FACHFORUM

Können Darmbakterien dick machen?

von Christiane Pies und Reinhard Hauss

Die einen können futtern was sie wollen und nehmen nicht zu. Die anderen werden schon beim bloßen Anblick von Essen dick. Jeder von uns kennt Vertreter der beiden Kategorien oder gehört zur leidgeprüften zweiten Gruppe. Zahlreiche Diäten wurden in der Vergangenheit durchgeführt und ausprobiert, doch nichts führte zu einer langfristigen Gewichtsreduktion.

Wenn wir uns heute auf der Straße umschauen, drängt sich uns der Verdacht auf, dass wir einer gigantischen Übergewichtsepidemie entgegengehen. Seit nunmehr 20 Jahren nehmen das durchschnittliche Körpergewicht und damit die Häufigkeit von Übergewicht kontinuierlich zu. Laut World Health Organisation waren 1995 etwa 200 Millionen Erwachsene übergewichtig (BMI > 25 – 29,5 kg/m2). Im Jahre 2005 ist diese Zahl auf 400 Millionen angestiegen. Für 2015 wird geschätzt, dass mehr als 2,3 Milliarden Menschen übergewichtig und 800 Millionen adipös (BMI > 30 kg/m2) sein werden. In Deutschland leiden laut einer Studie aus dem November 2005 mindestens 66 Prozent der Männer und 51 Prozent der Frauen an Übergewicht. Heute hat nur noch etwa ein Drittel der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland ein Körpergewicht, das nicht mit erhöhten Krankheitsrisiken verbunden ist.

Das soganannte metabolische Syndrom wird heute als entscheidender Risikofaktor für koronare Herzkrankheiten und Arteriosklose angesehen. Die Kriterien für das metabolische Syndrom sind in den letzten Jahren wiederholt geändert worden. Im wesentlichen handelt es sich um einen Symptomkomplex aus Adipositas (insbesondere am Bauch), Insulinresistenz, Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen.
Ein besonderes gesellschaftliches Problem ist die Tatsache, dass auch die Zahl übergewichtiger Kinder seit Jahren dramatisch ansteigt. Diabetes,

Bluthochdruck und koronare Herzerkrankungen werden auch in Zukunft immer häufiger auftreten und damit ein großes gesellschafts- und gesundheitspolitisches Problem.

Die Ursachen sind schnell ausgemacht: Eine Diskrepanz zwischen Energieaufnahme und Energieverbrauch und ein zunehmend bewegungsarmer Lebensstil. Doch leider sind die Ursachen wesentlich vielfältiger. Der Ansatz, eine Gewichtsreduktion über eine eingeschränkte Kalorienzufuhr zu erreichen, stößt auf ein im Rahmen der Evolution hochentwickeltes System, welches einer diätetischen Verminderung der körpereigenen Energiereserven mit allen Mitteln entgegenwirkt. Die ausbleibenden Erfolge bei den bisherigen Vermeidungs- und Therapiestrategien zur Adipositas lassen vermuten, dass die für die Entstehung der Adipositas verantwortliche Dysbalance zwischen Energieaufnahme und Energieverbrauch weiteren, in ihrem Zusammenhang noch unverstandenen Mechanismen unterliegt, die das eigentliche Regulativ darstellen.

Neben physiologischen Faktoren, die auf einer fehlgeleiteten Ausschüttung von Sättigungs- bzw. Hunger-vermittelnden Hormonen basieren, sind die Zusammensetzung der intestinalen Flora, die Stress- und Sexualhormone ebenso wie die Wachstumshormone und das Immunsystem als Co-Faktoren in der Diskussion.

1. Stress

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2. Das serotonerge System

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3. Veränderung der intestinalen Flora

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4. Fettgewebe als endokrines Organ

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5. Spezifische Adipokine

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6. Übergewicht und Allergien

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7. Die Beteiligung der Schilddrüse an der Adipositas

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8. Die empfohlene Ernährungsumstellung:

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Literaturauswahl:
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Anschrift der Verfasser:
Christiane Pies, Dipl. Biol.
Dr. rer.nat. R. Hauss
Kieler Str. 71
24340 Eckernförde
www.hauss.de

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Naturheilpraxis 10/2010