Klassische Homöopathie

Die homöopathische Therapie einer Rechtschreibschwäche

Ulrich Pleines

Zusammenfassung: Bei einem Teenager werden eine Lese-Rechtschreib-Schwäche und neu Absencen im Rahmen einer epileptiformen Störung diagnostiziert. Diese Leiden werden mit Hilfe der klassischen Homöopathie therapiert. In diesem Artikel finden Sie die Fallaufnahme, die Fallanalyse und den Verlauf dokumentiert

Schlüsselwörter: Anamnese, Dokumentation, Heilhindernisse, Arzneimittelbilder, Typisierung.


Eine Mutter bittet mich um Hilfe. Ihre bald 17jährige Tochter Nele (Name geändert) habe eine Rechtschreibschwäche, die sich nicht bessere. Da nächstes Jahr der Schulabschluss bevorstehe, sei es an der Zeit, etwas zu unternehmen.

Fallaufnahme am 16.04.2008

Zunächst berichtet die Mutter: Nele habe ein komplexes Sprachproblem, welches seit dem Sprechlernalter bestehe. Es sei durch den Vergleich mit Gleichaltrigen erkannt und auch seitdem behandelt worden. Das richtige Sprachverständnis sei stets vorhanden gewesen. Eine fragliche Lese- und Rechtschreibschwäche im Sinne einer Legasthenie bestehe seit etwa einem Jahr. Nele mache viele Schreibfehler. Die Mutter glaube aber, dass die Tochter könne, wenn sie wolle. Sie berichtet in diesem Zusammenhang von zwei fast fehlerfrei abgeschriebenen Seiten, wofür Nele allerdings auch sehr viel Zeit benötigt hätte. In Mathematik habe sie Schwierigkeiten bei Aufgaben der Geometrie (Flächenberechnungen).

Kurz nach der Geburt der Tochter sei der Mutter aufgefallen, dass die Hände zitterten, was auch im weiteren Verlauf häufiger aufgetreten sei und jetzt noch beim Schreiben an der Tafel, bei Aufregungen und bei Lampenfieber vorkäme.

Die Mutter benutzt während ihres Berichtes häufig Redewendungen wie „mein Kind“, „wir wollen“, „schwebt oberflächlich über etwas hinweg“.

Nele habe nicht gekrabbelt, sei gleich gelaufen (mit ein Jahr an der Hand, freies Gehen mit 17 Monaten). Sie habe sich lange festgehalten, sei sehr schüchtern gewesen, feinfühlig, sensibel. Sie habe immer viel Sicherheit gebraucht. Im Kindergartenalter habe sie erst „halb“ gesprochen, problematisch seien sowohl die Wortfindung als auch Lautbildung und Satzstellung gewesen. Nele wurde mit sieben Jahren in die Vorschule eingeschult. Sie habe seit dem Sprechlernalter Logopädie und Ergotherapie erhalten, jedoch ohne messbaren Erfolg. Eine Erkrankung der Hörorgane konnte ausgeschlossen werden. An weiteren Therapien seien unternommen worden: Audiopsychophonologie (habe die Sprache, Motorik und das ängstliche Wesen gebessert), Kinesiologie, Lern-CDs, Schamanismus, Craniosacraltherapie (welche die Kurzsichtigkeit gebessert hätte). Heute spricht Nele nuschelnd, als ob sie den Mund nicht aufbekäme. Die motorische Entwicklung sei ansonsten unauffällig gewesen, Fahrradfahren habe sie schnell gelernt. Es habe aber Angst bestanden, in eine Sandgrube zu springen oder über Latten zu balancieren, was die Mutter auf die Sehschwäche zurückführte. Die Konzentration sei kein Problem.

Da bis hierhin nur die Mutter berichtet hatte, wollte ich gerne eine Zeit lang mit Nele alleine verbringen und schickte die Mutter für eine Stunde „zum Einkaufen“. Bevor sie ging, bemerkte sie noch, dass Nele manchmal eine Eigenart habe, mitten im Gespräch die Augen zu schließen, etwas Unverständliches zu murmeln, gar nichts mehr wahrzunehmen. Das dauere drei bis fünf Sekunden an, dann sei Nele wieder „normal“. Nele wisse davon nur, dass sie „träume“. So habe es vor zwei Jahren sogar im Schulzeugnis gestanden. Dieses Phänomen bestünde ca. seit dem sechsten Lebensjahr. Phasenweise trete es häufiger auf (auch mehrmals täglich), dann wiederum fast gar nicht. Verstärkt trete es bei Müdigkeit auf.

Weitere Symptomatik nach dem Kopf-Fuß-Schema:

Nachfolgendes wurde mit Nele zum großen Teil alleine erhoben, ergänzt durch Angaben der Mutter:

- Milchschorf als Kleinkind.
- ca. 5-mal jährlich erkältet mit Halsschmerzen, verstopfter Nase, leichtem Fieber, zuletzt vor vier Wochen.
- Zu Schulbeginn in der ersten Klasse habe sie eine Zeit lang leichtes Nasenbluten gehabt.
- Geruchsverlust bei Schnupfen, ansonsten sei der Geruch nicht beeinträchtigt.
- Dentition mit ca. neun Monaten; im Alter von ca. sieben Jahren habe jeder Zahn geschmerzt; vier Kunststoffzahnfüllungen.
- Die Zunge ist leicht gelbweiß über den gesamten Zungenkörper belegt, die Papillen scheinen hindurch. Der Zungenkörper selbst ist rosa.
- Sie habe manchmal das Gefühl einer „dicken Spuckeblase“ im Hals (Kehlkopfbereich); sie müsse sich oft räuspern.
- Abneigungen: Fisch (außer Fischstäbchen, Scampi, Thunfischpizza, Muscheln) und Spinat
- Sie möge gerne Pommes frites. Eher durstlos. Wenig Süßigkeiten, da dann ihre Haut schlechter sei. Der tägliche Speiseplan, den sie beschrieben hat, ist ausgewogen.
- Stuhl: mal geformt, mal breiig, mal kleine Stücke, ziemlich stinkend.
- Zeitpunkt der Menarche unerinnerlich (Mutter: Es sei mit 14 Jahren gewesen). Die Menses seien regelmäßig, Dauer ca. eine Woche, sie benötige zwei Binden/Tag. Die Blutung sei schmerzhaft, sie nähme Schmerztabletten. Das Menstruationsblut sei dunkel, vereinzelt mit kleinen Stücken. Sie habe Schmerzen in den vorderen Oberschenkeln während der Blutung.
- Ihr sei häufig schwindelig und schwarz vor den Augen beim Aufstehen vom Sitzen, es gehe aber immer rasch vorbei.
- Die Hände sind kühl, etwas feucht. Sie hat „Trauerränder“ unter den Nägeln. Nagelbeißen von drei bis 14 Jahren.
- Eher frostiger Typ. Sie habe als Kind die Sonne nicht gut vertragen.
- Sie spreche oder singe im Schlaf und schnarche. Schlafdauer: neun Stunden. Nele berichtet von einem wiederkehrenden Traum: Sie wird von einem Dinosaurier beobachtet und verfolgt, der sich dann aber in ihre Katze verwandelt.
- Post partum habe sie eine starke Gelbsucht entwickelt. Die Haut habe in den ersten Lebenswochen sehr gereizt gewirkt. Sie hat Pickel an Stirn und Rücken. Wenn sie viele Süßigkeiten esse, bekäme sie rissige Handflächen (das habe die Mutter auch). Als Kind habe sie zahlreiche Warzen an den Händen gehabt (gelblich, weich, mehr links als rechts; weggepinselt mit Propolis). Alle Familienmitglieder neigten zu sehr juckenden Hautausschlägen mit Bläschen. Bei der Inspektion entdecke ich, dass die Haut an den Füßen rissig ist.

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Naturheilpraxis 4/2011