FACHFORUM

Bärlauch: Eine wertvolle Frühjahrs–Wildkräuterpflanze

Von Josef Karl

I.
Der Bärlauch ist in den letzten Jahren eine Modepflanze geworden. Besonders im oberbayerischen Voralpenland, wo einige Orte und Landstriche „Ramsau“ heißen, was mit rams (altbay.) = Bärlauch übersetzt werden darf, ist er sehr beliebt. Für einfache Salate wurde diese Pflanze ebenso entdeckt wie als Zutat zu anspruchsvollen Gerichten. Zahlreiche Landfrauen und Kräuterkundige haben ihn in ihre Obhut genommen. Das war nicht immer so: In meiner Kindheit noch hielten viele ihn für giftig. Ansprüche an Boden und Klima wären mit „feucht und kühl“ am kürzesten umschrieben. Des Weiteren: lichte Laubwälder, in denen die Pflanze im zeitigen Frühjahr unter dem Schutz des alten Laubs hervor sprießt. In feuchten Talsenken aber, beispielsweise im bekannten Englischen Garten in München, tritt er bestandsbildend, d.h. massenhaft, auf und sein knoblauchähnlicher Geruch verbreitet sich über das ganze Gebiet.

II.
Album ursinum, der Bärlauch, ist ein enger Verwandter des Knoblauchs, Album sativum. Während letzterer eine bescheidene Monografie der E-Kommission erhalten hat zur milden Cholesterinsenkung und besseren arteriellen Durchblutung, ist dies beim Bärlauch vermindert der Fall. Die Inhaltsstoffe sind zwar ähnlich, doch ist der Bärlauch die schwächere Pflanze. Diese Tatsache allein schützt ihn nicht vor Mystifizierung und so wird immer wieder davon ausgegangen, dass er dem Knoblauch überlegen sei. Wertvoll ist er auf jeden Fall, kann er doch im zeitigen Frühjahr mit anderen Wildkräutern wie z.B. den ersten Löwenzahnblättern schmackhaft und „gesund“ sein – vorausgesetzt, man scheut den Knoblauchgeruch nicht. („Rezepte“ die dagegen reichlich angegeben werden, nützen bekanntlich so gut wie nichts!)

III.
Problematisch ist immer wieder die Verwechslungsgefahr mit Maiglöckchen- und Herbstzeitlosenblättern. Da Bärlauchblätter zumeist vor der Blüte erscheinen, jenes des Maiglöckchens ein wenig später, ist die Blüte insofern zur Differenzierung kaum hilfreich.
Wie auf Abbildung 1 zu sehen, ist die Blattunterscheidung nicht ganz einfach. Und doch wäre alles ganz simpel: Ein Blatt zwischen den Fingern zerreiben! Stellt sich der Knoblauchgeruch nicht ein, fange man mit dem Sammeln nicht an!

IV.
Die Maiglöckchenblätter stellen vielleicht die größte Verwechslungsgefahr dar; am toxischsten sind Blüten und Früchte. Die Blätter schmecken süßlich bitter, scharf. Die Vergiftung erzeugt Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Herzstörung bis zum Herzstillstand. Todesfälle werden nicht berichtet. Erste Hilfe:
Kohle, Erbrechen; dann Magenspülung, Klinik!
Vergiftungen selten, kaum beschrieben (Ausnahme Früchte). Notfalls Erbrechen bei Blättern auslösen.

V.
Colchicum – ist eine gefährliche Giftpflanze – auch das Weidevieh kann davon betroffen werden. (Mit den Fruchtkapseln spielen evtl. Kinder gerne, da die reifen, schwarzen kleinen Samen klappern, sollten sie den Inhalt essen – der keineswegs gut schmeckt- wäre dies der giftige Anteil: Es handelt sich um ein Kapillargift.) Die Symptome sind denen des Arsens ähnlich: Schluckbeschwerden, Übelkeit, Erbrechen, akute Magenbeschwerden, Temperatur- und Blutdruckabfall, Krämpfe und Lähmungen und Tod durch Atemlähmung. Tritt aber bei Verzehr der Kapselsamen sehr selten auf.
Von Vergiftungen mit Blättern ist wenig beschrieben, sie sind auch geringer toxisch. Sollte wirklich jemand einen Salat in großer Menge essen (der schlecht schmeckt): Klinische stationäre Aufnahme! Erbrechen lassen und Kohle!

Maiglöckchenblätter sind den Bärlauchblättern ähnlicher,- während die des Colchicums länger, schmaler und gerippt sind (siehe Bilder). Sie kommen etwas später – Mitte Mai ungefähr. Die Blätter ja, die Blüten – falls sie gleichzeitig überhaupt bei Bärlauch und Maiglöckchen vorhanden sind, dürften vom Duft des Bärlauch doch erheblich verschieden sein. (Colchicum fällt aus dem Rahmen: blüht massenhaft weißlich-lila im Herbst!).

Resümee:
1. Es braucht Mühe, einem Laien zuzumuten, die Blätter von Bärlauch und Maiglöckchen zu unterscheiden. Das ist schwierig. Leichter ist es schon mit jener der Herbstzeitlosen.
2. Bei der vorher erstgenannten sind auch die Blüten aus angeführten Gründen leichter zu unterscheiden, aber zeitlich nicht immer zu bekommen.
3. Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal ist und bleibt der Geruch!
4. Schließlich kann die Apotheke weiterhelfen. Bringen Sie ihr Sammelgut dorthin.
Und nun trotzdem: Guten Appetit!

Abbildungen siehe Naturheilpraxis 04/2010

...

Literatur:
1. Roth – Daunderer – Kormann: Giftpflanzen – Pflanzengifte; ecomed – Verlag, 3. Auflage 1987; ISBN 3-609-61810-4
2. Frohne – Pfänder: Giftpflanzen; WVG – Verlag Stuttgart; 2. Auflage 1981; ISBN 3-8047-0743-2

Anschrift des Verfassers:
Josef Karl
Heilpraktiker
Alpenstr. 25
82377 Penzberg

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Naturheilpraxis 04/2010