SPEZIAL

Einheimisches Schamanentum – eine Einführung

Frank Röpti

Der folgende Aufsatz soll eine Einführung bieten. Dies mag vielleicht ein wenig vermessen erscheinen, betrachtet man die reichhaltigen Publikationen der letzten Jahre, die zum Thema Schamanismus veröffentlicht worden sind. Sowohl theoretische Beobachter und Forscher als auch verschiedene Praktiker haben ihre Arbeiten veröffentlicht, ein Blick in die Buchregale der Händler, insbesondere unter den Überschriften „Esoterik“ oder „Alternativmedizin“ gibt hierüber reichhaltig Auskunft. Neben Zweifelhaftem ist auch sehr Gutes und insbesondere für den Praktiker Interessantes und Hilfreiches geschrieben worden.


I. Vorwort

Trotzdem fällt etwas auf. Beim Thema Schamanismus richten sich die Blicke der meisten Interessierten gen ferne Lande. Beim Begriff denkt man also nicht zuerst an einheimische Traditionen, Praktiken und Praktiker. Im Gegenteil wandert die Imagination sowie einiges andere weit weg: nach Sibirien, nach Südamerika, nach Tibet oder China. Dafür gibt es so einige Gründe, wie ich die letzten Jahre erfahren durfte. Es ist nicht Ziel dieser Arbeit, das zu diskutieren, wiewohl hier durchaus diskutiert und hinterfragt werden kann und sollte.

Es gibt sie, die einheimischen „Schamanen“. Nach wie vor werden auch bei uns in Mitteleuropa immer wieder Menschen mit Geisterbegabung geboren. Das ist nichts Besonderes, ebenso wenig, wie es andere Menschen mit anderen Begabungen gibt, die aber vielleicht ein wenig leichter im Leben manifestierbar sind oder aber die schlicht andere spirituelle Wurzeln haben. Die Schamanenbegabung ist bei uns immer noch ein großer blinder Fleck. Menschen, die eine solche Begabung haben und tragen müssen, können sie oftmals nicht erkennen, geschweige denn entfalten und leben, sei es weil ihnen das Wissen dazu fehlt, sei es aus anderen blockierenden Gründen.

Die letzten Jahre, insbesondere seit Michael Harners Coreschamanismus publiziert1 und durch die „Foundation for Shamanic Studies“ (FSS) weltweit verbreitet wurde, zeichnet sich allmählich eine zunehmende Änderung ab. Es ist (unter anderem) Harners Verdienst, einen gangbaren Ansatz funktionierender Techniken entwickelt zu haben, die eine echte Hilfe sein können, die eigene Schamanenbegabung aufzuspüren, zu entwickeln und zu leben.

Hervorragende Arbeit wird auch von verschiedenen Einzelanbietern geleistet, die seit Jahren schamanisieren und ihr Wissen mit anderen Praktikern bereitwillig austauschen und teilen.

Das Augenmerk auf dieses neu entstehende, einheimische Schamanentum und deren Praktiker zu richten sowie zu ermutigen, etwas mehr Vertrauen gegenüber den „eigenen Leuten“ zu entwickeln – dies ist der Sinn meiner „Einführung“. Ein weiterer wichtiger Aspekt der hier verborgen ist und frei gelegt werden kann, ist die enge Verbindung der Naturheilkunde, auch der traditionell westlichen, zu dem, was man heute gemeinhin mit Begriffen wie Schamanismus oder schamanisches Denken und Fühlen umschreiben könnte. Um einen Blick auf diese Themen zu werfen werde ich zunächst einige wesentliche Grundzüge beschreiben, wie sie seit einigen Jahren in der schamanischen Technik bei uns Fuß gefasst haben. Daran anknüpfend soll das Augenmerk auf das europäische Schamanentum gelenkt werden, welches bei uns sehr wohl alte Wurzeln hat und heute wiederentdeckt und neu gelebt werden kann.
Nachfolgende Arbeiten werden sich genauer mit explizit schamanischen Techniken des Heilens sowie meinen eigenen schamanischen Blicken auf das, was ich westliche traditionelle Heilkunde nennen möchte, beschäftigen.

II. Zum Schamanismus – Begriff
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III. Der schamanische Kosmos
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Exkurs: Angedeutete Verbindungen zwischen Schamanentum und Medizinkunst
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IV. Grundtechniken der Schamanenkunst
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V. Die Verbündeten:
Schutzgeister, Krafttiere, Lehrer und Hilfsgeister
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VI. Über Trance: der schamanische Bewusstseinszustand
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VII. Über die Schamanenkrankheit
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VIII. Die Schamanenwerdung in unserer Kultur
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IX. Einige Vertreter der Schamanenkunst – mitten unter uns
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Anmerkungen
1 Harner (1999)
2 Uccusic (2000)
3 Fries (1997, 2004) Blain (2002)
4 Wiewohl ich selbst die Revitalisierungsversuche einer längst vergangenen Kultur auf Basis eher spärlicher Überlieferungen kritisch sehe und zumindest für mich nicht unbedingt als notwendig empfinden würde, achte und respektiere ich die entsprechenden Praktiker.
5 Dies trifft übrigens auch für technische bzw. von Menschen gemachte Erscheinungsformen der Materie zu. So gesehen ist das Auto, der Computer, das Wohnhaus oder die Stadt ebenfalls beseelt.
6 Das kann im Übrigen auch nachgelesen werden, beispielsweise bei Eliade (1954)
7 Apu Kuntur (2009)
8 Storl (2005, et al.)
9 Gnosis war im Übrigen eine uralte, heute „verschollene“ Religion, gemeint ist damit zumindest also etwas Spirituelles, genauer: ein „Werkzeug“ persönlicher Art. Diese persönliche eigene Erkenntnis steht im Übrigen im auffälligen Gegensatz zu einem primär schriftgelehrten Zugang zum spirituellen Urgrund. Siehe dazu Mead (2008)
10 Hervorragend und verständlich verarbeitet von beispielsweise Rippe / Madejsky (2006)
11 Harner, Uccusic, Ingerman, Klemenc, Fries (1997) , et al.
12 Harner (1999)
13 ders., ebend.
14 Eliade (1954)
15 Dies steht im Übrigen im auffälligen Gegensatz zu Gepflogenheiten unserer derzeitigen „esoterischen Szene“, in der man immer wieder vernehmen kann, dass Menschen gerne Schamanen sein wollen (und sich oft genug nach geringsten Zeiträumen dann plötzlich auch als solche bezeichnen).
16 Die tatsächliche Selbstverwirklichung der Seele, des eigenen Seelenkerns, ist im Übrigen nicht nur das, was dem Schamanen Heilung bringt, das trifft aus meiner Sicht für ausnahmslos jeden Menschen zu.
17 Eine gewisse Vorsicht jedoch scheint mir auch angeraten: Die esoterische Szene, auch was den Schamanismus angeht, bietet viel feil, was unnütz ist bzw. in erster Linie der Brieftasche verschiedenster Anbieter zuträglich sein dürfte. Neuerdings kann man auch vernehmen, dass verschiedentlich Institutionen „Berufsausbildungen“ zum – wohlmöglich zertifizierten – Schamanen anbieten. Ich halte das aus mehreren Gründen für äußerst fraglich.
18 Saryglar selbst hat übrigens bei mehreren Gelegenheiten verlauten lassen, dass „die Europäer“ gar nicht mehr nach Sibirien müssten, wenn sie endlich ihre eigenen Schamanen sehen und anerkennen würden.
19 foundation for shamanic studies – http://fss.at/
20 http://schamanistik.org/

Literaturauswahl
- Apu Kuntur (Klemenc, Stefan N.): Der Flug des Kondors, Aachen: Shaker Media 2009
- Blain, Jenny: Seidr – Die neun Welten der Seidrmagie – Ekstase und Schamanismus im nordischen Heidentum, Engerda: Arun – Verlag 2002
- Eliade, Mircea: Schamanismus und archaische Ekstasetechnik, Zürich / Stuttgart: Rascher & Cie 1954
- Fries, Jan Seidways, Bad Ischl: Edition Ananael 2004
- Fries, Jan: Helrunar – Ein Handbuch der Runenmagie, Bad Ischl: Edition Ananael 1997
- Harner, Michael: Der Weg des Schamanen – Das praktische Grundlagenwerk zum Schamanismus, Kreuzlingen/München: Heinrich Hugendubel Verlag (Ariston 1999)
- Ingermann, Sandra: Die schamanische Reise, Kreuzlingen / München: Heinrich Hugendubel Verlag (Ariston 2004)
- Mead, George R. S.: Die Gnosis – Fragmente eines verschollenen Glaubens, Köln: Anaconda Verlag 2008 (Originalausgabe erschien 1900: „Fragments of a faith forgotten: Some short sketches among the gnostics…”)
- Rippe, Olaf / Madejsky, Margret: Die Kräuterkunde des Paracelsus, Baden / München: AT Verlag 2006
- Storl, Wolf D.: Kräuterkunde, Bielefeld: Aurum in J. Kamphausen Verlag 2006
- Uccusic, Paul: Der Schamane in uns, Kreuzlingen / München: Heinrich Hugendubel Verlag (Ariston 2000)

Anschrift des Verfasser:
Frank Röpti

Anschrift des Verfassers:
Ernst-Albert Meyer
Fachapotheker für Offizin-Pharmazie und Medizin-Journalist
Oldendorfer Str. 4431840 Hessisch Oldendorf

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Naturheilpraxis 5/2011