FACHFORUM

Rosskastanie (Aesculus hippocastanum)

Von der Signatur zur therapeutischen Anwendung

Margret Rupprecht

Doch immer reift von innen und schwillt der braune Kern. Er möchte Luft gewinnen und säh die Sonne gern, so schreibt Goethe im Buch Suleika im Westöstlichen Divan über Aesculus hippocastanum und deutet zart die in diesem Baum erkennbare Beziehung zum Hellen, aber auch zum Dunklen an. Denn wie wenige andere Bäume vereinigt die Gestalt der Rosskastanie in sich die Polarität von Licht und Finsternis. Das dichte Blattwerk der horizontal angeordneten Teilblätter verdunkelt den Raum unter der Baumkrone so sehr, dass kaum ein Sonnenstrahl auf die Erde fällt. Damit wird sie zu einem beliebten Schattenspender und hat sich im Laufe der Zeit zum bevorzugten Laubbaum für Alleestraßen, Stadtplätze, Biergärten und Gartenrestaurants entwickelt.


Steht die Rosskastanie jedoch in voller Blüte, ist die Baumkrone übersät von weißen Blütenständen, die wie Blütenlichterkerzen in den Himmel ragen. Sie sind von einem solch intensiven Weiß, dass der Baum schon von weitem eine leuchtende Ausstrahlung besitzt.

Nach unten zur Erde hin dunkelt die Rosskastanie ab, nach oben zum Himmel strahlen ihre Blütenkerzen in reinstem Weiß. Auch auf der psychischen Ebene vermag die Rosskastanie das Dunkle mit lichthafter Helligkeit zu überwinden. Was im Übrigen eine Form der – geistigen – Tonisierung ist.

Rosskastanie gehört mit einem Stammumfang von bis zu fünf Metern und einer Höhe von bis zu dreißig Metern zu den stattlichsten Laubbäumen Mitteleuropas. Sie kann ein Alter von zweihundert Jahren erreichen. Der Gattungsname Aesculus wird häufig mit dem lateinischen Verbum edere = essen in Verbindung gebracht. Die Bezeichnung Rosskastanie unterscheidet diese Frucht von der essbaren echten Kastanie als minderwertiger und nicht für den menschlichen Verzehr geeignet. Die Frucht ist reich an Stärke, durch ihren hohen Gehalt an Bitterstoffen jedoch für Menschen ungenießbar, während Tiere sie gern mögen. Matthiolus berichtet in seinem New-Kreuterbuch von 1626, dass die Früchte der Rosskastanie “den keichenden Rossen sehr behülfflich” seien, vermutlich wegen der adstringierenden und antientzündlichen Wirkung ihrer Inhaltsstoffe.

Signaturenlehre und Anthroposophische Medizin

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Aesculus hippocastanum in der Anthroposophischen Medizin

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Literatur
Wilhelm Pelikan: Heilpflanzenkunde III, Verlag am Goetheanum, Dornach 1999
Heinz-Hartmut Vogel: Wege der Heilmittelfindung I, Natur – Mensch – Medizin VerlagsGmbH, Bad Boll 2000
Henning Schramm: Heilmittel der anthroposophischen Medizin, Elsevier, Urban & Fischer, München 2009
Max Wichtl (Hrsg.): Teedrogen und Phytopharmaka, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2002
Gerhard Madaus: Lehrbuch der biologischen Heilmittel, Band 3. Mediamed Verlag, Ravensburg 1988
Artur Burger, Helmut Wachter: Hunnius Pharmazeutisches Wörterbuch, Walter de Gruyter, Berlin 2004
Rudolf Klußmann: Psychosomatische Medizin, Springer Verlag, Berlin und Heidelberg 1998
Rudolf Fritz Weiß: Lehrbuch der Phytotherapie, Hippokrates Verlag, Stuttgart 1991
Roger Kalbermatten: Wesen und Signatur der Heilpflanzen. Die Gestalt als Schlüssel zur Heilkraft der Pflanzen, AT Verlag, Aarau (Schweiz) 2002

Anschrift der Verfasserin:
Margret Rupprecht
Heilpraktikerin und Medizinjournalistin
Hohensalzaer Str. 6a
81929 München

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Naturheilpraxis 7/2011