BERICHTE

20 Jahre Chirotage Lenggries

Vom 09. bis 11. Juli 2010 fanden im oberbayerischen Lenggries die Chirotage statt, die sich längst über Bayern hinaus als eine der renommiertesten Fachtagungen für manuelle Therapien etabliert haben.
Ihr Markenzeichen, manualtherapeutische Behandlungsstrategien mit naturheilkundlichem Wissen und traditioneller Heilkunde zu verbinden, erfreut sich nunmehr über zwei Jahrzehnte großer Beliebtheit.

„20 Jahre Chirotage – Tradition und Moderne in der Manualmedizin“ lautete daher das Thema der Jubiläumsveranstaltung.

Zu dieser besonderen Veranstaltung fanden sich die Teilnehmer am Freitagmorgen bei strahlendem Sommerwetter zur Kräuterwanderung auf dem Brauneck, dem Lenggrieser Hausberg, ein. Unter Führung des Kollegen Bernd Hertling, der die Fauna und Flora des Alpenvorlandes in gewohnt unterhaltsamer und lehrreicher Art vorstellte, konnten die Kolleginnen und Kollegen eine herrliche Wanderung mit überwältigender Aussicht auf den Alpenhauptkamm genießen. Nach einem gemeinsamen Mittagessen auf der Florianshütte, bei dem das Gelernte bereits im Besprechen von Tee- und Tinkturrezepten umgesetzt wurde, traten die Teilnehmer den Abstieg ins Tal an, um den ersten Tagungsvortrag nicht zu verpassen.

An einen kurzen berufspolitischen Ausblick der Verbandsvorsitzenden Ursula Hilpert-Mühlig, der den Stellenwert der Manualmedizin in der Heilpraktikerpraxis beleuchtete, folgte der Vortrag „Augendiagnose und Bewegungsapparat, wie lässt sich das vereinbaren?“ Der Kollege Wolfgang Schmitz Petri, ein ausgewiesener Kenner und Könner der Irisdiagnose, zeigte in einem umfangreichen Bildvortrag den Kolleginnen und Kollegen der manualtherapeutischen Zunft die Einsatzmöglichkeiten der Irisdiagnose in Verbindung mit manueller Medizin. Und so mancher Zuhörer beschloss, dieses effektive Diagnoseverfahren, das auch ohne großen apparativen Aufwand umsetzbar ist, in sein Praxisrepertoire aufzunehmen.

Den Samstag belegten zwei ganztätige Arbeitsgruppen, die die Teilnehmer im Wechsel besuchen konnten, und so ausreichend Zeit zur Verfügung hatten, um intensiv die vorgestellten Techniken üben zu können.

In der ersten Arbeitsgruppe behandelten die Kollegen Volker und Florian Müller aus Bayrischzell die Problematik des „Tennis- und Golfer-Ellenbogen“. Vater und Sohn zeigten den Teilnehmern dabei ein klares und praxisnahes Diagnose- und Therapiekonzept dieses Krankheitsbildes, wobei besonderer Wert auf exakte differentialdiagnostische Abklärung gelegt wurde. Im praktischen Teil wurden verschiedene manuelle Verfahren und Injektionstechniken aufgezeigt und mit vielen wertvollen Praxistipps aus dem reichen Erfahrungsschatz des Seniors ergänzt.

Lars Gienger vom Team K-Active stellte in der zweiten Arbeitsgruppe das „Kinesiologische Taping“ nach Kenzo Kase, einem japanischen Doktor der Chiropraktik, vor. Nach einem spannenden Theorieteil konnten die Teilnehmer unter seiner fachlichen Anleitung selbst Tapes anbringen und die Wirkweise der Pflasterklebetechnik am eigenen Körper erfühlen.

In den Pausen konnte die Ausstellung der Arzneimittel- und Medizinproduktehersteller besucht werden, die zur Jubiläumsveranstaltung besonders zahlreich erschienen waren und die Teilnehmer eingehend über ihre Produktpalette informieren konnten.

Das Abendprogramm gestaltete die bayrische Volksmusikgruppe „Quitschfidel“. Nach dem gemeinsamen Abendessen lockte Tanzmeister Magnus Kaindl die Gäste mit bayrischen Volkstänzen auf die Tanzfläche. Es machte so viel Spaß, dass bis Mitternacht eifrig das Tanzbein geschwungen wurde. Besonders gefreut hat es uns, dass nahezu alle Kollegen, die die Chirotage Lenggries gegründet und mit viel persönlichem Einsatz gestaltet haben, der Einladung gefolgt waren; unter anderem Norbert Seidl, Volker Müller, Thomas Rest und Rainer Kästle.

Das Thema „Tradition und Moderne“ wurde besonders in den beiden Tagesseminaren am Sonntag deutlich.
HP Christoph Sommer aus München, Fakultätsmitglied des Barral Institute/USA und der European Rolfing Association, führte in die Manipulation peripherer Nerven und der Hirnhäute ein. Es gelang ihm in eindrucksvoller Art und Weise, den Teilnehmern einen Einblick in dieses von den französischen Osteopathen Jean Pierre Barral und Alain Croibier entwickelte Diagnose- und Therapiekonzept zu vermitteln. Die Umsetzung des Gehörten fand in Zweiergruppen unter Supervision des Referenten statt.

Im Tagesseminar 2 zeigte HP Konrad Schoennenbeck aus Solingen altbewährte chiropraktische Techniken an Becken und Lendenwirbelsäule. Seine weichen und eleganten Manöver ließen die Teilnehmer die Scheu vor chiropraktischen Manipulationen schnell vergessen; zu keiner Zeit entstand hier der Eindruck, dass diese Methoden manueller Behandlung gefährlich werden könnten. Kollege Schoennenbeck, selbst langjähriger Dozent am ACON Colleg und Träger der Willi-Schmidt-Medaille, legte beim Üben großen Wert auf die individuelle Verbesserung jedes Einzelnen in den vorgestellten Techniken.

Die fachliche Gestaltung der Tagung wurde hoch gelobt, die Mischung altbewährtes mit neuen Erkenntnissen in Kontakt zu bringen, fand sowohl bei den neuen Teilnehmern wie bei den „alten Hasen“ großen Zuspruch.

Viel Anklang fand auch das kleine Präsent, das der Veranstalter anlässlich der Jubiläumstagung jedem Teilnehmer überreichte: „Die Kunst der Chiropraktik und Osteopathie“, ein vom bayerischen Heilpraktikerverband herausgegebener Sammelband mit Aufsätzen und Vorträgen von Willi Schmidt. Der Kollege war Gründer und langjähriger Leiter der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Chiropraktoren und Osteopathen, der späteren ACON. Seine Arbeiten sind längst nicht mehr erhältlich und so ist dieses Buch inzwischen eine echte Rarität.

Etwas erschöpft, aber zufrieden gingen die Tagungsteilnehmer am späten Nachmittag ins verdiente Rest-Wochenende, ohne dem Veranstalter nicht noch gute Vorschläge für die nächsten Chirotage Lenggries zu hinterlassen. Wir werden versuchen, vieles davon umzusetzen und freuen uns heute schon aufs nächste Mal: 08. – 10. Juli 2011

Verfasser:
Curt Regner, Heilpraktiker
Fachbereichsleiter Manualmedizin des Heilpraktikerverband Bayern e.V.
Baumkirchner Str. 20/Rgb., 81673 München
Tel: (089) 43 55 26-0, Fax: (089) 43 55 26-50
Web: www.heilpraktikerverband-bayern.de

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Naturheilpraxis 09/2010