FACHFORUM

Ringelblume
Calendula officinalis

Von der Signatur zur therapeutischen Anwendung

Margret Rupprecht

Leben braucht Grenzen. In vielerlei Hinsicht. So können wir das aus Buchstaben geformte Wort nur lesen und verstehen, wenn die Buchstaben einzeln stehen und deutlich voneinander geschieden sind. Würde man sie übereinander schreiben, ergäbe sich ein Klecks schwarzer Tinte und keiner würde jemals erraten, welches Wort hinter dieser Buchstabenanhäufung verborgen ist. Es braucht einen Zwischenraum und eine Trennung, damit Klarheit entstehen kann und das Gemeinte deutlich sichtbar wird.

Im zwischenmenschlichen Bereich lässt sich ein ähnliches Phänomen beobachten: Je deutlicher zwischen Ich und Du unterschieden wird, desto klarer wird die Kommunikation. Hat jeder der beiden Partner klare Grenzen und einen eigenen Standpunkt, kann verhandelt und nach einer für beide Seiten akzeptablen Lösung gesucht werden. Gibt es diese Grenzen nicht und sind zwei Menschen nicht unterschieden sondern symbiotisch, entsteht daraus ein Nährboden für Missverständnisse und Überforderungen.
Die Wahrung und Pflege der eigenen Grenzen mag nach Egoismus klingen, ist jedoch im oben geschilderten Sinne eine wichtige Voraussetzung für ein gelingendes Miteinander. Nur ein Mensch, der sein Eigenes wahren kann, ist wirklich imstande, etwas zu geben: Selbstbestimmt, aus eigenem Bedürfnis heraus und jenseits von Erwartungen. Wenn ein Mensch sich nicht um sich und seine eigenen Grenzen kümmert, entsteht Kummer, eine kümmerliche und bekümmerte Existenz. In den Worten des Dichters Erich Fried klingt das so:

Wenn Leute dir sagen:
„Kümmere dich nicht
soviel
um dich selbst“
Dann sieh dir
die Leute an
die dir das sagen:
An ihnen kannst du erkennen
wie das ist
wenn einer
sich nicht genug
um sich selbst
gekümmert hat.

Auf der somatischen Ebene ist die Haut das Organ der äußeren Begrenzung. Sie schützt und behütet alles, was sie bedeckt. Über die Haut berühren und kommunizieren Menschen miteinander, aber ebenso können sie sich dort auch verletzen. Die Haut ist auf der grobstofflichen wie auf der feinstofflichen Ebene das Organ der Grenze. Wie sehr das auch für den emotionalen Bereich gilt, ist an Erkrankungen wie Neurodermitis zu erkennen, bei der Hautsymptome sich verstärken, wenn emotionale Belastungen zunehmen.

Sich um sich selbst zu kümmern, bedeutet in gesundheitlicher Hinsicht vor allem die Pflege der körperlichen, aber auch der seelischen Haut, vor allem, wenn äußere und innere Grenzen gegen den Willen des Betroffenen überschritten worden sind.

Eine Heilpflanze, die das Heilwerden verletzter Haut und verletzter Grenzen unterstützt, ist die Ringelblume, Calendula officinalis. Sie steht für kraftvolle Erneuerung und das Wiederherstellen von Integrität. Ihre Fähigkeiten zum Verschließen von Wunden werden erkennbar, wenn man Pflanzengestalt und –verhalten intuitiv auf sich wirken lässt.

Signaturenlehre und Anthroposophische Medizin

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Pharmakologie

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Literatur:
Erich Fried: Gedichte. München, dtv 2002
Johannes Hoffmeister: Wörterbuch der philosophischen Begriffe. Meiner, Hamburg 1955
Roger Kalbermatten: Wesen und Signatur der Heilpflanzen. Die Gestalt als Schlüssel zur Heilkraft der Pflanzen. AT Verlag, Aarau 2002
Kluge: Etymologisches Wörterbuch der Deutschen Sprache. 24. Auflage, Walter de Gruyter, Berlin 2002
Gerhard Madaus: Lehrbuch der biologischen Heilmittel. Band 4. Mediamed Verlag, Ravensburg 1988Wilhelm Pelikan: Heilpflanzenkunde. Band I, Verlag am Goetheanum, Dornach 1999
Henning Schramm: Heilmittel der Anthroposophischen Medizin. Elsevier, bei Urban & Fischer, München 2009
Vademecum Anthroposophische Arzneimittel, hrsg. von der Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland e. V., Supplement zur Zeitschrift „Der Merkurstab“, 2008
Hildebert Wagner, Markus Wiesenauer: Phytotherapie. Phytopharmaka und pflanzliche Homöopathika. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2003
Max Wichtl: Teedrogen und Phytopharmaka. Ein Handbuch für die Praxis auf wissenschaftlicher Grundlage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2002

Anschrift des Verfassers:
Josef Karl, Heilpraktiker
Alpenstr. 25
82377 Penzberg


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Naturheilpraxis 8/2011