Blätter für klassische Homöopathie

Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Klassische Homöopathie

Ein Fall von chronischer Borreliose: Lyme-Arthritis mit rezidivierendem linksseitigen Knieerguss

von Kyra Schweickhardt

Erweiterte Fassung eines Vortrags beim 15. Therapeutentreffen der DGKH in Eriskirch/Moos 2008

Zusammenfassung

Die Behandlung der Borreliose führt sowohl die Schulmedizin als auch die Homöopathie an ihre Grenzen. Zum einen ist es schwierig, wegen des sehr verschiedenen Symptomenbildes die Borreliose zu erkennen, zum anderen gehört sie zu den Erkrankungen, die schwierig zu diagnostizieren sind. Auch wird sie bei unklaren Krankheitsbildern gerne als Causa herangezogen.

Jeder Krankheitsfall von chronischer Borreliose bedarf einer individuellen Therapie. Auch sollten bei dieser Krankheit verschiedene Therapieverfahren verzahnend angewendet werden. Ein Merkmal der homöopathischen Behandlung ist die Individualisierung eines jeden Krankheitsfalles. Zudem steht mit der Ähnlichkeitsregel bei sorgfältiger Aufnahme verwertbarer Symptome in der Anamnese auch bei unklarer Diagnose ein Heilgesetz zur Verfügung, wodurch eine Behandlung möglich wird. Somit bietet sich die Homöopathie, zumindest als Begleittherapie, zur Behandlung einer chronischen Borreliose an.

Im Folgenden soll nun ein erfolgreich behandelter Fall von Lyme-Arthritis vorgestellt werden.

Erstanamnese
Zur Erstanamnese im September 2007 kommt ein schlanker, 175 cm großer und ca. 55 kg schwerer, 16-jähriger Junge mit seiner Mutter in die Praxis. Er hat mittellanges braunes Haar, braune Augen, im Gesicht leicht unreine Haut. Er ist freundlich, berichtet offen auf meine Fragen hin und macht einen ruhigen und entspannten Eindruck. Er wirkt zufrieden mit sich.

Spontanbericht:

• Er berichtet, dass er sein linkes Knie nur leicht anwinkeln könne. Wenn er einen Erguss am Knie habe, oder nach längerem Sitzen zu Beginn der Bewegung, auch nach längerem Gehen und bei Drehung des Knies habe er Schwierigkeiten das Knie anzuwinkeln, er spüre einen Druckschmerz und hinke dann leicht zur Entlastung des Knies. Das Knie sei dann erwärmt, aber nicht heiß. Kalte Umschläge würden schmerzen, stechend, wie eiskalt.
• Zwei Tage zuvor habe er sich den linken Großzeh geprellt. Der Druck der Bettdecke schmerze.
• Die Halslymphknoten sind immer wieder geschwollen seit dem 8./9. Lebensjahr.
• Abends nach dem Essen habe er öfter ein Völlegefühl und Stuhlgang. Wärme bessere die Bauchschmerzen.
• Bei Wetterwechsel sei er müde.

Gelenkter Bericht:
Seit 1 1/4 Jahren ist bei dem Patienten eine chronische Borreliose diagnostiziert. Er war außer beim Allgemeinarzt beim Orthopäden, einem Internisten und Rheumatologen und bei einem Rheumatologen und Immunologen. Es wurde ein positiver Borrelien-IgG-AK nachgewiesen. Diagnose: Lyme-Arthritis. Seit Mai 2006 hatte der Patient sechs Punktionen des linken Knies mit Cortisoneinspritzungen und mehrere Antibiosen.

Weitere Symptome:

* multiple Nahrungsallergien, v.a. auf Obst (Mandarinen, Orangen, Erdbeeren, Birnen, Kiwi ? Kribbeln in der Mundschleimhaut, „laufende Nase“, Niesen; Paprika, Gurken und Karotten ? Bläschen im Mund)
• Pferde, Hundespeichel ? Hautausschlag mit roten Pusteln, Tränen der Augen, Ausschlag um die Augen, „laufende Nase“, Niesen
• Verlangen nach Süßigkeiten, Fleisch und eisgekühltem Eistee
• seit Juni 2007 juckender rötlicher, leicht erhabener Hautausschlag, seit August Pilzbefall der Haut
• leichte Kurzsichtigkeit
• häufig und lang andauerndes, sehr dunkles Nasenbluten, spontan in der Nacht auftretend
• Nägelkauen und eingerissene Nagelbetten
• nächtliches Zähneknirschen
• Die Mutter beschreibt ihn als einen „freundlichen, hilfsbereiten allseits beliebten jungen Mann“
• Temperaturempfinden: schnell zu warm; er liebt Wind, Nebel und kühles Wetter, er ist gerne an der frischen Luft

Frühere Beschwerden:

• juckender Hautausschlag (Diagnose: Neurodermitis) im 1. Lebensjahr
• rezidivierende Otitis media im 5. Lebensjahr, behandelt mit Pulsatilla in Q-Potenzen
• Windpocken
• Pertussis
• Scharlach
• zweimal Oxyuriasis
• zweimal Läusebefall
• Dornwarzen 2002 im 11. Lebensjahr, erfolgreich behandelt mit Sulphur Q1–Q21
• Sturz auf Tischkante in der Schule mit Ohnmacht und Zuckungen, Zittern und Krämpfen, neurologisch abgeklärt
• bei Erkältungen Beteiligung der Nasennebenhöhlen, v.a. links

Impfungen/Medikation:

• Vierfachimpfungen (DTPHib) im 1. und 2. Lebensjahr
• MMR im 3. und 9. Lebensjahr
• Hepatitis B 1998/99
• FSME 1994/97 und 2004
• 2006 vier und zwei Wochen Antibiose (Doxycylin und Rocephin) und Cortison (Lederon®)
• 2007 weitere drei Punktionen des Knies mit Cortisoneinspritzung und Antibiose, zuletzt im August 2007
• vier Wochen Fungizidsalbe wegen Pilzbefall der Haut

Familienanamnese:

• In der väterlichen Linie finden wir die Allergien. Der Vater hatte bis zum ca. 20. Lebensjahr Pollinosis, auch er isst keine Früchte. Seine Mutter konnte auch kein Obst riechen und aß kein Obst
• Der 5 Jahre ältere Bruder hat eine Hausstaubmilbenallergie
• Großmutter väterlicherseits: Uterus- und Brust-Ca.

Fallanalyse

Fallverlauf

Fazit:
Seit zwei Jahren ist der Patient beschwerdefrei. Er hat keine Schwellung und keinen Erguss mehr im Knie und seit einem Dreivierteljahr keine Infekte mehr. Ich entlasse den Patienten mit einer letzten Gabe Pulsatilla C 200 per os. Ich halte die Borreliose für ausgeheilt, empfehle dem Patienten nochmals eine abschließende Blutuntersuchung, auch wenn deren Ergebnis nicht eindeutig sein kann. Diese Auffassung bestätigt auch der behandelnde Facharzt nach Rücksprache. Die Psora ist in der Latenz, was sich durch die Abnahme der Allergie und Infektanfälligkeit zeigt. Ich denke, hier könnte eine Weiterbehandlung in einigen Jahren zu empfehlen sein – die Psora kann sich meist in Lebensumbrüchen wieder erheben. Da der Patient mehrfach die homöopathische Behandlung als erfolgreiche Therapie erlebt hat, wird er sicher wieder bei Bedarf auf sie zurückkommen.

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Anschrift der Verfasserin:
HP Kyra Schweickhardt
Praxis/Weiterbildung/Supervision für klassische Homöopathie
Am Rebgarten 66
69221 Dossenheim
Tel. 06221/8934940
E-Mail: Mail@praxis-schweickhardt.de
Internet: www.praxis-schweickhardt.de


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Naturheilpraxis 02/2010