Kandel E, Principles of Neural Science, McGraw Hill, 2000
Samandari F, Funktionelle Anatomie der Hirnnerven und des vegetativen Nervensystems, de Gruyter, 1984

http://www.stephenporges.com/index.php?option=com_content&view=article&id=19:polyvagal-theorie-die-drei-neuralen-kreislaeufe-als-regulatoren-fuer-unser-reaktives-verhalten-&catid=7:scientific-articles-german&Itemid=6

http://www.stephenporges.com/index.php?option=com_content&view=article&id=12:neurozeption-die-drei-regelkreise-des-autonomen-nervensystems&catid=7:scientific-articles-german&Itemid=6

Korrespondenzadresse:
Dr. med. Philip Eckardt
Neurolog – Akademie für angewandte Neurowissenschaft
Johannisstr. 8
82418 Murnau
Fon (0 88 41) 62 75 32
Fax (0 88 41) 62 77 366
Info@neurolog.de
www.neurlog.de

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Naturheilpraxis 8/2011