Ernährung

Vegetarier oder nicht?

Reminisenzen über einen alten „Streit“

Gerhard Glas

Wir möchten zum Abschluss unseres Themenschwerpunktes „Ernährung“ einen kleinen feuilletonistischen Ausflug machen, der auch wunderbare persönliche Züge trägt. Dazu sollte man wissen, dass unser bekannter Kollege Gerhard Glas seit 1955 Praktiker und somit auch ein Urgestein unseres Berufsstandes ist. Von ihm habe ich auch 1983 die Chefredaktion unserer Naturheilpraxis übernommen. Als damaliger Präsident des FDH durfte ich ihm in den achtziger Jahren die Urkunde zur Ehrenmitgliedschaft überreichen. Gerhard Glas praktiziert heute noch in Augsburg. Er ist überzeugter Vegetarier. In den neunziger Jahren hatten wir die Ehre, ihn einmal auf unserem Bauernhof zu empfangen. Respektvoll „kreierten“ wir ein vegetarisches Menu. Damit es nach unserem Verständnis „dennoch herzhaft“ schmecken sollte, hatten wir an Gewürzen mit indischem Einschlag nicht gespart und wir waren sehr froh, dass es ihm offensichtlich richtig gut schmeckte – und uns übrigens auch. Dann sahen wir uns regelmäßig aber immer nur kurz bei der Münchner Tagung im November. Neulich erreichte mich ein Brief nebst Anhängen, die ein wunderbares Schlaglicht auf den alten „Streit: vegetarisch oder fleischlich“ werfen. Damals ging es allein um den gesundheitlichen Aspekt, während heute ja die Ökobilanz in den Argumentationsvordergrund getreten ist. Lassen Sie sich den kleinen sozialromantischen Rückblick gefallen.
Karl F. Liebau


Brief des Kollegen Gerhard Glas

Lieber Herr Kollege Liebau,
in meinem „Archiv“ zu Ernährungsfragen (mein Spezialgebiet) fand ich aus dem Jahre 1956 einen Artikel aus der unabhängigen Monatsschrift zur Förderung und Pflege richtiger Lebensführung „Die Gesundheit“, den mein Vater seinerzeit beantwortet hat.

Da das Thema Vegetarismus ein sehr wichtiges und ein unendliches geworden ist hinsichtlich gesundheitlicher, ökonomischer, ökologischer, ethischer und moralischer Fragen ist es sicher opportun, wenn es in der „Naturheilpraxis“ immer wieder aufgegriffen wird.

Nun nehmen sich beide Autoren der beiliegenden Artikel in einem etwas lockereren Stil als üblich dieses Themas an, dennoch durchaus ernsthaft. Es liest sich recht flüssig und regt zum weiteren Nachdenken an über Thema „Fleisch oder nicht Fleisch“.

Das ist ja wohl beabsichtigt. Immerhin ist es für die Leser sicherlich interessant, zu erfahren, wie Menschen sich vor über 50 Jahren zum Thema Vegetarismus äußerten, rein aus der Lebensbeobachtung heraus, ohne „wissenschaftliche“ Argumente. Ich bin mir nicht sicher, ob Sie wissen, wie ich zum Vegetarismus gekommen bin. Das ist im Zusammenhang mit den beiden Artikeln für Sie vielleicht interessant. Durch die Pockenimpfung bekam ich Lymphdrüsen-Tb und Lupus vulgaris.

Ärzte konnten mir nicht helfen. Mein Vater fand einen Heilpraktiker, der die Behandlung unter der Bedingung übernahm, dass ich (damals drei Jahre alt) absolut vegan ernährt werde. Er erklärte meinen Eltern, dass der Mensch nicht dazu eingerichtet ist, tierisches Eiweiß zu verdauen; da blieben so viele giftige Stoffe im Körper, die der beste Nährboden für bakterielle Erkrankungen seien. Die Kuhmilch und Produkte daraus bezeichnete er als die größte gesundheitliche Belastung.

Obwohl meine Eltern sich selbst nicht für die vegane Kost begeistern konnten, haben sie die Bedingung des Kollegen voll erfüllt. Ich konnte mit sieben Jahren völlig gesund eingeschult werden. Wie Sie wissen, habe ich diese Kost bis zum heutigen Tag beibehalten (mit ganz ganz seltenen kleinen Ausnahmen, meist äußerer Umstände halber, aber Tierleichenteile habe ich nie gegessen). Ich werde dieses Jahr 83 Jahre alt, bin in jeder Weise fit. Laut Iris bin ich mit einer schlechten Grund-„Gesundheit“ belastet. Man sieht also, mit naturgemäßer Lebensweise kann viel erreicht werden. Es stimmt also, was Sie bei der Überreichung der Urkunde zu meiner Ehrenmitgliedschaft sagten, dass ich ein Überzeugungstäter sei. Der „Lebensretter“ Kollege Willy Rüdrich wurde später mein Lehrmeister.

Da uns bei den Tagungen nicht viel Zeit zum Plaudern zur Verfügung steht, habe ich mir erlaubt, ein bisschen Privates zu Papier zu bringen.

Auf die Milch, gemeint ist Kuhmilch für den Menschen als Nahrungsmittel, möchte ich ganz besonders hinweisen. Sie ist neben den Impfungen die größte (meist unbekannte) gesundheitliche Katastrophe für die Menschen weltweit. Ich empfehle Ihnen, dringend folgendes Buch zu lesen: Maria Rollinger „Milch, besser nicht“ (Jou-Verlag Erfurt, ISBN 978-3-940236-00-5)

Sie werden großen Nutzen durch diese Lektüre haben und sicher die Überzeugung gewinnen, zu diesem Thema öfter und umfangreich in der Naturheilpraxis Artikel unterzubringen. Alles, was ich in den letzten 30 Jahren über Milchernährung und dessen Folgen zu lesen bekam, habe ich „vereinnahmt“. Obiges Buch ist weitaus das Beste. Besorgen Sie sich die 2. aktualisierte und überarbeitete Auflage von 2007.

Der Inhalt des Buches ist äußerst wertvoll – wie eine Doktorarbeit mit Auszeichnung. Keine Polemik, alles bestens recherchiert und wissenschaftlich belegt, 350 Seiten, Dennoch spannend zu lesen.

So, lieber Kollege, jetzt bin ich alles los, was ich los werden wollte. Ich wünsche Ihnen beste Gesundheit, frohes Schaffen und sende herzliche Grüße, auch an Ihre Frau

Ihr Gerhard Glas

Hallo! Sind Sie ein Vegetarier? „Jeder Fanatismus ist unhygienisch“
von Heinz Rein

Entnommen der unabhängigen Monatsschrift zur Förderung und Pflege richtiger Lebensführung „Die Gesundheit“. Agis-Verlag GmbH, Krefeld und Baden-Baden. 7. Jahrgang, Nummer 7, Juli 1956

Leserbrief des Vaters von Gerhard Glas, Anton Glas auf den vorausgegangenen Artikel im Juli 1956
Hallo! Sind Sie Vegetarier?

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Naturheilpraxis 6/2011