FACHFORUM

Die Kinderkrankheiten

von Klaus Binding

Kinderkrankheiten heißen Kinderkrankheiten, weil sie fast ausschließlich Kinder betreffen. Sie haben im Rahmen der kindlichen Infektionskrankheiten eine Sonderrolle. Im Vergleich zu anderen Krankheiten, kann man bei den Kinderkrankheiten von einem Wesen der Krankheit sprechen, d.h. von einer unveränderlichen Größe, die bei jedem Menschen gleich oder annähernd gleich ist.

Wenn Krankheit grundsätzlich nicht als Feind, als von außen kommender Eindringling verstanden wird, bleibt die Frage, welchen Sinn gerade die Kinderkrankheiten haben. Nach dem Prinzip des Kampfes, das der allgemeinen Medizin zugrunde liegt, müssen „böse“ Erreger, die von außen angreifen, vernichtet werden. Krankheit und Gesundheit werden zu unversöhnlichen Gegnern gemacht und der biologisch-regulative Sinn des Krankwerdens negiert.

Der Schweizer Psychologe C.G. Jung (1875-1961) schrieb dazu: „Hinter all ihren grausamen Spielchen mit dem menschlichen Schicksal scheint doch etwas wie ein verborgenes Ziel zu stecken, das eine höhere Erkenntnis der Lebensgesetze widerspiegelt... Und je mehr dieser Sinn erkannt wird, umso mehr verliert die Krankheit ihren zwingenden, heftigen Charakter.“

Therapeutische Erfahrungen zeigen, dass Kinder nach überstandenen Kinderkrankheiten einen Entwicklungssprung machen. Im Denken der Volksmedizin war das immer schon medizinisches Allgemeinwissen und die Kinderkrankheiten wurden nicht so verteufelt wie heutzutage. Das Dramatisieren und „Neuerfinden“ von Krankheiten ist Teil einer weltweiten Wirtschaftsstrategie der Pharmakonzerne (s. „Die Krankheitserfinder“, v. Jörg Blech). Aus der Erfahrungsheilkunde und der Homöopathie kommt das Wissen von der Überwindung vererbter Schwächen durch Kinderkrankheiten. Das Durchmachen der kindlichen Infektionskrankheiten im ersten Lebensjahrsiebent baut bestehende Krankheitsbereitschaften und Schwächen ab. Das gehört zum biologischen Programm der menschlichen Entwicklung – ist sinnvoll! Der entwicklungsfördernde Aspekt wird durch das allgemeine Gesundheitssystem völlig ignoriert.

Ein Kind wird auch nur die Kinderkrankheit bekommen, die seinen persönlichen Schwächen entspricht. Nicht alle Kinder kriegen die Masern, auch wenn sie noch so viel Kontakt mit erkrankten Kindern hatten. Chronische Beschwerden, die zuvor bestanden haben, verringern sich oder verschwinden ganz. Wird einem relativ gesunden Kind die Möglichkeit eine Kinderkrankheit zu Durchleben genommen, wird ihm damit die Chance der naturgemäßen Selbstregulation entzogen. Bei unterdrückender Behandlung der Symptome werden die ererbten Schwächen eher verstärkt und treten nach einiger Zeit als erneuter Versuch der Selbstregulation wieder auf, z.B. als Neurodermitis.

Nach der homöopathischen Idee zeigt ein echter Heilungsverlauf besondere Merkmale, die als gesetzmäßig gelten: Symptome wandern von oben nach unten, von innen nach außen, und sie verschwinden in der umgekehrten Reihenfolge ihres Erscheinens. Die Kinderkrankheiten spiegeln in ihrem Verlauf das gesetzmäßige Heilprinzip wider: Das gesamte kindliche Wesen ist betroffen, meist verbunden mit Fieber. Die Schleimhäute der Nase, des Rachens, der Verdauungsorgane oder der Augenbindehäute zeigen Entzündungen oder Ausschläge (z.B. Koplik-Flecken). Danach folgt das Exanthem, das dann von oben zu den Extremitäten hin abblasst. Ein Heilprozess findet statt nach den natürlichen Prinzipien: von innen nach außen, von den Schleimhäuten zur äußeren Haut, von oben nach unten. Die zeitliche Umkehr der Symptomenfolge ist eher bei chronischen Krankheiten zu beobachten. Solange der natürliche Heilungsverlauf voranschreitet, ist die Prognose optimal. Ein Arzneimittel könnte den Heilungsprozess nicht besser einleiten. Fiebersenkende Mittel und Medikamente, die auf den Hautausschlag abzielen (z.B. den Juckreiz bei Varizellen) sind hier absolut kontraindiziert. Derartige Maßnahmen würden den gesetzmäßigen Ablauf verändern, möglicherweise umkehren. Daraus können die gefürchteten Komplikationen entstehen. Die Komplikationen der verschiedenen Kinderkrankheiten sind es auch, die den Eltern so viel Angst machen. Diese Angst wird größtenteils dadurch geschürt, dass Mediziner die Erkrankung mit der Komplikation gleichsetzen. Bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang die atypischen Masern, an denen maserngeimpfte Kinder erkranken. Sie beginnen häufig mit punktförmigen Hautblutungen an Handflächen und Fußsohlen. Der Befall der Haut entwickelt sich dann weiter über den gesamten Körper von unten nach oben, und geht dann nach innen, um hier eine Lungenentzündung hervorzurufen. Dieser Verlauf zeigt, einen naturwidrigen Prozess: Die Symptome wandern von unten nach oben und von außen nach innen. Hautblutungen dieser Art zeigen eine erhebliche konstitutionelle Schwäche des Kindes und deuten eine langfristig ungünstige Gesundheitsprognose an. Die individuelle Veranlagung zu untypischen Verläufen bei Kinderkrankheiten ist am effektivsten durch ganzheitliche Therapie und optimale körperlich-seelisch ausgewogene Lebensbegleitung zu begegnen.

Behandlung

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Autor:
Klaus Binding, Heilpraktiker
Brenneckenbrück 5a
38518 Gifhorn
E-Mail: klaus_binding@freenet.de
Internet: www.praxis-fuer-homoeopathie-gifhorn.de

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Naturheilpraxis 07/2010