HISTORIE

Ein weites Feld oder ein Leben zwischen Pharmazie und Literatur

Theodor Fontane - Ein Porträt zum 190. Geburtstag

von Sandra Krämer

„Ich fange erst an. Nichts liegt hinter mir, alles vor mir; ein Glück und ein Pech zugleich“, so schreibt Theodor Fontane 1879 an Wilhelm Hertz. Zu diesem Zeitpunkt ist er bereits 60 Jahre alt und noch längst nicht der bedeutende Schriftsteller, als den wir ihn heute kennen.

40 Jahre werden insgesamt vergehen, zwischen seinen ersten kleineren Beiträgen in Form von Gedichten und Balladen, abgedruckt im Berliner Figaro bis zu der Veröffentlichung seiner bekannten Werke ''Vor dem Sturm, Effi Briest, Frau Jenny Treibel, Irrungen und Wirrungen, Schach von Wuthenow'' etc., mit denen er sich zum erfolgreichen Schriftsteller etabliert. Dazwischen liegen die Stationen als Publizist, Übersetzer, Wanderliterat und Kriegsberichterstatter aber auch immer wieder – von finanzieller Not motiviert – der Apotheker. Seinem Brotberuf, vom Vater hierzu gezwungen, kann er so gar nichts abgewinnen. Dies beginnt schon bei der Erinnerung an seine Kindheit, in der er beim Betreten der väterlichen Apotheke „eine kopfschmerzerzeugende, mich arg bedrückende Luft“, die den in einer Senkgrube gepumpten Abfällen entströmt, verspürt.

Seinen Traum vom Abitur und anschließendem Studium muss der Schüler Fontane früh begraben. Statt humanistischem Gymnasium Gewerbeschule in Berlin, einer praxisorientierten Institution mit inhaltlichem Schwerpunkt auf Naturwissenschaften, Mathematik und Technik. Im April 1836 beginnt er in der „Apotheke zum Weißen Schwan“ seine Lehre. Fontane leidet von Anfang an unter der sozialen Ächtung seines Berufsstandes. Er empfindet deren Ausübung als Deklassierung, die ihm keine Erfüllung bringt, kein Sozialprestige und auch keine materielle Sicherheit. Er mokiert sich über den seiner Zunft angemessenen Lebensstil, demnach „ein conditionierender Giftmischer ähnlich (...) wie der Salzhering in seiner Tonne“ wohnt. Durch seine Bekanntschaften mit Schriftstellern, Literaten und Studenten wird ihm der Grad seiner sozialen Deklassierung immer deutlich bewusster, denn „der frühere Apotheker ist unter allen Umständen wissenschaftlich nicht ebenbürtig“. Vor allem aber sind seine Ambitionen literarischer Art und fördern seine zunehmende Entfremdung vom Apothekertum. Er spricht von „Giftmischer“, „Giftbude“ und „Giftmischerei“. Bei der Beschäftigung mit der Literatur hingegen verlebt er „selige Stunden“, „Ein Band von Goethe“ gibt ihm „Kraft und Leben“ und in literarischer Gesellschaft fühlt er sich „trotz jämmerlicher Lebensgestaltung (...) richtig aufgehoben“, „machte man“ doch dort „einen kleinen Gott aus mir.“

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Anschrift der Verfasserin:
Sandra Krämer M.A.
Pettenkoferstraße 8b
80336 München
E-Mail: Skraemer@smd.uni-ulm.de

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Naturheilpraxis 04/2010