Phytotherapie

Erst Arznei der Könige und dann Wunderheilmittel für jedermann! - Der Theriak

Von Ernst-Albert Meyer

Antidota (Mittel gegen Vergiftungen) sind heute nur noch in der Notfallmedizin von Bedeutung. In vergangenen Zeiten jedoch spielten Antidota eine große Rolle und wurden zu horrenden Preisen gehandelt. Denn früher war der Giftmord als politische Waffe sehr beliebt. Mit Gift konnte jeder – auch der Schwache – lautlos und unerkannt aus dem Hinterhalt töten. Da die Mächtigen und Reichen ständig in Angst vor Giftanschlägen lebten, suchten sie nach geeigneten Maßnahmen, um sich vor Giften zu schützen.

Vorkoster wurden meist nicht alt!

An jedem Hof gab es damals Vorkoster. Sie mussten alle Speisen und Getränke probieren, die auf die Tafel ihrer Herren kamen. Erst wenn diese menschlichen Versuchskaninchen keine Vergiftungssymptome zeigten, begann das Mahl. Außerdem wurden die Gerichte immer verdeckt aufgetragen, damit nicht während des Servierens noch Gift ins Essen gelangen konnte. Anderen Mitteln sprach man die Fähigkeit zu, in Speisen und Getränken enthaltene Gifte anzuzeigen. So sollte das Horn des Fabeltieres Einhorn – in Wirklichkeit war es der Zahn des Narwales – in Anwesenheit eines Giftes zu schwitzen beginnen. Von bestimmten Edelsteinen glaubte man, dass sie in der Nähe vergifteter Speisen ihre Farbe ändern würden. Der aus einem Adlerfuß gearbeitete Leuchter sollte in Gegenwart von Giften verlöschen. Gleiche Eigenschaften wurden Amuletten, Perlen, Haifischzähnen und aus dem Horn des Nashorns gefertigten Bechern zugeschrieben. Diese Wundermittel wurden zu horrenden Preisen gehandelt und galten als würdige Geschenke für Könige und Kaiser. Ihre Wirkung war jedoch gleich Null. Um sich vor Giften zu schützen, wurde auch emsig nach Gegengiften gesucht, die Gift, das bereits in den Körper eingedrungen war, neutralisieren und unschädlich machen sollte. Hier überstrahlt der Theriak – in dem Glauben, dass seine Wunderkräfte die Wirkung sämtlicher Gifte aufheben könnte – alle anderen Antidota.

Mithridates war gegen Gifte immun!
Das Meisterstück der Apothekerzunft
Nürnberger Spitzenqualität überall gefragt!
Vom Antidot zum Wunderheilmittel
Kritische Stimmen wurden laut!

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Anschrift des Verfassers:
Ernst-Albert Meyer
Fachapotheker für Offizin-Pharmazie und Medizin-Journalist
Oldendorfer Str. 44
31840 Hessisch Oldendorf

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Naturheilpraxis 02/2010