HINTERGRUND

Die gespiegelte Natur – Die Händigkeit in der Welt

Von Gabriele Baier-Jagodzinksi

Bei welcher Gelegenheit und vor allem: wWrum die Händigkeit in die Welt kam, kann nur, da eine Beweisführung naturgemäß schwierig ist, Gegenstand von Theorien, aber auch von Spekulationen unter Physikern, Astronomen, Evolutionsbiologen und anderen Naturwissenschaftlern sein. So ist beispielsweise das Modell der „Panspermie“ ein Gedankengebäude, das sich nicht mit der Entstehung von Leben an sich befasst, sondern die Bedingungen, unter denen Leben entstehen kann, seine molekularen Voraussetzungen sowie seine interstellare bzw. interplanetarische Ausbreitung einem logischen Wahrscheinlichkeitstest unterzieht. Ein wichtiger Stolperstein ist aber dabei, wie über die notwendigen physikalisch-chemischen Prozesse hinaus die für die Entstehung von Leben notwendige Bildung langkettiger Moleküle und die ausgeprägte Chiralität irdischer Lebensprozesse erklärt werden kann. Denn auch wenn z. B. die rechte und linke Hand gleich groß sind, so sind sie dennoch nicht identisch, sie sind chiral. Alles auf der Welt, von Atomen und Molekülen, DNA und Kletterpflanzen, von Wasserstrudeln und Sturmtiefs verhält sich chiral, d. h. folgt einem Drehsinn, wobei die Natur in der Asymmetrie den Linksdrall bevorzugt. Doch warum?

Es herrscht inzwischen Einigkeit, dass die Weichen dazu im Weltall gestellt werden. Der australische Astronom Jeremy Baily untersuchte mit einem Teleskop den Orion-Nebel, wo immer noch Sterne geboren werden. Dabei entdeckte er, dass das UV-Licht der jungen Sterne in einer besonderen Weise gebrochen ist. Dieses zirkular polarisierende Licht kann chemische Verbindungen spalten, was man hinieden an verblichenen Plakaten oder Gardinen sehen kann. Dieses Licht hat aber noch eine andere Wirkung: Es greift selektiv spiegelbildlich aufgebaute Verbindungen an, indem es eine Form rascher zerstört als die andere. Im Labor konnte nachvollzogen werden, dass solche Reaktionen einen Überschuss von mindestens zehn Prozent bei einem Spiegelmolekül erzeugen. Die Vermutung liegt nahe, dass solche Prozesse auch bei der biochemischen Evolution des irdischen Lebens eine Rolle spielten. Zum Beispiel entstehen beim radioaktiven Betazerfall Neutrinos mit nur einem Drehsinn. Roland Wiesendanger und Stefan Blügel von der Universität Hamburg bzw. dem Forschungszentrum Jülich haben jetzt einen ähnlichen chiralen Effekt in dünnen magnetischen Schichten beobachtet, der eine neue Grundlage für die Speicherung und Verarbeitung von Daten sein könnte.

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Wie rechte und linke Hand

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Wie bin ich? Links oder rechts? – Ein Selbstversuch

Das Spiegelbild als Helfer

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Literatur:
György Doczi, Die Kraft der Grenzen – Harmonische Proportionen in Natur, Kunst und Architektur, München 1987
Henri Brunner, Rechts oder links in der Natur und anderswo, Weinheim 1999
Die Wunder der Natur, Ausstellungskatalog Ludwig Galerie Schloss Oberhausen, hrs. Bernhard Mensch, Peter Pachnicke (05.03.2005 – 29.05.2005)
Jürgen Fuhrhop, Ulrich Liman, Chemie für Mediziner, Weinheim 1989
Andrew Robins, Ctenophorus ornatus, Neuroreport Bd. 16, S. 849, 2005
Krommydas G. et al.: Left-handness in asthmatic children, Pediatr Allergy Immunol 14 (2003) 234-237
Donna Blackmond et al.: Prolin-Katalysis and Adol-Reaction, Nature, Bd. 441, S. 621
Ambarish Ghosh, Peer Fischer, Two-part-Separation of Linear Light by Chiral Molekules, Physical Review Letters, Bd. 97, Nr. 17, 2002
Onur Güntürkün et al.: Preferations of Left-Brain-Action in Chicken Behaviour, Current Biology, Bd. 15, S. 372, 2005

Anschrift der Verfasserin:
Dipl. oec. troph. Gabriele Baier-Jagodzinski
Postfach 12 64
66922 Pirmasens
Internet: www.ab-gab.de

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Naturheilpraxis 12/2009