Diabetes

Wem die Süße fehlt

Anregungen zur naturheilkundlichen Behandlung der diabetischen Depression

Margret Rupprecht

Süß Liebe liebt den Mai, so endet ein Volkslied des deutschen Komponisten Friedrich Silcher. Was auf den ersten Blick nur eine banale Liedzeile zu sein scheint, offenbart bei näherer Betrachtung eine Fülle an interessanten Zusammenhängen: Von jeher wird die Liebe in Dichtung und Literatur mit dem Attribut der Süße und mit den aufbauenden Kräften des Frühlings, hier mit dem Wonnemonat Mai, in Verbindung gebracht. Was haben diese Zusammenhänge mit dem Krankheitsbild Diabetes zu tun? Viel!


Diabetes mellitus zählt im naturheilkundlichen Verständnis zu den sog. Sklerosekrankheiten. Es kommt nicht von ungefähr, dass die generalisierte Arteriosklerose und ihre Folgen die am meisten gefürchtete Komplikation der Zuckerkrankheit darstellt. Als Ursache des Diabetes sieht die Schulmedizin genetische Faktoren bzw. Autoimmunmechanismen, vor allem beim juvenilen Diabetes, oder die Adipositas beim Altersdiabetes. Diese Betrachtungsweise bleibt allerdings an der Oberfläche.

„Was bedeutet Zucker für Ihr Leben?“, so lautete vor einigen Jahren der Werbeslogan eines Industriezuckerherstellers. Die Frage ist berechtigt und ihre Beantwortung sollte differenziert ausfallen: Zucker ist weder so harmlos, wie es von den Süßigkeitenherstellern suggeriert wird, noch so ungesund, wie die Bioladen-Werbung ihre Kunden glauben macht. Die Wahrheit liegt in der Mitte. Denn: ohne Zucker läuft im menschlichen Stoffwechsel gar nichts. Zucker (Glukose) ist diejenige Substanz, die über das Blut für alle aufbauenden Prozesse in den organischen Strukturen ebenso wie im emotionalen Haushalt verantwortlich ist. Überall, wo sich Aufbauprozesse vollziehen, ist Glukose als entscheidender Energielieferant ihr Vermittler. Es fällt auf, dass beim Diabetiker die Ich-Tätigkeit zu schwach ist, um Zucker als Substanz zu ergreifen und als Mittler für die Stoffbildung zu nutzen. Metabolische Störungen in vielen Bereichen des Stoffwechsels sind die Folge. Der Zuckerkranke befindet sich so gesehen ständig in einer katabolen – „depressiven“ – Stoffwechsellage. Der Zucker gleitet ihm zwar nicht durch die Finger, aber durch die Nieren. So verliert er wertvolle Aufbau- und Energiesubstanz und befindet sich quasi ständig in einer katabolen Situation: Abbaukräfte überwiegen Aufbaukräfte, das Verlieren überwiegt das Gewinnen, der Mangel die Zufuhr. Die Energiebilanz wird negativ. Eine Glucosurie kann so gesehen als körpersprachlicher Ausdruck des ständigen Energieverlustes angesehen werden. Der Diabetiker verliert wertvolle Substanz und kann daher gar nicht anders als zu sklerotisieren. Es liegt auf der Hand, dass diese Stoffwechselvorgänge, wenn sie über Jahre bestehen, auch auf der emotionalen Ebene von „katabolen“, d. h. depressiven Symptomen begleitet werden. Oder, um wieder literarisch zu werden: Diabetes ist die Krankheit des menschliches Herbstes, wenn die Phase des Frühlings und des Aufbaus vorüber ist. Nicht umsonst werden die meisten Diabetiker erst im letzten Drittel ihres Lebens zuckerkrank.

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Literatur
Ursel Bühring: Praxis-Lehrbuch der modernen Heilpflanzenkunde. Grundlagen – Anwendung – Therapie. Sonntag Verlag, Stuttgart 2005
Volker Fintelmann: Intuitive Medizin – Anthroposophische Medizin in der Praxis. Hippokrates Verlag in MVS Stuttgart, 2007
Otto Gillert, Walther Rulffs: Hydrotherapie und Balneotherapie. Pflaum Verlag, München 1990
Roger Kalbermatten: Wesen und Signatur der Heilpflanzen. Die Gestalt als Schlüssel zur Heilkraft der Pflanzen. AT Verlag, Aarau (Schweiz) 2002
Ruediger Dahlke: Krankheit als Symbol. Ein Handbuch der Psychosomatik. Bertelsmann Verlag, München 2002
Rudolf Klußmann: Psychosomatische Medizin. Springer Verlag, Berlin und Heidelberg 1998
Hildebert Wagner, Markus Wiesenauer: Phytotherapie. Phytopharmaka und pflanzliche Homöopathica. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft. Stuttgart 2003
Max Wichtl (Hrsg.): Teedrogen und Phytopharmaka. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2002

Anschrift der Verfasserin:
Margret Rupprecht
Heilpraktikerin und Medizinjournalistin
Hohensalzaer Str. 6a
81929 München
www.quinta-essentia.info

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Naturheilpraxis 2/2011