SPEZIAL

200 Jahre Organon

Wo Samuel Hahnemann das Organon schrieb

Von Carola Scheurer

Nach dem 2. Weltkrieg erlebte die Ausübung der Homöopathie in Deutschland einen Niedergang und damit erlahmte auch das Interesse an ihrer Geschichte. Erst mit der Renaissance der Homöopathie in den 80er und 90er Jahren nahm auch das Interesse an ihren Ursprungsorten wieder zu. Da diese vornehmlich in Mitteldeutschland liegen und in der damaligen DDR keine Würdigung der Homöopathie erfolgte, gab es lange kaum Möglichkeiten, diese Stätten zu besuchen. Langsam, aber stetig wächst das Interesse an der Homöopathie und ihrer Geschichte. In diesem Jahr blickt die homöopathische Welt auf 200 Jahre Existenz des „Organon der Heilkunst“ zurück, eines ihrer Grundlagenwerke, das Samuel Hahnemann, 1810 in Torgau verfasste.

Das Haus Pfarrstraße 3 in Torgau geriet wegen seines schlechten baulichen Zustandes auf die Abrissliste der Stadt. Dank eines Regenschadens und der dadurch freigelegten farbigen Wandmalereien wurde der Plan geändert und restauratorische Untersuchungen begannen. Durch Nachforschungen des Torgauer Geschichtsvereins wurde der Kaufvertrag gefunden, der von Dr. Samuel Hahnemann am 15. März 1805 unterzeichnet worden war. Biografien Hahnemanns enthielten Angaben, wonach Samuel Hahnemann in Torgau gewohnt hatte, aber erst seit 2005 steht sicher fest, in welchem Haus.

Während 2002 umfangreiche Restaurierungs- und Sanierungsmaßnahmen am Torgauer Hahnemann-Haus begannen, schloss sich eine Gruppe von Homöopathen, beraten und unterstützt von namhaften Kollegen aus der ganzen Welt, 2003 zum Internationalen Homöopathiekolleg Torgau e.V. zusammen, um das Haus für die Nachwelt zu bewahren und im Sinne Hahnemanns wiederzubeleben. Einer der Mitbegründer ist Dr. Peter Alex, der derzeit Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins ist.

Schon 2003 begann die erste 3-jährige berufsbegleitende Homöopathie-Ausbildung am Torgauer Kolleg. Für jeden Ausbildungskurs findet ein Wochenendseminar im Monat statt. Jährlich melden sich 8 – 15 an Homöopathie Interessierte an, um in historischem Ambiente eine fundierte Homöopathieausbildung zu beginnen. Anders als Hahnemanns Studenten stehen unseren Kursteilnehmern moderne Lehrmittel, eine Lehrpraxis sowie zahlreiche Bücher in unserer Bibliothek zur Verfügung.

Nachdem die Familie Hahnemann bereits 1801 bis 1803 schon einmal ganz in der Nähe (in Eilenburg) gewohnt hatte, führte sie ihr Weg über Wittenberg, Dessau und Schildau schließlich, nach mehreren Umzügen um Weihnachten 1804, in das stattliche Torgauer Freihaus – „ein Haus mit Einfahrtthor und Garten“...

Hahnemanns Torgauer Haus hatte bereits eine mehr als 300jährige Geschichte, als die Familie es bezog. So war es vom sächsischen Kurfürsten Friedrich dem Weisen Anfang des 16. Jahrhunderts als Lehen an seinen Berater Hans von Minckwitz gegeben worden. Daher war es ein „Freihaus“, was bis ins 19. Jahrhundert bedeutete, dass der Besitzer keine Steuern und Abgaben an den Rat der Stadt leisten musste. Es war, ursprünglich als städtischer Adelssitz errichtet, auch um 1800 noch ein repräsentatives Gebäude. Die heute wiederhergestellten prächtigen Wand- und Deckenbemalungen aus der Renaissance hat die Familie Hahnemann jedoch nie zu Gesicht bekommen, da alle Decken – der Mode der Zeit entsprechend – abgehangen und mit Stuck verziert worden waren.

In Torgau nahm Dr. Samuel Hahnemann noch vor Weihnachten 1804 seine Praxistätigkeit auf, die Zahl der Praxisbesucher stieg ständig an: 1811 kamen durchschnittlich 5 Kranke pro Tag, wobei Hahnemann auch an Sonn- und Feiertagen behandelte.

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Quellen:
Alex, Peter; Wo das Organon entstand, Edition Krannich, Grimma 2004
Hahnemann, Samuel; Organon der rationellen Heilkunde, Arnold, Dresden 1810
Organon der Heilkunst, 6. Auflage, Verlag von Dr. Wilma Schwabe, 1921
Herzog, Jürgen; Samuel Hahnemann – Seine Lebensstationen Schildau und Torgau, Schriften des Torgauer Geschichtsvereins Bd. 5, Torgau 2005
Kaiser, Daniel und Schmidt, Josef M; Samuel Hahnemann – Gesammelte kleine Schriften, Haug Verlag, Heidelberg 2001
Carola Scheuren und Dr. Egon Krannich, Zu den Ursprüngen der Homöopathie, Ein Reiseführer, Krannich Verlag 2008

Anschrift der Verfasserin:
Carola Scheuren
Pfarrstr. 3
04860 Torgau
E-Mail: Info@hahnemann-torgau.de

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Naturheilpraxis 11/2010